Spiel der Magier
sein?« fragte Silk, der immer noch die Stelle anstarrte, in die Relgs Hand eingedrungen war.
»Es hat mit der Natur von Materie zu tun«, antwortete der Zauberer. »Was wir als fest ansehen, ist in Wirklichkeit nicht so undurchdringlich.«
»Entweder ist etwas fest oder nicht«, wandte Silk verblüfft ein.
»Festigkeit ist eine Illusion«, sagte Belgarath. »Relg kann die Teilchen, aus denen er besteht, durch die Spalten, die zwischen den Teilchen, die das Gestein binden, hindurchgleiten lassen.«
»Kannst du das auch?« fragte Silk skeptisch.
Belgarath zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht. Ich hatte nie Gelegenheit, es auszuprobieren. Jedenfalls kann Relg Höhlen riechen, und er geht geradewegs auf sie zu. Er weiß wahrscheinlich selbst nicht, wie er es macht.«
»Meine Heiligkeit leitet mich«, erklärte Relg arrogant.
»Vielleicht«, räumte der Zauberer mit einem toleranten Lächeln ein.
»Die Heiligkeit der Höhlen zieht mich an, denn alle heiligen Dinge ziehen mich an«, schnaubte Relg, »und die Höhlen zu verlassen, würde für mich bedeuten, der Heiligkeit den Rücken zu kehren und entweiht zu werden.«
»Wir werden sehen«, meinte Belgarath.
Das Glühen in der Felswand, das Ce’Nedra vorher schon bemerkt hatte, begann zu schimmern und zu pulsieren, und die Prinzessin glaubte, undeutlich eine Gestalt in dem Felsen erkennen zu können. Dann, als ob die Felsen lediglich Luft wären, wurde die Gestalt klarer und trat in den Raum. Im ersten Moment sah sie aus wie ein alter Mann, mit einem Bart und einem Gewand wie der Gorim, wenn er auch viel kräftiger wirkte. Dann wurde Ce’Nedra von dem überwältigenden Gefühl ergriffen, daß es sich hier um mehr handelte als um einen Menschen. Mit einem ehrfürchtigen Schaudern erkannte sie, daß sie sich in der Gegenwart eines Gottes befand.
Relg starrte die bärtige Gestalt mit offenem Mund an und begann heftig zu zittern. Mit einem erstickten Schrei warf er sich zu Boden.
Die Gestalt blickte gelassen auf den Fanatiker hinab. »Erhebe dich, Relg«, sagte sie mit sanfter Stimme, die alle Echos der Ewigkeit in sich zu tragen schien. Die Höhlen draußen hallten wider von dem Klang dieser Stimme. »Erhebe dich, Relg, und tritt vor deinen Gott.«
18
C e’Nedra hatte eine ausgezeichnete Erziehung genossen. Sie war so gründlich eingeübt, daß sie instinktiv alle Feinheiten der Etikette kannte und alle Förmlichkeiten, die in Gegenwart eines Kaisers oder Königs zu beachten waren, aber die körperliche Anwesenheit eines Gottes flößte ihr Ehrfurcht und sogar Angst ein. Sie fand sich ungeschickt, ja linkisch wie ein unwissendes Bauernmädchen. Sie zitterte und wußte zum erstenmal in ihrem Leben nicht im geringsten, was sie tun sollte.
UL blickte immer noch in Relgs ehrfurchtergriffenes Gesicht.
»Dein Geist hat verwirrt, was ich dir sagte, mein Sohn«, sprach der Gott ernst. »Du hast meine Worte verdreht, so daß sie deinen Wünschen entsprachen und nicht meinem Willen.«
Relg schreckte zurück, seine Augen waren angsterfüllt. »Ich habe dir gesagt, das Kind, das einst Gorim sein wird, würde durch dich zu Ulgo kommen«, fuhr UL fort, »und du solltest bereit sein, es zu pflegen und aufzuziehen. Habe ich dir auch befohlen, dich selbst dadurch zu erhöhen?«
Relg begann heftig zu beben.
»Habe ich dir befohlen, Aufwiegelung zu predigen? Oder Ulgo aufzubringen gegen den Gorim, den ich erwählt habe, das Volk zu führen?«
Relg brach zusammen. »Verzeih mir, o mein Gott«, flehte er und warf sich wieder zu Boden.
»Erhebe dich, Relg«, befahl UL ihm streng. »Ich bin nicht zufrieden mit dir, und deine Unterwürfigkeit beleidigt mich, denn dein Herz ist voller Stolz. Ich werde dich meinem Willen beugen, Relg, oder ich werde dich zerbrechen. Ich werde dich reinwaschen von deiner anmaßenden Selbstüberschätzung. Nur dann wirst du der Aufgabe würdig sein, für die ich dich ausersehen habe.«
Relg taumelte auf die Füße. Reue malte sich auf seinem Gesicht ab. »O mein Gott…« Er verstummte.
»Höre meine Worte, Relg, und gehorche mir. Ich befehle dir, Belgarath, den Schüler Aldurs, zu begleiten und ihm alle Hilfe zu gewähren, die in deiner Macht steht. Du wirst ihm gehorsam sein, als ob er an meiner Stelle spräche. Hast du mich verstanden?«
»Ja, mein Gott«, murmelte Relg demütig.
»Und wirst du gehorchen?«
»Ich werde tun, was du mir befohlen hast, o mein Gott, und wenn es mich das Leben kostet.«
»Es wird dich nicht dein Leben
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