Spiel der Teufel
Hähnchenfleisch, obwohl sie keinen Hunger hatte, und ein
Kännchen Tee. Anschließend suchte sie Koljakow auf.
»Ich müsste noch mal kurz nach Hause fahren, mich umziehen.
Du hast doch gesagt, ich soll mich feinmachen. Ich bin in
spätestens einer Stunde wieder hier.«
»Liebste Elena, wir haben jetzt zwanzig vor eins, es reicht, wenn
du um drei hier bist. Möchtest du dir etwas Neues kaufen?«
»Nein«, antwortete sie lachend, »ich denke, so viel Aufwand
ist nicht nötig. Du wirst mich nachher nicht wiedererkennen.«
»Es war nur ein Angebot.«
»Mein Kleiderschrank quillt über, da hängen Kleider und Hosenanzüge,
die ich noch nie getragen hab.«
»Sei aber pünktlich. Und bitte kein Kleid, er steht auf eng geschnittene
Hosenanzüge und Blusen mit tiefen Dekolletes. Er
ist ein Genießer, aber das weißt du sicherlich längst. Tu ihm
und mir den Gefallen«, sagte er, während er mit seinen Blicken
ihren Körper abtastete.
Koljakow vertiefte sich wieder in seine Lektüre. Auch er schien
nervös zu sein, obwohl er keinen Grund dazu hatte. Elena
musste unwillkürlich lächeln und fragte: »Bist du nervös wegen
nachher?«
»Ach, wo denkst du hin, ich habe schon ganz andere Persönlichkeiten
getroffen. Es ist hoher Besuch, und ich möchte nur,
dass wir den besten Eindruck hinterlassen. Bist du aufgeregt?«
»Seh ich so aus?«
»Du bist wie immer die Ruhe in Person. Ich würde zu gerne wissen,
wie du das machst. Immer und überall, egal, was passiert.
Du musst mir irgendwann mal dein Geheimnis verraten.«
»Gerne.«
»Und jetzt lass mich bitte allein, ich möchte mich noch etwas
entspannen.«
Auf dem Weg zur Tiefgarage begegnete sie niemandem, auch
von Igor war nichts zu sehen. Wahrscheinlich hielt er sich im
OP-Bereich auf, wo er des Öfteren eingeteilt war, sich um das
Personal zu kümmern.
Zu Hause durchschritt sie das riesige, mit exklusivstem Mobiliar
ausgestattete Wohnzimmer, duschte, zog sich seidene Unterwäsche
mit einem Push-up-BH an, darüber eine weiße, tief ausgeschnittene
Bluse, die ihren jetzt noch voller wirkenden Busen
kaum verhüllte, einen dunkelblauen Hosenanzug und schwarze
Pumps und legte etwas Rouge und Lippenstift auf. Um Viertel
vor drei kehrte sie in die Klinik zurück, wo sie, wie es schien, bereits
von dem zunehmend nervöseren Koljakow erwartet wurde.
»Ich habe eben die Meldung erhalten, dass er pünktlich landen
wird. Igor ist schon auf dem Weg nach Holtenau.« Sein Blick
tastete Elena fast gierig ab, als er fortfuhr: »Du siehst bezaubernd
aus, einfach perfekt. Du wirst ihm gefallen, und er wird
es sich überlegen, ob er sich nicht lieber mit dir ... Ich rede
dummes Zeug, entschuldige. Und dieses Parfum! Du bist nicht
nur sehr klug, du hast auch Stil. Und diese Tasche - wie viel hat
sie gekostet, wenn ich fragen darf? Ich würde meiner Frau gerne
eine solche schenken, sie hat in zwei Wochen Geburtstag.«
»Ich weiß nicht mehr genau, ich glaube, sechzehn- oder siebzehntausend.
«
»Tja, jaja, so viel Geld nur für eine Handtasche. Was soll's, wir
arbeiten hart und gönnen uns doch sonst nichts. Allerdings frage
ich mich immer, wozu ihr Frauen solche Taschen braucht.
Da passt mehr rein als in meinen Kofferraum. Was hast du alles
da drin?«
»Du wirst sehr indiskret, wenn ich das bemerken darf. Willst
du einen Blick hineinwerfen?«, fragte sie spöttisch.
»Elena, Schatz, ich würde nie einer Frau in die Handtasche
schauen, es sei denn, sie wäre meine Feindin.« Er kam auf sie zu,
legte eine Hand auf ihre Schulter und sagte: »Ich bereue nicht
einen Moment, dich an meiner Seite zu haben. Ohne dich wäre
die Firma nur halb so viel wert. Das meine ich ernst. Die andere
Hälfte gehört mir. Meine Maxime ist, jeder ist austauschbar, aber
auf manche kann man nicht verzichten. Auf dich würde ich nie
verzichten wollen, eher würde ich Igor, Oleg und all die andern
in einer Holzkiste zurückschicken.« Er schenkte sich ein Glas
Wodka ein, trank es in einem Zug leer, stieß ein langgezogenes
»Ah« aus und stellte das Glas auf den Tisch.
»Möchtest du, dass ich hierbleibe, bis er kommt?«
»Nein, du könntest mir aber einen Gefallen tun und unten
noch einmal nach dem Rechten sehen.«
»Natürlich. Bis gleich.«
FREITAG, 9.10 UHR
Henning und Santos hatten Harms über den vergangenen
Abend Bericht erstattet, wobei sie sich auf das Wesentliche beschränkten
und nicht erwähnten, dass sie ein ungutes Gefühl
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