Spiel Der Sehnsucht
Haut an der Innenseite von Lucys Schenkeln. Lucy stöhnte leise auf. Sie fühl-te, daß sie unterliegen würde, und fürchtete, daß Ivan das bereits erkannt hatte.
Doch plötzlich ließ sich im Eingangsbereich eine Stimme vernehmen, Silber klirrte und die Wirklichkeit kam wieder zu ihrem Recht.
Der Spiegel vor Lucy reflektierte das Bild eines rosigen Weibchens, das sich gegen einen dunklen Mann lehnte.
Während draußen Diener geschäftig hin und her eilten und jeden Moment Gäste eintreffen konnten, stand die Herrin des Hauses im Salon und wollte sich vom Haus-herrn lieben lassen. Und sie wollte nicht aufhören.
Doch wenn auch einem Grafen und einer Gräfin gegenüber viel Nachsicht geübt wurde, so wäre eine solche Unschicklichkeit im Angesicht der Dienerschaft unver-zeihlich.
Der Kampf zwischen körperlichem Verlangen und Vernunft zeichnete sich deutlich in Lucy s Gesicht ab.
Ivan lachte leise. »Ich glaube, deine ersten Gäste sind soeben eingetroffen.«
Mit einer hastigen Bewegung riß Lucy sich von ihm los.
Ihre Röcke fielen in eleganten Falten hinab und bedeckten wieder ihre Beine. Sie zupfte ihr Leibchen zurecht und richtete, so gut es ging, ihre Frisur. Ihre rosige Gesichtsfarbe und das erregte Glänzen ihrer Augen ließen sich allerdings nicht verbergen.
Hinter ihr stieß Ivan einen tiefen Seufzer aus. »Wir werden wohl noch etwas warten müssen«, meinte er und ließ seinen Blick über Lucys Gestalt wandern.
Lucy schluckte schwer. Der Gauner! Er hatte kein Recht, auf diese Weise zurückzukehren und eine Entschuldigung vorzubringen, die völlig unzureichend und nicht aufrichtig gemeint war.
Doch von seinen Verführungskünsten hatte er nichts verlernt, im Gegenteil. Lucy wußte-nicht, über wen sie sich mehr ärgern sollte: über Ivan, der versuchte, sie zu verführen, oder über sich selbst, weil sie sich so leicht verführen ließ. Denn sie konnte es nicht abstreiten, daß ein Teil ihrer selbst es kaum erwarten konnte, bis der Empfang vorüber wäre und die köstlichen Versprechungen, die in Ivans dunklen, glitzernden Augen gelegen hatten, sich erfüllen würden.
Ihr wollte keine passende Antwort einfallen, und da rief auch schon Valerie nach ihr. Dann schwangen die Flügel zur Halle auf und die junge Frau platzte in den Salon.
»Lucy, da bist du ja! - Ivan, wann bist du angekommen?«
»Vor ein paar Minuten«, antwortete Ivan. Er nahm Lucys Arm, und gemeinsam wandten sie sich der lächelnden Valerie zu.
»Ich bin so froh, daß du da bist«, strahlte diese und rief dann in die Halle: »James, James! Ivan ist doch noch gekommen!«
Ivan flüsterte Lucy ins Ohr: »Ja, ich bin hier, und daran solltest du den ganzen Abend denken.« Er reichte ihr die Rose. »Denk daran, was wir hier getan haben, und stell dir vor, was wir später tun werden.«
Er zog sie in die Halle hinaus, und Lucy ging willig mit ihm. Ihre Hand auf seinen Arm gelegt, boten die beiden das perfekte Bild eines vornehmen Paares. In Lucys Herz jedoch tobte der Aufruhr.
Am liebsten hätte sie Ivan in aller Öffentlichkeit für den Schmerz, den ihr bereitet hatte, geohrfeigt. Noch lieber jedoch hätte sie ihn die Stufen zu ihrem gemeinsamen Schlafzimmer hinaufgezerrt, um ihn all das tun zu lassen, was die Sinnlichkeit in seiner Stimme verheißen hatte.
In diesem Augenblick wußte sie nicht, ob sie ihn liebte oder haßte.
Lucy hielt die Rose so fest in der Hand, als sei diese ein Rettungsanker. Sie mußte Ivans herausfordernde Worte aus ihrem Kopf verbannen, sonst würde sie diesen Abend nicht überstehen.
Außerdem wollte sie ihren Zorn auf Ivan festhalten, wollte Ivan damit treffen. Aber sie konnte es nicht.
Was wir später tun werden . . .
Die Wahrheit war, daß sie später, während der kommenden Nacht, alle möglichen schlimmen Dinge, wundervollen Dinge tun würden, denn Lucy wußte, daß sie nicht in der Lage sein würde, ihm lange zu widerstehen.
Doch wenn er glaubte, einfach in letzter Minute her-einschneien zu können, zu tun, als sei nichts gewesen, und alles nach seinem Willen zu lenken, so sollte er sie gründlich unterschätzt haben.
Dieses Spiel konnte auch von zweien gespielt werden.
19
Sie lächelten, sie tranken, sie toasteten Valerie und James zu und hörten sich ihrerseits die Trinksprüche auf ihre eigene kürzlich erfolgte Heirat an. Sie unterhielten sich mit allen, und wenn die Anzahl der Gäste, die sich um drei Uhr morgens noch in Westcott House befanden, auf den Erfolg der Party schließen
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