Spiel der Magier
das nur dich und UL etwas an. Wenn du glaubst, bestraft werden zu müssen, mußt du das selbst tun. Ich kann es nicht, und ich werde es nicht tun.«
Relg hob sein verzerrtes Gesicht und starrte Garion an. Dann sprang er mit einem erstickten Schrei auf die Füße und floh jammernd in die Dunkelheit.
»Garion!« Tante Pols Stimme hatte die vertraute Schärfe.
»Ich habe nichts getan«, protestierte er automatisch.
»Was hast du ihm gesagt?« fragte Belgarath. »Er behauptete, alle möglichen Sünden begangen zu haben«, erklärte Garion. »Er wollte, daß ich ihn bestrafe und ihm vergebe.«
»Und?«
»Das konnte ich nicht, Großvater.«
»Was ist daran so schwer?«
Garion starrte ihn an.
»Du mußtest ihn doch nur ein wenig anlügen. Ist das so schwer?«
»Lügen? In einer solchen Angelegenheit?« Garion war ganz entsetzt bei dem Gedanken.
»Ich brauche ihn, Garion, und er funktioniert nicht, wenn er durch eine religiöse Hysterie untauglich wird. Benutze deinen Kopf, Junge.«
»Ich kann das nicht, Großvater«, wiederholte Garion stur. »Es ist für ihn zu wichtig, als daß ich ihn darüber täuschen könnte.«
»Du gehst ihn besser suchen, Vater«, sagte Tante Pol.
Belgarath warf Garion einen finsteren Blick zu. »Wir zwei sind noch nicht fertig miteinander, Bursche«, sagte er wütend. Dann ging er, ärgerlich vor sich hinbrummend, auf die Suche nach Relg.
Mit kalter Gewißheit wußte Garion plötzlich, daß die Reise nach Cthol Murgos sehr lang und unangenehm werden würde.
20
O bwohl der Sommer dieses Jahres in den Niederungen und auf der algarischen Ebene lange geblieben war, gab es nur einen kurzen Herbst. Die Schneestürme und Unwetter, in die sie in den Bergen oberhalb Maragor und auf den Gipfeln von Ulgoland geraten waren, hatten bereits angedeutet, daß der Winter früh einsetzen und sehr streng werden würde. Und so war es in den Nächten schon sehr kalt auf ihrem langen Ritt über das offene Grasland zu den Bergen im Osten. Belgarath hatte seinen Zorn auf Garion wegen dessen Verhalten gegenüber Relgs Schuldgefühlen überwunden, hatte jedoch mit unausweichlicher Logik eine ungeheure Last auf Garions Schultern gelegt.
»Aus irgendeinem Grund vertraut er dir«, stellte der alte Mann fest, »also werde ich ihn dir ganz überlassen. Es ist mir egal, was du tun mußt, aber bewahre ihn davor, noch einmal die Fassung zu verlieren.«
Zuerst weigerte sich Relg, auf Garions Bemühungen, ihn aus sich herauszulocken, einzugehen, aber nach einer Weile überkam den Fanatiker wieder die Panik bei dem Gedanken an den offenen Himmel, und er begann zu reden stockend zuerst, dann sich fast überstürzend. Wie Garion befürchtet hatte, war Relgs Lieblingsthema die Sünde. Garion war erstaunt, welch simple Dinge Relg für sündhaft hielt. Für ihn war es beispielsweise schon ein größeres Vergehen, vor einer Mahlzeit die Gebete zu vergessen. Als der Eiferer seinen Sündenkatalog immer mehr offenlegte, erkannte Garion, daß die meisten seiner Sünden eher in Gedanken als in Taten begangen worden waren. Was immer wieder auftauchte, waren lustvolle Gedanken an Frauen. Zu Garions ausgesprochenem Unbehagen bestand Relg darauf, diese lüsternen Gedanken genauestens zu beschreiben.
»Frauen sind natürlich nicht genauso wie wir«, erklärte der Fanatiker eines Nachmittags, als sie nebeneinander ritten. »Ihre Seelen und ihre Herzen werden nicht so von Heiligkeit angezogen wie unsere, und sie wollen uns ständig mit ihrem Körper versuchen und zur Sünde verlocken.«
»Warum glaubst du, ist es so?« fragte Garion vorsichtig.
»Ihre Herzen sind voller Wollust«, behauptete Relg unnachgiebig. »Es bereitet ihnen besonderes Vergnügen, die Rechtschaffenen zu versuchen. Ich sage die Wahrheit, Belgarion, du würdest die Raffinesse dieser Kreaturen nicht glauben. Ich habe Beweise ihrer Schlechtigkeit selbst bei den geachtetsten Matronen gesehen – den Frauen meiner frömmsten Anhänger. Immer berühren sie einen, streichen wie zufällig um die Männer herum, und sie geben sich große Mühe, damit ihr Ärmel hochrutscht und einen runden Arm freigibt oder die Säume ihrer Kleider sich irgendwo verhaken und einen Blick auf ihre Knöchel erlauben.«
»Wenn es dich stört, sieh doch einfach nicht hin«, schlug Garion vor.
Relg überhörte das. »Ich habe schon erwogen, sie aus meiner Umgebung zu verbannen, aber dann dachte ich, es wäre vielleicht besser, wenn ich sie im Auge behalte, so daß ich meine Anhänger vor
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