Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spiel der Herzen

Spiel der Herzen

Titel: Spiel der Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
kannte diese Redensart. Die größte aller Niederlagen erleben heißt das im Sprachgebrauch der Menschen, seit in der Antike Hannibal gegen die alten Römer jene Schlacht gewonnen hat. Trotzdem hätte an Helgas Entschlossenheit, das Heidenohler Postamt aufzusuchen, nur noch eine plötzliche Naturkatastrophe etwas ändern können – wenn sich etwa eine Erdspalte aufgetan und das Postamt verschlungen hätte.
    Der zuständige Schalter mit dem zuständigen Beamten war rasch gefunden. Und nun zeigte sich wieder einmal eine Laune des Schicksals. Jener Beamte war nämlich zufällig ein Mensch, der seit zwanzig Jahren grundlos unter der rasenden Eifersucht seiner Gattin zu leiden hatte. Sein Herz schlug deshalb für jeden, von dem er nur roch, daß er ein Leidensgenosse sein könnte. Und das zu riechen fiel ihm diesmal überhaupt nicht schwer.
    »Guten Tag«, grüßte Frank freundlich.
    »Guten Tag«, grüßte auch nicht unfreundlich der Beamte, der den Rang eines dienstalten Hauptsekretärs bekleidete und Schmitt hieß.
    Helga nickte nur stumm. Sie war sehr blaß. Genauso blaß wurde immer die Gattin des Hauptsekretärs, wenn sie sehen mußte, daß ihm von einer der Nachbarinnen in der Straße für seinen Gruß lächelnd gedankt wurde.
    »Mein Name ist Petar«, fuhr Frank fort.
    »Ja?«
    »Frank Petar.«
    Das war ein ungewöhnlicher Beginn. Postkunden pflegen sich nicht vorzustellen. Der Hauptsekretär guckte ein bißchen irritiert.
    »Sie wünschen?« fragte er.
    Frank nickte hin zu Helga.
    »Das ist meine Frau.«
    »Freut mich«, nickte Schmitt.
    »Wir sind gekommen«, fuhr Frank fort, »um einen eventuellen Brief für mich abzuholen.«
    »Einen postlagernden?«
    »Ja.«
    »Darf ich mal Ihren Ausweis sehen?« sagte Schmitt, die Hand ausstreckend.
    Frank reichte ihm seinen Paß. Schmitt sah sich den Namen in dem Paß an, stand auf, ging zu einem Regal an der Wand, entnahm ihm einen Stoß Briefe, fächerte ihn durch, steckte alle Briefe ins Regal zurück, kam wieder an den Schalter, setzte sich und sagte: »Keiner da.«
    »Klar«, nickte Frank.
    Was heißt ›klar‹, dachte Schmitt. Wenn du das vorher schon gewußt hast, warum bist du dann hergekommen? Die Überraschungen für ihn wurden aber noch größer.
    »War gestern einer da?« fragte Frank.
    »Nein, ich kann mich nicht erinnern.«
    »Oder vorgestern?«
    »Auch nicht.«
    »Haben Sie mich hier schon jemals gesehen?«
    »Nein.«
    »Danke«, sagte Frank und blickte Helga an. »Genügt dir das? Können wir gehen?«
    Mit einem Schlag sah der Hauptsekretär klar. Mitleid, das dem Märtyrer vor seinem Schalter galt, zog ein in sein Herz.
    »Nein«, erwiderte Helga unerbittlich, »ich habe dir gesagt, was ich noch wissen möchte, Frank …«
    »Was denn?«
    »Ob hier Briefe von einer Thekla Bendow abgeholt werden.«
    »Danach mußt du dich schon selbst erkundigen.«
    Die gleiche Frage richtete nun also Helga auch an den Hauptsekretär, in dessen Herz neben dem Mitleid für Frank zugleich auch Zorn gegen dessen Peinigerin eingezogen war.
    »Sind Sie Staatsanwältin?« erwiderte er schroff.
    »Nein, wieso?«
    »Ich dachte es«, sagte Schmitt, »weil Sie hier so auftreten.«
    »Entschuldigen Sie«, steckte Helga errötend zurück. »Ich wollte Sie ja nur bitten, mir meine Frage zu beantworten.«
    »Das darf ich gar nicht.«
    »Aber …« Helga brach ab.
    Es habe keinen Zweck, sah sie ein. Sie nickte Frank zu. Gehen wir, hieß das.
    In Schmitts Innerem spielte sich ein kurzer, aber heftiger Kampf ab. Mitleid rang mit Zorn, das Mitleid siegte. Per Zeigefinger winkte der Hauptsekretär Helga näher heran und fragte mit unterdrückter Stimme: »Wie soll die heißen?«
    »Thekla Bendow.«
    Er schien kurz nachzudenken, dann sagte er: »Genausowenig wie für Ihren Mann war auch für die noch nie ein Brief hier.«
    »Danke.«
    »Alles Gute.« Dies sagte Hauptsekretär Schmitt aber nicht mehr zu Helga, sondern zu Frank, ihm verständnisinnig zunickend.
    Auf dem Weg nach Hause wurde zwischen Helga und Frank nichts gesprochen. Erst in der Wohnung lebte wieder ein Dialog auf, den Helga begann, indem sie sagte: »Nun liegt's bei dir.«
    Sie kam sich klein und häßlich vor. Frank hingegen war ziemlich wütend. In ihm wirkte noch die Szene im Postamt nach.
    »Was liegt bei mir?« antwortete er barsch.
    »Ob du mich satt hast.«
    »Rede keinen Blödsinn. Versprich mir lieber, daß du endgültig geheilt bist.«
    »Ja.«
    »Endgültig, sage ich!«
    »Endgültig.«
    »Dann sei das Ganze

Weitere Kostenlose Bücher