Spiel der Magier
wartete. Wie er gesagt hatte, führte der Sims zu einer Galerie, die in scharfem Winkel aufwärts verlief. Sie folgten ihr ins Innere des Felsenturms, wobei sie an einigen anderen Gängen vorbeikamen, die auf die Galerie mündeten.
»Sollten wir nicht nachsehen, wohin sie führen?« fragte Barak, nachdem sie die dritte oder vierte Abzweigung passiert hatten.
»Sie führen nirgendwo hin«, sagte Relg.
»Woher weißt du das?«
»Ein Gang, der irgendwohin führt, riecht anders. Der, an dem wir gerade vorbei sind, läuft nach etwa dreißig Metern auf eine glatte Wand zu.«
Barak grunzte zweifelnd.
Sie kamen zu einer weiteren blanken Wand, und Relg blieb stehen, um durch die Finsternis nach oben zu spähen.
»Wie hoch ist es?« fragte Durnik. »Vielleicht zehn Meter. Ich werde ein paar Löcher machen, damit wir hinaufklettern können.« Relg kniete sich hin und schob langsam eine Hand in den Fels. Dann spannte er seine Schultermuskeln und drehte leicht den Arm. Das Gestein zersprang mit einer kleinen Explosion, und als Relg seine Hand herauszog, kam ein Kiesschauer mit. Er bürstete den Rest der Trümmer aus dem Loch, stand auf und schob seine Hand etwa einen halben Meter über dem ersten Loch in den Stein.
»Nicht schlecht«, sagte Durnik bewundernd.
»Ein ganz alter Trick«, antwortete Relg.
Sie folgten Relg die Wand hinauf und zwängten sich oben durch einen schmalen Spalt. Barak fluchte, als er sich hindurchkämpfte, denn er mußte einen ansehnlichen Teil seiner Haut zurücklassen.
»Wie hoch sind wir jetzt?« fragte Silk. In seiner Stimme schwang eine gewisse Furcht mit, und er betrachtete nervös das Gestein, das ihn zu erdrücken schien.
»Wir sind ungefähr zweihundertfünfzig Meter über der Grundfläche der Felssäule«, antwortete Relg. »Wir gehen jetzt dort entlang.« Er zeigte auf einen weiteren ansteigenden Gang. »Ist das nicht die Richtung, aus der wir gerade gekommen sind?« fragte Durnik.
»Die Höhlen verlaufen im Zickzack«, erklärte Relg. »Wir müssen den Gängen folgen, die aufwärts führen.«
»Führen sie bis ganz nach oben?«
»Sie kommen irgendwo heraus. Das ist alles, was ich im Moment mit Sicherheit sagen kann.«
»Was ist das?« rief Silk plötzlich.
Aus irgendeinem der dunklen Gänge erklang eine Stimme, die etwas sang. In dem Lied schien eine tiefe Traurigkeit zu liegen, aber die Echos machten es unmöglich, die Worte zu verstehen. Man konnte lediglich feststellen, daß es sich bei dem Sänger um eine Frau handelte.
Nach einem Moment stieß Belgarath einen verblüfften Schrei aus. »Was ist?« fragte Tante Pol.
»Maragisch«, sagte der alte Mann.
»Unmöglich.«
»Ich kenne das Lied, Pol. Es ist ein Begräbnislied der Marager. Wer immer sie ist, sie liegt im Sterben.«
Die Echos in den gewundenen Gängen machten es sehr schwierig, den genauen Aufenthaltsort der Sängerin zu bestimmen, aber als sie weitergingen, schien auch das Lied näherzukommen.
»Hier unten«, sagte Silk schließlich, den Kopf zur Seite geneigt, und blieb vor einer Öffnung stehen.
Der Gesang endete abrupt. »Keinen Schritt weiter«, warnte die unsichtbare Frau eindringlich. »Ich habe ein Messer.«
»Wir sind Freunde«, rief Durnik ihr zu.
Sie lachte bitter. »Ich habe keine Freunde. Ihr werdet mich nicht zurückbringen. Mein Messer ist lang genug, um mein Herz zu erreichen.«
»Sie hält uns für Murgos«, wisperte Silk.
Belgarath begann in einer Sprache zu reden, die Garion noch nie gehört hatte. Nach einem Moment antwortete die Frau stockend, als ob sie sich an die Worte erst erinnern müßte, die sie seit Jahren nicht gesprochen hatte.
»Sie hält es für einen Trick«, sagte der alte Mann leise. »Sie sagt, sie hält ein Messer direkt auf ihr Herz gerichtet, wir müssen also vorsichtig sein.« Wieder sprach er in den dunklen Gang hinein, und die Frau antwortete. Die Sprache, die sie benutzten, war fließend, musikalisch.
»Sie sagt, sie läßt einen von uns zu sich«, sagte Belgarath schließlich. »Sie traut uns noch immer nicht.«
»Ich gehe«, sagte Tante Pol.
»Sei vorsichtig, Pol. Vielleicht entscheidet sie sich im letzten Moment, ihr Messer gegen dich zu richten statt gegen sich selbst.«
»Ich werde damit schon fertig, Vater.«
Tante Pol nahm das Licht von Barak entgegen und ging langsam den dunklen Gang hinunter, während sie beruhigend auf die Frau einsprach.
Die anderen standen in der Dunkelheit und lauschten angespannt auf das Stimmengemurmel, das aus dem Gang zu
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