Spiel Der Sehnsucht
scheinst deine ehelichen Rechte durchaus zu genießen. Nun, diese Rechte bringen auch eheliche Verpflichtungen mit sich, und eine davon ist die Sorge für deine Kinder.«
Ivan runzelte die Stirn. »Ich sagte bereits, daß ich dich nicht verlassen werde. Was willst du noch?«
Lucys Hände kneteten das Laken. »Ich möchte, daß du ein besserer Vater wirst, als es dein Vater war - und auch ein besserer Ehemann!«
»Vergleiche mich nicht mit ihm!«
»Dann benimm dich nicht wie er!«
Ivan starrte sie an, doch sie wich seinem Blick nicht aus. Er stieß einen Fluch aus und schüttelte den Kopf.
»Ich muß verrückt gewesen sein, als ich dich geheiratet habe.«
Er drehte sich um und wollte gehen, doch Lucy sprang aus dem Bett und packte ihn am Ärmel.
»Dein Vater und seine Mutter dachten, sie hätten das Richtige getan, als sie dich nach Burford Hall schickten.
Sie haben das nicht als Vernachlässigung, sondern als Privileg für einen Zigeunerbastard wie dich betrachtet.
Doch du hast es anders empfunden.«
Ivan schüttelte ihre Hand ab. »Ich werde ihrem Verhalten nicht nacheifern. Ich will dieses Kind nicht, das gebe ich zu. Ich wollte nie Kinder haben. Aber ich werde meine Pflichten ihm gegenüber erfüllen.«
Lucy stand barfüßig in ihrem weißen, bestickten Nachthemd vor ihm. Sie wußte, daß er nicht daran denken wollte, daß dieses winzige Wesen, das in ihr heranwuchs, zu einem lebenden, atmenden Kind werden würde, einem Kind, das zur Hälfte von ihm war. Doch sie wollte nicht aufgeben. »Ein Teil dieser Verantwortung besteht darin, dein Kind zu lieben. Deine Kinder«, fügte sie mit weicher Stimme hinzu. »Ich weiß, daß dir das schwerfällt, Ivan. Ich weiß, daß meine Schwangerschaft deine Pläne, dich an deiner Großmutter zu rächen, zunichte gemacht hat. Aber die Tatsache, daß du in wenigen Monaten Vater wirst, bleibt bestehen. Und wenn wir uns weiterhin ein Bett teilen, werden wir wahrscheinlich noch mehr Kinder bekommen.«
Sie hielt inne und wartete, was Ivan darauf antworten würde. In Ivans Wange begann ein Muskel zu zucken, aber er schwieg. Diese Verstocktheit entfachte Lucys Ärger. »Ich hoffe, daß du Manns genug bist, deinen Pflichten nachzukommen«, schloß sie in schärferem Ton.
Ivan sah aus, als wolle er sie auf der Stelle erwürgen.
Seine Hände ballten sich zu Fäusten, und seine Arme zitterten vor Anspannung. Doch er erwürgte seine Frau nicht. Er berührte sie nicht einmal. Statt dessen trat er einen Schritt zurück, als wolle er soviel Abstand wie möglich zu ihr halten.
»Die Unterschiede in unseren Ansichten - und unserer Erziehung - sind nie deutlicher gewesen als jetzt«, begann er. »Du glaubst, man kann einem Menschen die Liebe befehlen, weil es dessen Pflicht sei, zu lieben. Glaube mir, das ist nicht möglich. Wäre es möglich, so hätte ich meiner Mutter befohlen, mich zu lieben, anstatt mich zu verkaufen. Ich hätte meinem Vater befohlen, mich zu lieben oder mich zumindest anzuerkennen. Ich hätte meine Großmutter gezwungen, mich zu lieben oder mich zumindest ab und an zu besuchen. Aber als der hilflose kleine Junge, der ich war, konnte ich das ebensowenig zuwege bringen wie jetzt, da ich ein erwachsener Mann bin. Und du kannst es auch nicht. Also versuch es erst gar nicht.«
Ivans Worte waren wütend, sein Ton zornig. Doch seine kleine Ansprache erzürnte Lucy nicht. Statt dessen hätte sie am liebsten vor Mitleid geweint.
»Ich kann nicht glauben, daß deine Mutter dich wirklich verkauft hat«, sagte sie.
Ein bitteres Lächeln erschien auf Ivans Lippen. »Mach dir keine Sorgen. Ich bin sicher, sie hat mehr für mich bekommen, als meine Großmutter ursprünglich ausgeben wollte. Ich tröste mich mit dem Gedanken, daß ich zumindest ein gutes Stück Geld gekostet habe.«
Lucy ließ sich durch seine sarkastische Antwort nicht täuschen. Seine eigene Mutter hatte ihn verkauft. Auch wenn sie geglaubt hatte, das zu tun, was für ihn das Beste wäre, so mußte doch der Gedanke daran für Ivan äußerst schmerzhaft sein.
Ohne nachzudenken, ging Lucy auf ihn zu. Doch als sie seine Hand berührte, zuckte er zurück.
»Wir können morgen nach Somerset abreisen«, sagte er und wandte sich zum Gehen.
»Bitte geh nicht, Ivan. Bitte. Wir müssen miteinander reden.«
»Du brauchst Ruhe«, entgegnete Ivan. »Besonders in deinem Zustand.«
»Ich brauche keine Ruhe; ich bin nicht krank.«
»Heute morgen sah das aber anders aus.«
»Das ist nur eine vorübergehende
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