Spiel der Herzen
gefahren bin.«
»Ich weiß nur das, was du mir gesagt hast. Angeblich zu einem Vortrag.«
»Nicht angeblich, sondern wirklich.«
»Der dann ausgefallen ist.«
»Das ist er wahrhaftig, Helga. Du kannst dich ja erkundigen.«
»Kann ich auch Erkundigungen beim Einwohnermeldeamt in Düsseldorf einholen?«
»So wie hier in Heidenohl?«
»Ja.«
»Ich habe nichts dagegen.« Frank zuckte die Achseln. »Wenn du dich wieder blamieren willst – bitte.«
Thekla Bendow war höchstwahrscheinlich nur ein fiktiver Name, ein Pseudonym. Eine wirkliche Thekla Bendow gab es nicht. Frank glaubte, solchen Nachforschungen Helgas wirklich mit Ruhe entgegensehen zu können.
»Kann ich mich auch wieder an die Post wenden?« fragte Helga.
»Wo?« stieß Frank hervor.
»In Düsseldorf.«
Großer Gott, das war etwas anderes!
»Wozu?«
»Um zu erfahren, ob du einer Thekla Bendow postlagernde Briefe dorthin schreibst.«
Großer, allmächtiger Gott!
»Helga«, flehte Frank, »du hast doch hier diesen Hauptsekretär erlebt, wie der mit dir umgegangen ist. Willst du dir das noch einmal antun?«
»Ja«, erwiderte Helga eisern entschlossen, »denn zuletzt habe ich doch das erfahren, was ich erfahren wollte.«
»Doch nur, weil ich dabei war.«
»Das wirst du auch diesmal wieder sein.«
Der Punkt, an dem es nicht mehr weiterging, war erreicht.
»Nein!« sagte Frank so hart, wie er konnte.
»Was heißt nein?«
»Ich werde nicht wieder dabeisein, Helga. Ich war einmal dabei, und das reicht mir.«
Helga wurde blaß.
»Du weißt, was du damit sagst, Frank«, erwiderte sie. »Ich brauche ohne dich bei denen gar nicht aufzukreuzen.«
Er zuckte mit den Schultern. »Tut mir leid.«
»Ist das dein letztes Wort?«
»Ja.«
Sie blickte ihn sekundenlang an, ihre Lippen begannen zu zittern. Sie sagte aber nichts mehr, ging zur Tür und verließ das Zimmer. Die Stille, die nun eintrat im Haus, wurde nach einer Weile unterbrochen durch Geräusche, die Frank verdächtig erschienen. Er ging ihnen nach und stellte fest, daß Helga dabei war, aus dem gemeinsamen Schlafzimmer aus- und ins Gästezimmer einzuziehen. Unfähig, dazu etwas zu sagen, wandte Frank sich stumm ab und verließ das Haus. Wie betäubt lief er kreuz und quer durch Heidenohl, hatte kein Ziel und war deshalb zuletzt eigentlich überrascht, zu entdecken, daß er vor Werners Tür stand.
Auch Werner war in keiner guten Verfassung, als er sich anhörte, was Frank zu berichten hatte.
»Mir scheint«, sagte er mit düsterer Miene, »wir zwei können uns die Hand reichen.«
»Du auch?« fragte Frank.
»Der Laufpaß, der mir gegeben wurde, übertrifft ja noch den deinen. Clara will mich nicht einmal mehr sehen.«
»Das kann mir mit Helga auch bald passieren.«
»Mann«, stöhnte Werner aus tiefster Seele, »diese gottverdammten Weiber, die machen uns fertig!«
»Bei dir war's ja bis jetzt immer umgekehrt, Werner, das mußt du zugeben – aber bei mir?!«
Franks Klage, die er an das Schicksal richtete, blieb im Raum stehen.
Beide verstummten, ließen die Nasen hängen, bedauerten einander. Weltschmerz überkam sie. Nach einer Weile meinte Werner: »Komm, laß uns einen Schnaps trinken.«
Aus dem einen wurden in rascher Folge für jeden drei. Nach dem vierten seufzte Frank: »Mich könnte nur eins retten – Thekla Bendow.«
»Darüber sind wir uns seit langem einig«, nickte Werner.
»Rührt sie sich immer noch nicht?«
»Nein.«
»Der Teufel soll das Miststück holen!«
In diesem unglaublichen, unwahrscheinlichen, nicht für möglich gehaltenen Augenblick meldete sich das Schicksal. Sowohl Werner als auch Frank gerieten darüber noch Jahre später in Aufregung, wenn sie sich daran erinnerten.
Das Telefon läutete. Werner hob ab und meldete sich. Die Stimme Evelyn Herzers aus Düsseldorf drang an sein Ohr.
»Guten Abend, Werner, ich bin's! Überrascht?«
»Guten Abend, Evelyn. Ja.«
»Unangenehm?«
»Natürlich nicht.«
»Was machst du gerade?«
»Ich trinke einen Schnaps, zusammen mit meinem Freund.«
»Ich einen Likör«, lachte Evelyn. »Trifft sich das nicht gut?«
»Ja.«
»Aber ich trinke ihn allein.«
Evelyns Lachen war von einer Art, die darauf schließen ließ, daß sie schon länger drangewesen war, ›einen‹ Likör zu trinken. Diesbezüglich unterschied sie sich also nicht von Werner mit seinem ›einen‹ Schnaps.
»Likör mögen wir nicht«, sagte Werner. Darin erschöpfte sich sein ganzer momentaner Geistesreichtum.
Doch sogar auch darüber
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