Spiel der Herzen
Ihnen wohl nicht beschreiben?«
»Nein, ich kenne ja Düsseldorf.«
»Ich weiß.«
Ja, das weißt du, dachte Frank. Aber nicht von mir oder Helga, sondern von Werner. Wie ich euch beide einschätze, wirst du mit dem auch schon geschlafen haben.
»Ich komme mit einem öffentlichen Verkehrsmittel«, sagte er.
»Das wollte ich Ihnen soeben vorschlagen, Frank, damit uns keine Promillefesseln behindern. Wir gehen doch noch zusammen aus, oder?«
»Aber sicher!«
Die Situation war also klar. Gerti und Frank, zwei junge, gesunde, fröhliche, vitale, gutaussehende, dem einen oder anderen Laster nicht abgeneigte Menschen verschiedenen Geschlechts fanden sich zusammen, um dem Leben wieder einmal ein paar schöne Stunden abzugewinnen.
Die Düsseldorfer Altstadt sei, heißt es, ›Europas längste Theke‹. Das ist hübsch gesagt, dort reiht sich auch Lokal an Lokal, aber wer Schwabing kennt, dem drängen sich Zweifel an dieser Plakatierung auf.
Jedenfalls zogen Frank und Gerti durch etliche Etablissements, nachdem sie sich gleich im ersten durch einige Drinks in Schwung gebracht hatten. Daß das gar nicht nötig gewesen wäre, steht auf einem anderen Blatt.
Wo sie hinkamen, zogen sie alle Blicke auf sich, Gerti die der Männer, Frank die der Frauen. In einer Bar, deren Mixer gute Ohren hatte, sagte Frank: »Bei uns in Heidenohl wird der Naturschutz großgeschrieben.«
Der Mixer horchte auf. Schon wieder einer aus diesem Heidenohl, dachte er. Wo mag das liegen? Noch nie von dem Nest gehört. Scheint ein Dorf der langen Lulatsche zu sein. Der vor kurzem hier war, reichte sogar mit dem Scheitel bis fast an die Decke. Die Frauen stehen aber bei denen nicht unter Naturschutz, an die gehen sie ran.
Es war schon nach Mitternacht, als Frank und seine Dame vor deren Tür standen und es ein Weilchen dauerte, bis Gerti in ihrer Handtasche den Wohnungsschlüssel gefunden hatte und ihn ins Schloß steckte. Trotz der späten Stunde sagte Frank: »Schade, ich finde, es ist noch zu früh zum Schlafengehen.«
Gerti sperrte auf, wobei sie erwiderte: »Ich dachte es mir, daß Sie noch die berühmte Tasse Kaffee bei mir trinken möchten.«
»Tee wäre mir auch recht.«
»Frank«, sagte Gerti, die Tür aufdrückend, »Sie sind also entschlossen, über diese Schwelle zu treten?«
»Ja.«
»Dann möchte ich Sie aber vorher noch an das bekannte Sprichwort erinnern: ›Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um‹.«
»Das gilt wohl für uns beide, Gerti.«
Sie blickte ihn an. Kurz dachte sie an Helga – aber, wie gesagt, nur kurz.
»Komm rein«, nickte sie.
Es war das erstemal, daß sie ihn duzte, und es war der Anfang einer Liebesnacht, die, strenggenommen, diesen Namen nicht verdiente, obwohl sie in physischer Hinsicht alles bot, was nur denkbar war, aber eben nur in physischer und nicht auch in psychischer.
Frank entsann sich zwischendurch recht oft seiner Ehe mit Helga, aber das konnte ihn nicht daran hindern, immer wieder sein Treiben mit Gerti fortzusetzen, das ihm wachsendes Ansehen bei ihr bescherte, so daß sie sich zuletzt veranlaßt fühlte, ihn zu lobpreisen: »Du bist gut! Sehr, sehr gut!«
»Besser als Werner?«
»Welcher Werner?«
»Werner Ebert.«
»Dein Freund?«
»Ja.«
»Woher soll ich das wissen?«
»Weißt du das nicht?«
Ihr ging ein Licht auf.
»Du denkst, ich habe mit dem auch schon geschlafen?«
Er antwortete nichts, grinste nur.
»Hat er das gesagt?« fragte Gerti.
»Was?«
»Daß er mit mir schon geschlafen hat.«
»Nein, das nicht.«
»Sein Glück!«
»Ein Kavalier genießt und schweigt«, grinste Frank. »Ich werde es ihm auch nicht sagen.«
»Das will ich schwer hoffen«, entgegnete Gerti. »Aber was ihn anbelangt, unterliegst du einem Irrtum. Zwischen dem und mir war noch nichts.«
Frank nahm ihr das keineswegs ab, ließ es aber gut sein. Geht mich ja nichts an, dachte er.
»Ihr glaubt wohl alle, daß dem keine widerstehen kann?« fragte Gerti.
»Das ist nun mal sein Image«, erwiderte Frank.
Draußen vor dem Fenster graute schon fast der Morgen. Die Strapazen der Nacht forderten ihren Tribut von den beiden. Gerti schlief als erste erschöpft ein, dann folgte Frank. Es war ihnen aber kein langer Schlummer vergönnt. Die Sonne war kaum aufgegangen, als der Donner einer großen Düsenmaschine die Bewohner des ganzen Stadtviertels wachrüttelte.
Frank unterdrückte einen Fluch, gähnte, fühlte sich miserabel. Der Katzenjammer, der sowohl im Seelischen als auch im Körperlichen
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