Spiel der Magier
irgendwo weiter vorn eine Öffnung lag ein Weg nach draußen.
Der warme Lufthauch von draußen wurde stärker, und der Geruch nach Gras begann den Gang zu erfüllen, durch den sie sich bewegten. Der Gang stieg langsam an, unmerklich ließ die Dunkelheit nach. Er hatte den Eindruck, als ob sie aus der endlosen Nacht in das Licht des ersten Morgens der Weltgeschichte emporstiegen. Die Pferde, die den Schluß bildeten, hatten ebenfalls die frische Luft gerochen und gingen schneller. Relg jedoch bewegte sich immer langsamer. Schließlich blieb er ganz stehen. Das leise, metallische Rasseln seines Panzerhemdes sprach eine eindeutige Sprache. Relg zitterte, bereitete sich auf das vor ihm Liegende vor. Er band sich wieder den Schleier vors Gesicht und murmelte dabei immer wieder inbrünstig, fast flehend in der gutturalen Sprache seines Volkes. Sobald er seine Augen bedeckt hatte, ging er zögernd und schleppend weiter.
Vor ihnen lag goldenes Licht. Die Öffnung des Ganges war ausgezackt und unregelmäßig, und Gestrüpp zeichnete sich deutlich gegen das Licht ab. Plötzlich schoß das Fohlen mit klappernden Hufen auf die Öffnung zu, ohne auf Hettars scharfen Befehl zu achten, und rannte ins Licht.
Belgarath kratzte sich den Bart und sah dem kleinen Tier hinterher. »Vielleicht nimmst du es und seine Mutter besser mit dir, wenn wir uns trennen«, sagte er zu Hettar. »Es scheint nichts wirklich ernst zu nehmen, und Cthol Murgos ist ein sehr ernstes Land.«
Hettar nickte.
»Ich kann nicht«, stieß Relg plötzlich hervor, stellte sich mit dem Rücken zum Licht und preßte sich gegen die Felswand des Ganges. »Ich kann es nicht.«
»Natürlich kannst du«, sagte Tante Pol tröstend. »Wir gehen langsam hinaus, so daß du dich allmählich daran gewöhnen kannst.«
»Faß mich nicht an«, sagte Relg fast automatisch.
»Das wird noch sehr ermüdend«, knurrte Barak.
Garion und die anderen drängten eifrig nach vorn, ihr Hunger nach Licht trieb sie. Sie zwängten sich durch das Gestrüpp, das vor dem Eingang wuchs, und standen blinzelnd im Sonnenlicht. Zuerst schmerzte das Licht in Garions Augen, aber nach ein paar Minuten konnte er wieder sehen. Der teilweise verborgene Eingang zu den Höhlen lag etwa in der Mitte eines felsigen Abhangs. Hinter ihnen glitzerten in der Morgensonne die verschneiten Berge von Ulgoland, die sich klar gegen den blauen Himmel abhoben, und vor ihnen dehnte sich eine weite Ebene aus wie ein Meer. Das hohe Gras war herbstgolden, im Morgenwind wogte es in langen Wellen. Die Ebene erstreckte sich bis zum Horizont, und Garion hatte das Gefühl, als wäre er gerade aus einem Alptraum erwacht.
Im Höhleneingang kniete Relg mit dem Rücken zum Licht. Er betete und schlug sich mit den Fäusten auf Brust und Schultern.
»Was macht er denn jetzt?« wollte Barak wissen.
»Es ist eine Art Reinigungsritual«, erklärte Belgarath. »Er will sich von aller Unheiligkeit reinigen und das Wesen der Höhlen in seine Seele aufnehmen. Er glaubt, es würde ihm Kraft geben, wenn er draußen ist.«
»Wie lange wird er das machen?«
»Etwa eine Stunde, denke ich. Es ist ein sehr kompliziertes Ritual.« Relg unterbrach seine Gebete lang genug, um sich ein zweites Tuch über das erste vors Gesicht zu binden.
»Wenn er sich noch mehr Stoff um den Kopf wickelt, wird er noch ersticken«, sagte Silk.
»Ich mache mich lieber auf den Weg«, sagte Hettar und zog seine Sattelriemen fest. »Soll ich Cho-Hag sonst noch etwas ausrichten?«
»Bitte ihn, die anderen darüber zu benachrichtigen, was bis jetzt passiert ist«, antwortete Belgarath. »Die Dinge sind an einem Punkt angelangt, wo ich alle bereit wissen möchte.«
Hettar nickte.
»Weißt du, wo du bist?« fragte Barak.
»Natürlich.« Der große Mann sah auf die scheinbar gestaltlose Ebene vor sich hinaus.
»Wir werden für die Strecke nach Rak Cthol und wieder zurück wohl mindestens einen Monat brauchen«, meinte Belgarath. »Wenn wir die Möglichkeit haben, werden wir Signalfeuer auf den östlichen Bergen anzünden, ehe wir absteigen. Erkläre Cho-Hag, wie wichtig es ist, daß er auf uns wartet. Wir wollen nicht, daß Murgos nach Algarien hineinstolpern. Ich bin noch nicht bereit für einen Krieg.«
»Wir werden da sein«, versprach Hettar und schwang sich in den Sattel. Dann trabte er auf die Ebene zu, gefolgt von der Stute und dem Fohlen. Das Fohlen blieb einmal stehen, um zu Garion zurückzusehen, stieß ein klägliches Wiehern aus und lief dann weiter
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