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Spiel Der Sehnsucht

Spiel Der Sehnsucht

Titel: Spiel Der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
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zu schlagen. Ihr tief in die Augen blickend, bewegte Ivan sein Bein, so daß sein Knie das von Lucy berührte.
    Lucy klopfte das Herz bis zum Hals. Aber genau das war es, was er beabsichtigte, ermahnte sie sich. Er wollte sie aus dem Gleichgewicht bringen, doch das würde sie nicht zulassen.
    »Wenn wir uns schon in diesem kleinen Wagen zusam-menpferchen müssen«, murmelte sie, »dann seien Sie doch wenigstens so gut, Ihr - Ihre Gliedmaßen bei sich zu behalten.«
    »Meine Gliedmaßen?« Ivan lachte boshaft und zeigte seine weißen Zähne. »Stimmt, wie konnte ich das nur vergessen? Das Wort ›Beine‹ auszusprechen, schickt sich nicht für eine Dame.« Er beugte sich ein wenig vor und streifte dabei Lucys Arm. »Sagen Sie, Lady Valerie, Sie sind doch mit einigen Brüdern aufgewachsen: Nennen Sie die unteren Extremitäten ›Beine‹ oder gebrauchen Sie eine Umschreibung?«
    Lucy spürte, wie Valerie zitterte. Oder war sie das selbst? Sie nahm die Hand des Mädchens und drückte sie. Obwohl sie wußte, daß Valeries Schüchternheit letzten Endes ihr bester Schutz vor dem teuflischen Charme des Grafen war, wünschte sie, daß Valerie gelegentlich mehr Rückgrat beweisen und Ivan mit einer kurzen, ver-
    ächtlichen Antwort in seine Schranken verweisen würde.
    Doch das war dem Mädchen nicht gegeben. Als Valeries Schweigen andauerte, ihre Wangen immer röter wurden und sie Lucys Hand beinahe schmerzhaft festhielt, wußte diese, daß es nun an ihr war, etwas zu sagen.
    »Lord Westcott, wenn Sie darauf bestehen, weiterhin über Themen zu sprechen, die die Empfindsamkeit einer jungen Dame wie Lady Valerie verletzen, so wäre es vermutlich besser, wenn Sie uns nach Hause brächten.«
    Sie hatten eben das Ende des Platzes erreicht, und Ivan bog in die Berkeley Street und von da in die Picadilly Street ein, als hätte er sie überhaupt nicht gehört. Daß er sie doch vernommen hatte, bewiesen seine nächsten Worte.
    »Sie müssen mir Gelegenheit geben, Miss Drysdale, herauszufinden, wo die Empfindsamkeiten meiner Kusine liegen. Obwohl wir verwandt sind, haben wir uns gerade erst kennengelernt. Ich konnte nicht wissen, daß sie nicht so frank und frei veranlagt ist wie Sie, und ich würde jede Wette eingehen, daß Sie selbst, wenn Sie nicht wie jetzt als Anstandsdame fungieren, ein Bein jederzeit ›Bein‹ nennen würden. Doch wenn Sie und Lady Valerie darauf bestehen, dann gebe ich nach. Ich gestehe: Eines meiner Gliedmaßen hat sich Ihnen genähert.«
    Er drückte sein Bein nochmals absichtlich gegen Lucys Röcke und grinste. Dann zog er es weg. »So, ist das besser? Jetzt gibt es keine Berührung mehr zwischen unseren Gliedern.«
    Wäre Lucy nicht durch die unmittelbare Nähe seiner starken, muskulösen Hüfte verunsichert gewesen, so hät-te sie sein Benehmen lediglich als die Neckerei eines jungen Mannes abgetan. Doch unter seinem Spötteln lag etwas Tieferes, Dunkleres. Etwas Maskulines, mit dem sie nicht so leicht fertig wurde, wie ihr lieb gewesen wäre.
    So blieb ihr nur zu hoffen, er würde mit seinen Spötte-reien aufhören, damit sie die Fahrt aufrechten Hauptes überstehen konnte.
    Entgegen ihrer vorherigen Einwände mußte Lucy zugeben, daß der Tag wie geschaffen war für die Fahrt in einem offenen Phaeton. Der Himmel war von einem lichten, klaren Blau, über das gelegentlich glänzend weiße Wolken zogen. Dazu wehte ein laues Lüftchen, und Lucy gestand sich ein, daß sie die Fahrt sehr genoß. An diesem Tag zeigte London sich von seiner schönsten Seite, ohne Nebel oder Rauch.
    Ivan meisterte die Braunen mit kräftiger Hand. Lucy hatte davon gehört, daß Zigeuner besonders gut mit Pferden umgehen konnten. Er hielt die Zügel leicht und doch kraftvoll. Fasziniert starrte Lucy auf seine Hände, bis ihr plötzlich bewußt wurde, was sie da tat. Sie wandte die Augen ab und räusperte sich.
    Während sie von der Picadilly Street zur Park Lane kutschierten, sprachen sie wenig. Lucy lenkte sich von Ivan Thornton ab, indem sie Valerie auf die wichtigsten Sehenswürdigkeiten hinwies.
    Während sie sich dem Stanhope Gate näherten, das in den Park führte, wurde der Verkehr immer dichter. Als sie jedoch das Tor durchfahren hatten, löste das Durcheinander sich zu einer schmalen Reihe von Phaetons, Kutschen, Landauern und sogar einigen Droschken auf, die hintereinander herfuhren. Wer nicht in einem Fahrzeug saß, ritt zumindest ein feuriges Pferd.
    Valerie riß staunend die Augen auf. Während ihrer ersten Saison

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