Spiel der Herzen
Abend nach seiner Heimkehr in Kenntnis setzte, mokierte er sich: »Wenn du so weitermachst, können wir bald einen eigenen kleinen Lesezirkel aufmachen und versuchen, mit ihm unseren Lebensunterhalt zu bestreiten.«
»Bist du böse?«
»Nicht gerade.«
»Du sollst es aber überhaupt nicht sein.«
»Also gut«, nickte er grinsend.
»Danke«, freute sie sich und fragte: »Was war mit dem Sudhaus?«
»Das Sudhaus«, antwortete Frank mit einem Seufzer, »baut ein anderer.«
»Was sagst du?«
»Der Bauherr hat angerufen und mir das mitgeteilt.«
Empörung wallte auf in Helgas Innerem. Ihre Augen funkelten.
»Er kam gar nicht in dein Büro?«
»Nein.«
»Und dem bist du nachgelaufen! Was ist denn das für ein Typ?«
»Ein Arschloch – entschuldige.« Frank zuckte die Achseln. »Aber so geht das heutzutage, man wird vor vollendete Tatsachen gestellt. Ich weiß auch nicht, wie das gelaufen ist. Erinnere dich, vor kurzem war es umgekehrt, da sind mir sogar zwei Aufträge in den Schoß gefallen, die auch schon ein anderer fest in der Tasche zu haben glaubte.«
»Das lag daran, daß du besser bist als dieser andere.«
»Vielleicht verhält es sich diesmal genauso – nur bin ich derjenige, welcher der schlechtere ist.«
»Unsinn!«
»Sudhäuser sind nicht meine Spezialität«, sagte Frank, sich zu einem Grinsen zwingend.
»Gott sei Dank nicht«, pflichtete Helga bei. »Etwas Ähnliches sagte übrigens auch Gerti.«
Frank guckte verblüfft.
»Wieso die?«
»Ich habe mit ihr telefoniert.«
»Wann?«
»Heute nachmittag. Ich hatte ihr versprochen, sie anzurufen, wenn ich gesund zu Hause eingetroffen sein werde.«
»Und dabei habt ihr von meinem Sudhaus gesprochen?«
»Ich habe ihr davon erzählt.« Plötzlich lachte Helga. »Gerti hat mich gefragt, ob du schon lieb zu mir gewesen bist. Daraufhin mußte ich ihr eingestehen, daß dir ein Sudhaus dazwischengekommen ist.«
»Themen habt ihr«, wunderte sich Frank kopfschüttelnd. »Aber bitte«, fuhr er fort, »ich will mir die Frage deiner Freundin zu Herzen nehmen …«
Dabei griff er nach Helgas Hand, um sie zum Schlafzimmer zu ziehen.
»Nicht, bevor du etwas gegessen hast«, widersetzte sich Helga.
»Wozu essen?«
»Damit du dich stärkst.«
Das klang eindeutig frivol, auch wenn es aus Helgas Mund kam, der man so etwas nicht zutrauen mochte. Frank war überrascht, aber nicht konsterniert. Er amüsierte sich über seine Frau, die in Düsseldorf eine gewisse Infektion davongetragen zu haben schien.
»Was möchtest du essen?« fragte Helga.
»Irgend etwas Schnelles.« Frank blickte schon wieder in Richtung Schlafzimmer.
Der improvisierte Imbiß, den Helga im Handumdrehen auf den Tisch zauberte, war sättigend genug, um als vorgezogenes Abendessen zu gelten. Helga hatte aus Düsseldorf spaßeshalber eine Tube Löwensenf mitgebracht, jenen berüchtigten, höllisch scharfen Mostrich, gegen den die Ungarn mit ihrem Gulasch einpacken können. Helga ließ es sich nicht nehmen, mit eigener Hand Frank aus der Tube einen richtigen Klacks auf den Teller zu drücken, wobei sie mit unschuldsvoller Miene sagte: »Der ist delikat, mein Schatz. Du darfst aber nicht zu wenig davon nehmen.«
»Nein?«
»Sonst geht dir der Geschmack verloren.«
»So lecker ist der?«
»Ja.«
Helgas kleine Teufelei konnte nicht gelingen, denn sie vergaß die drei Semester, die Frank in Düsseldorf studiert hatte.
»Wenn der so lecker ist«, sagte Frank, einen noch größeren Klacks Helga auf den Teller drückend, »mußt aber auch du diesen Genuß mit mir teilen.«
»Nein!« wehrte sich Helga entschieden.
»Warum nicht? Soviel ich weiß, magst du doch auch Senf?«
»Früher mochte ich ihn, heute nicht mehr.«
»Hast du dich dran abgegessen?«
»Ja.«
»Wo? In Düsseldorf?«
Diese Frage barg für Helga die Gefahr in sich, durchschaut zu werden. Helga antwortete deshalb: »Nein, schon zuvor.«
»Dann wundert mich eins«, sagte Frank mit unbewegter Miene.
»Was?«
»Woher du wissen kannst, daß der da so lecker ist. Oder hast du ihn doch probiert?«
»Ja.«
»Aha«, nickte Frank. »Wohl mir zuliebe, nicht?«
»Sicher.«
»Ich bin dir ja so dankbar Liebling.« Auf Franks Stirn erschienen Sorgenfalten. »Allerdings muß ich sehen, daß dir dein Opfer ein plötzliches, viel zu frühes Leiden eingebracht hat.«
»Welches Leiden?«
»Schwere Verkalkung.«
»Wieso?« fragte Helga, die zu ahnen begann, daß ihr Streich zum Mißlingen verurteilt war. Frank lachte plötzlich
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