Spiel der Herzen
älter.«
Im nächsten Moment hätte sie sich am liebsten auf die Zunge gebissen. Rasch fuhr sie fort: »Du hast mich immer noch nicht gefragt, warum ich dich anrufe.«
»Warum?«
»Bei mir liegen Strümpfe von dir.«
»Strümpfe?«
»Ich hatte sie damals gleich gefunden, dann vergessen und bin jetzt wieder auf sie gestoßen.«
»Ich habe keine vermißt.«
»Sie müssen von dir sein.«
»Bist du sicher?«
»Absolut«, erwiderte Evelyn. »Und zwar deshalb«, setzte sie hinzu, »weil seitdem niemand mehr bei mir war, dem sie noch gehören könnten.«
Erzähle das, dachte Werner, wem du willst, nur nicht mir.
»Ist ja egal«, sagte er. »Schmeiß sie weg.«
»Auf keinen Fall«, widersprach sie. »Dafür sind sie noch viel zu gut.«
»Dann gib sie der Caritas.«
»Auch das nicht. Weißt du was?«
»Was?«
»Ich bewahre sie dir auf, bis du wieder nach Düsseldorf kommst. Was hältst du davon?«
Nicht viel, dachte er. Wenn du gebumst werden möchtest, solltest du den Preis schon ein bißchen höher ansetzen.
»Gute Idee«, erwiderte er. »Die halten sich ja.«
Es gab ihr einen Stich.
»Wie meinst du das?«
»Was?«
»Daß die sich halten? Soll das bedeuten, daß du eine Ewigkeit auf dich warten lassen möchtest?«
»Aber nein!« beteuerte er. »Ich weiß nur nicht, wann ich mich hier mal freimachen kann. Es hängt von meiner Arbeit ab. Und die ist, wie ich dir schon sagte, leider nicht gering.«
»Dann kann ich dir« – und mir, dachte sie – »nur wünschen, daß sie dich nicht auffrißt.«
»Ich danke dir. Reib auch du dich nicht auf im Kampf gegen das Defizit der Post.«
Sie lachte, wenn auch nicht besonders herzlich.
»Defizit haben wir schon lange keines mehr«, sagte sie. »Du verwechselst uns mit der Bahn.«
»Kannst du mir verzeihen?«
»Ja, auf Wiedersehen«, sagte sie. »Und das meine ich ernst.«
»Auf Wiedersehen«, sagte auch er. »War nett, von dir zu hören.«
»Werner …«
»Ja?«
»Ich denke oft an dich.«
Rasch legte sie auf und machte sich Vorwürfe, das noch gesagt zu haben. Ich werfe mich ihm an den Hals, klagte sie sich an. Das kann ihm nicht gefallen!
Als es in seinem Hörer knackte, wußte Werner, daß ihm eine Antwort auf Evelyns letzte Verlautbarung erlassen war. Auch er legte auf.
In Heidenohl rückte ein neues Skatturnier heran. Das machte sich bemerkbar. Die Atmosphäre in dem Städtchen veränderte sich. Die Lokalzeitung brachte Vorschauen auf das Ereignis. Der Teilnehmerkreis wurde erweitert durch die Schaffung einer Juniorenklasse. Den ausgesetzten Preisen gaben die verantwortlichen Gremien durch Mehrheitsbeschlüsse originelle Noten. So war als 1. Preis für die Siegerin in der Damenklasse eine kostenlose Reise nach St. Pauli (mit Übernachtung) ausgesetzt; und als 1. Preis in der Herrenklasse ein Ausflug in eine Schönheitsfarm am Niederrhein (mit einer kompletten eintägigen Behandlung).
»Frank«, sagte Helga zu ihrem Mann, »ich muß mich ja davor hüten, zu gewinnen.«
»Keinesfalls«, erwiderte er. »Lies doch, in der Zeitung steht auch, daß eine verheiratete Siegerin ihren Preis an ihren Ehemann weitergeben kann.«
»Das würde dir so passen.«
»Dasselbe ist doch auch einem Ehemann freigestellt, der siegt.«
»Aber das hätte, was uns beide betrifft, nur Sinn, wenn du an dem Turnier überhaupt teilnehmen würdest.«
»Das stimmt. Leider kann ich gar nicht Skat spielen und werde deshalb nie ein hundertprozentiger Heidenohler werden. Trotzdem würde ich dich liebend gerne siegen sehen. Ich werde dir deshalb die Daumen so sehr halten, daß sie mir weh tun.«
»Mach dir keine Hoffnungen«, lachte Helga. »Ich wäre doch nicht verrückt, dich nach St. Pauli zu schicken. Weißt du, wem ich den Preis geben würde?«
»Wem?«
»Werner.«
»Ausgerechnet dem?«
»Ja, das wäre doch der Richtige. St. Pauli und er passen zusammen wie Daimler und Benz. Außerdem ist er unverheiratet und kann sich das leisten. Ich müßte mir nicht den Vorwurf machen, einer armen Frau Übles angetan zu haben.«
»Du vergißt Clara.«
»Meinst du, daß das hält mit der?«
»Möglich«, nickte Frank. »Irgendwie habe ich zuweilen den Eindruck.«
»Dann kann die einem nur leid tun.«
»Wieso denn? Vielleicht steckt ein ganz passabler Ehemann in dem.«
»In dem nicht!« erwiderte Helga mit Nachdruck und fuhr, als Frank nichts mehr sagte, fort: »Weißt du, ich mag ihn ja ganz gern. Er ist ein amüsanter Kerl, man hat immer Spaß mit ihm. Aber als Ehemann?
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