Spiel der Herzen
nichts anderes übrigblieb, als zu kapitulieren. Sein Finger, mit dem er unentwegt auf das Bild gezeigt hatte, sank herab, als wohne ihm keine Kraft mehr inne. Auch die Knie schienen Werner einzuknicken, er setzte sich.
»Ich geb's auf«, seufzte er.
»Warum nicht gleich?« lächelte Clara.
»Den Scheck erhältst du, wie gesagt, morgen.«
»Und das Bild. Wann kommst du es holen?«
Ein letztes kurzes Aufbäumen Werners erfolgte.
»Wieso holen? Das kann doch hier hängen bleiben?«
»Nein.«
»Warum nicht?«
»Weil es mir nicht mehr gehört.«
»Dann betrachte es als Leihgabe von mir«, versuchte es Werner mit Ironie. Auch damit war er aber zum Scheitern verurteilt.
»Nein, Werner.«
»Außerdem habe ich auch kein Sicherheitsschloß an der Tür.«
»Was du von Sicherheitsschlössern hältst, hast du mir zu erkennen gegeben. Ich kann mich aber um einen Handwerker für dich bemühen«, sagte Clara. »Das verspreche ich dir.«
Der Kaffee war den beiden inzwischen längst vollständig kalt geworden. Clara ging in die kleine Küche, um neuen aufzubrühen. Sie war in bester Stimmung, mehr noch, sie fühlte sich glücklich. Etwas Wichtiges, etwas Positives für sie war geschehen. Sie hatte ein zusätzliches Stück Bindung zwischen ihr und Werner schaffen können. Die Sache hatte sich ganz von selbst entwickelt, absolut unerwartet, war keineswegs geplant gewesen. Das Glück, so dachte Clara, hatte ihr gelächelt. Wenn der Hamburger Galerist eine Stunde früher angerufen hätte, wäre das Glück noch nicht zur Stelle gewesen. Werner hatte erst später ihre Wohnung betreten.
»Eins mußt du mir noch erklären …«, sagte Clara nach dem Kaffeetrinken, »… ein Wort, das du gebraucht hast. Ich habe es nicht verstanden.«
»Was für eins?«
»Bumsen. In meinen Kreisen ist ein solcher Ausdruck unbekannt.«
Werner gelang es, genau wie Clara keine Miene zu verziehen.
»Soll ich dich mit ihm vertraut machen?«
»Ja.«
»Theoretisch oder praktisch?«
»Praktisch, bitte.«
Das geschah …
Thekla Bendows Briefe aus Düsseldorf kamen in schöner Regelmäßigkeit. Und Frank beantwortete jeden. Naturgemäß schliff sich die Förmlichkeit zwischen ihnen, deren sie sich anfangs befleißigt hatten, mehr und mehr ab; der Ton wurde vertrauter. Frank begann seine Briefe nicht mehr mit »Sehr geehrte gnädige Frau«, sondern mit »Liebe Frau Thekla« bzw. dann nur noch mit »Liebe Thekla«; und sie mit »Lieber Frank«. Dieser Tage schrieb sie:
Lieber Frank, davon, was Sie von Liebe halten, haben Sie mich in Ihren Selbstdarstellungen nun schon einiges wissen lassen. Umgekehrt ich Sie von mir auch. Sie sind nicht verheiratet, habe ich von Anfang an angenommen und Ihnen das mitgeteilt. Da Sie mich bis zum heutigen Tag nicht korrigiert haben, darf ich annehmen, daß das auch stimmt. Richtig? Nun mal eine Frage an Sie. Was halten Sie von Ehebruch? Was verheiratete Männer davon halten, weiß ich. Nämlich viel, sonst würden sie ihn nicht massenweise begehen. Aber Sie, Frank, was halten Sie davon? Sie stehen gewissermaßen noch über den Dingen, deshalb würden mich gerade Ihre Antworten auf folgende Fragen interessieren: Verurteilen Sie den Ehebruch ohne Wenn und Aber?
Falls ja, warum? Falls nein, warum nicht?
Ist der Ehebruch einer Frau mit anderen Augen zu sehen als der eines Mannes? Falls ja, warum?
Was sagen Sie zu einem Mann, der in einer intakten, absolut glücklichen Ehe lebt und fremdgeht? Was zu einer Frau, die das tut? Ich bin sehr neugierig, was ich von Ihnen hören werde, Frank. Sind Sie aber bitte absolut ehrlich, so wie auch ich Ihnen bisher immer nur das geschrieben habe, was meine wahre Meinung bzw. mein wahrer Standpunkt ist.
Viele Grüße!
Ihre Thekla Bendow
Erklärlicherweise lag dieser Brief dem Empfänger ziemlich schwer im Magen. Franks Lust, ihn zu beantworten, war zum erstenmal nicht groß. Das sprach für ihn. Ein anderer hätte sich hingesetzt und munter drauflosgeschrieben, ohne von schwarzen Gedanken an eine eigene Verfehlung beschwert zu sein.
Frank suchte ein Gespräch mit Werner Ebert.
»Lies mal«, sagte er, ihm den Brief Theklas reichend. »Die hat sie doch nicht mehr alle.«
Werner las. »Wieso nicht?« fragte er, als er die Lektüre beendet hatte.
»Die soll doch nicht mich Sachen fragen, in denen sie längst firm ist.«
»Woher willst du das wissen?«
»Zweifelst denn du daran, daß die in ihrer Ehe fremdging, daß die Fetzen flogen?«
»Nein«, meinte Werner trocken.
»Na
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