Spiel der Magier
ihnen drang, als Tante Pol leise auf die Maragerfrau einredete. »Ihr könnt kommen«, rief sie endlich. Sie gingen auf die Stimmen zu.
Die Frau lag neben einer kleinen Wasserlache. Sie war lediglich mit Lumpen bekleidet und sehr schmutzig. Ihr Haar war glänzend und schwarz, aber stark verfilzt, und ihr Gesicht trug einen resignierten, hoffnungslosen Ausdruck. Sie hatte hohe Wangenknochen, volle Lippen und große, violette Augen, die von dichten schwarzen Wimpern umrahmt wurden. Die erbärmlichen Fetzen, die sie am Leibe hatte, ließen einen großen Teil ihrer hellen Haut frei. Relg sog scharf die Luft ein und drehte sich auf dem Absatz um.
»Sie heißt Taiba«, erzählte Tante Pol. »Sie ist vor einigen Tagen aus den Sklavenquartieren unter Rak Cthol entkommen.«
Belgarath kniete neben der erschöpften Frau nieder. »Du bist eine Maragerin, nicht wahr?« fragte er gespannt.
»Das hat meine Mutter jedenfalls gesagt«, bestätigte sie. »Sie hat mir auch die alte Sprache beigebracht.« Ihr dunkles Haar fiel ihr strähnig ins Gesicht.
»Gibt es noch andere Marager in den Sklavenunterkünften?«
»Ein paar, glaube ich. Es ist schwer zu sagen. Den meisten Sklaven hat man die Zunge herausgeschnitten.«
»Sie braucht etwas zu essen«, sagte Tante Pol. »Hat einer daran gedacht, etwas mitzunehmen?«
Durnik knüpfte einen Beutel von seinem Gürtel los und reichte ihn ihr. »Etwas Käse«, sagte er, »und ein bißchen Dörrfleisch.« Tante Pol öffnete den Beutel.
»Hast du eine Ahnung, wie Angehörige deines Volkes hierher kamen?« fragte Belgarath die Sklavin. »Denk nach. Es könnte sehr wichtig sein.«
Taiba zuckte die Achseln. »Wir waren schon immer hier.« Sie nahm, was Tante Pol ihr reichte, und begann gierig zu essen.
»Nicht zu hastig«, warnte Tante Pol.
»Hast du je gehört, wie die Marager in die Sklaverei der Murgos gelangt sind?« drängte Belgarath.
»Meine Mutter hat mir früher erzählt, daß wir vor vielen Jahren in einem Land unter freiem Himmel gelebt haben und keine Sklaven waren«, antwortete Taiba. »Aber ich habe ihr nicht geglaubt. Es ist eine Geschichte, wie man sie kleinen Kindern erzählt.«
»Es gibt alte Geschichten über den tolnedrischen Überfall auf Maragor, Belgarath«, warf Silk ein. »Seit Jahren kursieren Gerüchte, daß einige der Legionskommandanten ihre Gefangenen an die Nyissaner verkauft haben, anstatt sie zu töten. Das würde zu einem Tolnedrer passen.«
»Es ist wohl eine Möglichkeit«, erwiderte Belgarath stirnrunzelnd.
»Müssen wir hierbleiben?« fragte Relg barsch. Er kehrte ihnen noch immer den Rücken zu, und man merkte ihm seine Empörung deutlich an.
»Warum ist er wütend auf mich?« fragte Taiba. Die Worte kamen nur langsam über ihre Lippen und waren kaum mehr als ein Flüstern.
»Verhülle deine Nacktheit, Weib«, befahl Relg. »Du beleidigst gottesfürchtige Augen.«
»Ist das alles?« Sie lachte voll und kehlig. »Das ist alles, was ich an Kleidern habe.« Sie blickte an ihrer üppigen Figur hinunter. »Außerdem ist mit meinem Körper alles in Ordnung. Er ist nicht mißgestaltet oder häßlich. Warum sollte ich ihn verstecken?«
»Schamloses Weib!« fuhr Relg sie an.
»Wenn es dich so stört, sieh eben nicht hin«, schlug sie vor.
»Relg hat gewisse religiöse Probleme«, erklärte Silk trocken.
»Sprich nicht von Religion«, sagte sie schaudernd.
»Seht ihr«, schnaubte Relg, »sie ist völlig verderbt.«
»Eigentlich nicht«, sagte Belgarath. »In Rak Cthol bedeutet Religion das Messer und den Altar.«
»Garion«, bat Tante Pol, »gib mir deinen Mantel.«
Er löste seinen schweren Umhang und reichte ihn Pol. Sie deckte die erschöpfte Frau damit zu, hielt aber plötzlich inne und betrachtete sie genau. »Wo sind deine Kinder?« fragte sie.
»Die Murgos haben sie geholt«, antwortete Taiba unbeteiligt. »Es waren zwei liebe kleine Mädchen, aber jetzt sind sie fort.«
»Wir bringen sie dir zurück«, versprach ihr Garion impulsiv.
Sie lachte bitter auf. »Das glaube ich nicht. Die Murgos haben sie den Grolims übergeben, und die Grolims haben sie auf Toraks Altar geopfert. Ctuchik selbst hat das Messer geführt.«
Garion fühlte, wie sein Blut zu Eis erstarrte.
»Der Mantel ist warm«, sagte Taiba dankbar, ihre Hände strichen über das rauhe Tuch. »Ich habe so lange gefroren.« Sie seufzte müde und zufrieden.
Belgarath und Tante Pol sahen sich über Taiba hinweg an. »Ich muß doch irgend etwas richtig machen«, sagte der alte
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