Spiel der Herzen
weißt manches von mir noch nicht«, lachte Clara. »Gegen Skat hat Golf bei mir keine Chance.«
Frank mischte sich ein.
»Dann hätte ich einen Vorschlag, Clara …«
»Welchen?«
»Machen Sie doch bei dem Turnier hier mit.«
Clara zögerte kurz, sagte dann jedoch: »Nein.«
»Warum nicht?«
»Weil ich aus der Übung bin.«
»Und wenn Sie sich die verschaffen würden?«
»Die Übung?«
»Ja.«
Clara blickte Frank fragend an.
»Wie denn?«
»Indem Sie an der Trainingsrunde meiner Frau teilnehmen.«
Der Ausdruck ›Trainingsrunde‹ verfing voll bei Clara. Genau das traf ihre Vorstellung.
»Wäre denn Ihre Frau damit einverstanden?« erwiderte sie.
»Ganz bestimmt«, war Frank überzeugt.
»Und die anderen Damen auch?«
»Sicher.«
»Ich möchte aber niemanden verdrängen.«
»Wenn Ihnen das gelingen sollte, wird sich kein Widerspruch erheben. Bei denen hat das Leistungsprinzip volle Gültigkeit, das weiß ich. Falls sich herausstellt, daß Sie besser sind als eine andere, tritt die von selbst zurück und sucht sich eine schwächere Runde – und wenn dieses Los meine Frau treffen würde. Soweit kenne ich die. Machen Sie sich aber keine Hoffnung«, schloß lachend Frank, »Sie werden vergebens auf diese Chance warten.«
»Das wird sich zeigen«, sagte Clara schon jetzt kampfeslustig.
Sogar im Internat in Lausanne habe sie, zusammen mit ein paar Mädchen aus Norddeutschland, oft Skat gespielt, während die Französinnen und Italienerinnen Liebesromane gelesen hatten, erzählte sie.
»Und die Schweizerinnen, was haben die gemacht?« fragte Werner zum allgemeinen Gaudium.
Wenig später blickte er auf die Uhr und ließ verlauten, daß er nun Hunger habe. Bald würde auch die Übertragung beginnen, dann habe man keine Zeit mehr zum Essen.
Clara holte die kalte Platte aus der Küche und erntete von den Männern Worte des Lobes, als die zwei sahen, was ihnen von Clara zugedacht worden war. Die Anerkennung, die ihr zuteil wurde, freute sie sichtlich.
Schließlich sagte sie, daß sie sich nun verabschieden werde. Dagegen erhob sich seitens der Männer heftiger formeller Widerspruch, der jedoch von Clara erstickt wurde. Fußball interessiere sie nicht, sagte sie, und sie wüßte, wie grauenvoll störend ein solches Weib von echten Fans dieses Sports empfunden würde.
»Ich bringe dich noch rasch nach Hause«, sagte Werner zu ihr.
Und Frank stellte er anheim, sich in der Zwischenzeit schon über die kalte Platte herzumachen.
Frank ging noch mit bis zur Tür, wo ihm Clara die Hand reichte und sagte: »Es hat mich wirklich außerordentlich gefreut, Sie kennenzulernen, Frank.«
»Mich auch, Clara. Darf ich Ihnen ganz burschikos etwas sagen?«
»Alles.«
»Sie sind eine Wucht.«
Claras strahlender Blick ging von Frank zu Werner.
»Hörst du?«
Werners Antwort galt nicht ihr, sondern Frank.
»Mach sie mir nicht verrückt, Mann.«
»Sehen Sie, Frank«, seufzte daraufhin Clara, »so ist er. Sie sollten deshalb eher sagen, daß ich ein unglückliches Mädchen bin.«
Als sie mit Werner die Treppe hinunterging, rief Frank ihr nach: »Ich werde also mit meiner Frau sprechen.«
»Danke, Frank«, rief sie zurück, wobei sie ihm noch einmal ein strahlendes Lächeln schenkte.
Nach zwanzig Minuten hörte Frank wieder Werners Schlüssel in der Wohnungstür. Werner sah, daß Frank nicht am Tisch saß, um zu essen, sondern vor dem Spitzweg stand und ihn betrachtete. Frank hatte das Bild kurz zuvor erst entdeckt.
»Warum ißt du nicht?« fragte Werner.
Frank nickte zum Spitzweg hin. Mit zweifelnder Miene sagte er: »Das ist doch nicht Claras Bild, von dem du mir erzählt hast?«
»Doch.«
»Wie kommt es hierher?«
»Setz dich und iß.«
Frank setzte sich, wandte aber, statt zuzugreifen, nicht den Blick von dem Bild.
»Hat sie es dir geliehen?« sagte er. »Dann würde ich mich fragen, wozu?«
»Nein.«
Franks Augen weiteten sich ein bißchen.
»Doch nicht geschenkt?«
»Nein.«
»Was dann?«
»Iß«, sagte Werner.
»Was dann?« wiederholte Frank.
»Ich hab's gekauft.«
Frank saß starr. Dann grinste er.
»Guter Witz.«
»Kein Witz.«
»Du bist doch nicht der Aga Khan?«
»Nein.«
»Oder hast du im Lotto gewonnen?«
»Auch nicht.«
»Dann erzähl keinen solchen Quatsch.«
Das Grinsen hatte sich in Franks Miene langsam wieder verflüchtigt.
»Iß endlich«, sagte Werner.
Frank nahm das erste Sandwich von der Platte, biß hinein, kaute, schluckte. Ein zweiter Biß unterblieb. Frank
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