Spiel der Teufel
Leben! Woher hätte Gerd so viel Geld
haben sollen? Nein, nein, nein, du musst dich irren! Vielleicht
hat er sie bei E-Bay erstanden oder bei einer Auktion, aber er
hat bestimmt nicht zwanzigtausend Euro ausgegeben, dazu
kenne ich ihn viel zu gut. Er hat schon des Öfteren Schnäppchen
gemacht wie diese Couchgarnitur, die eigentlich zwölfoder
dreizehntausend hätte kosten sollen, aber das Möbelgeschäft
hat zugemacht, und er hat die Sachen für dreitausend
bekommen.«
»Das mit der Couchgarnitur mag ja sein. Aber glaub mir, die
Uhr ist mindestens so viel wert, es sei denn, es handelt sich um
eine Fälschung. Wir können das ganz leicht von einem Experten
überprüfen lassen. Was ist eigentlich mit dem Haus? Ist es
abbezahlt?«
Ninas Haltung straffte sich, ihr Blick, in dem auf einmal ein
gefährliches Feuer loderte, wanderte von Henning zu Santos
und wieder zu Henning, bevor sie leise, aber sehr scharf sagte:
»Worauf wollt ihr hinaus?«
»Beantworte bitte meine Frage. Ist das Haus abbezahlt oder
nicht?«
»Weißt du, Sören, ich hätte alles von dir erwartet, aber nicht so
was. Du denkst allen Ernstes, Gerd könnte korrupt gewesen
sein? Das ist doch der Hintergrund deiner Frage, oder?«
»Nina, bitte beruhig dich. Das ist nicht der Hintergrund meiner
Frage, wir müssen jetzt aber ganz schnell anfangen und
Gerds Leben durchleuchten. Ist das Haus abbezahlt?« Er nahm
wieder Platz und legte die Uhr auf den Tisch.
»Nein, natürlich nicht«, ereiferte sich Nina und sprang auf.
»Was sollen diese Unterstellungen?«
»Es sind keine Unterstellungen. Und jetzt hör mir bitte zu,
okay?«, sagte Henning und beugte sich nach vorn.
»Ich hab das Gefühl, ich dreh gleich durch. Könnt ihr euch
vorstellen, wie es in mir aussieht?« Sie stockte, trank einen weiteren Schluck von ihrem Bier und sagte mit einem verdächtigen
Zucken um die Mundwinkel: »Okay, ich versuche ganz ruhig
zu sein.«
»Danke. Nina, dieses Haus, die Uhr, der neue BMW, das sind
Dinge, die weder ich noch Lisa uns von unserem Gehalt jemals
leisten könnten. Seit wann hatte Gerd so viel Geld, um das
alles zu bezahlen? Ich kann mich nämlich noch daran erinnern,
wie ihr in einer kleinen Dreizimmerwohnung angefangen
habt und jeden Pfennig dreimal umdrehen musstet. Aber
dann habt ihr vor zwei Jahren dieses Haus gebaut, jetzt dieser
BMW, dazu hat er dir wertvolle Geschenke gemacht, und
wenn ich mich hier so umsehe, dann sehe ich eine ziemlich
teure Einrichtung ...«
»Und das fällt euch erst heute auf? Vorher habt ihr nie etwas
gesagt. Habt ihr euch euren Teil gedacht? Habt ihr gedacht,
Mann, die müssen aber viel Geld haben, wenn die sich das alles
leisten können? War es so? Natürlich war es so. Aber jetzt, wo
Gerd tot ist, da fällt euch das mit einem Mal auf, das heißt, ihr
sprecht es aus. Ich seh doch, was ihr denkt! Gerd war korrupt,
anders ist das alles nicht zu erklären. Wie Schlangen kommt ihr
aus euren Löchern gekrochen ...«
»Nina, stopp, das ist unfair! Wir ...«
»Unfair?! Nein, es ist unfair, was ihr jetzt macht. Ihr versucht
auf Gedeih und Verderb, Gerd etwas anzuhängen, was er bestimmt
nicht gemacht hat. Er hat es nicht verdient, dass man so
über ihn denkt. Er war ein guter Mann, das weiß ich, und das
wisst ihr auch ...«
»Das bestreiten wir auch gar nicht. Ich habe dir vorher gesagt, dass
einige Fragen unangenehm sein könnten, und du hast uns gestattet,
diese Fragen zu stellen. Wir sind nicht hier, um Gerds Ansehen
zu beschmutzen, wir sind hier, um seinen Mörder zu fassen. Und
dazu gehört leider manchmal auch, Angehörigen oder Freunden
wehzutun. Ich wünschte, ich könnte dir das ersparen.«
Für einen Moment herrschte Stille. Nina atmete ein paarmal
tief ein und sagte dann: »Es tut mir leid, ich wollte nicht so reagieren.
Ihr macht ja auch nur euern Job. Bitte verzeiht, ich bin
einfach nur fürchterlich traurig und durcheinander. Verzeiht
ihr mir?«
»Wir verstehen dich ja. Trotzdem, wir fragen uns, woher hatte
er das Geld? Hat er im Lotto gewonnen oder mit Aktien spekuliert?
«
Nina lief im Zimmer umher, lehnte sich an das Sideboard und
schloss die Augen. Sie atmete hastig und schüttelte den
Kopf.
»Ich habe mir nie Gedanken darüber gemacht«, antwortete sie
kaum vernehmlich. »Ich habe Gerd nie gefragt, wie viel er verdient.
Als er mir vor zwei Jahren sagte, er sei zum Hauptkommissar
befördert worden, dachte ich, er würde jetzt mehr Geld
bekommen.
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