Spiel der Teufel
sagte Igor: »Elena, würdest du bitte
nachsehen, ob Frau Mattern noch in ihrem Büro ist? Wenn ja,
dann schick sie nach Hause.«
Elena, eine attraktive, rassige Frau von vielleicht dreißig Jahren,
erhob sich, öffnete die Zwischentür und schüttelte den
Kopf.
»Sehr gut. Prof. Loose, lassen Sie uns nicht lange wie die Katze
um den heißen Brei gehen, so sagt man doch hier in Deutschland,
oder? Wir sind hier, weil wir Ihre Hilfe benötigen. Oder
um es anders auszudrücken, wir bitten Sie um Ihre Hilfe.«
Elena, die sich nicht wieder gesetzt hatte, sondern jetzt hinter
Loose stand, hatte die Arme verschränkt. Loose drehte sich zu
ihr um und sah wieder diesen leicht spöttischen Zug um ihren
Mund, der ihn nervös machte, so wie es ihn nervös machte, sie
in seinem Rücken zu spüren. Doch er wagte nicht, ihr das auch
zu sagen, denn sie versprühte etwas, das er nicht zu beschreiben
imstande war, aber für einen Moment verglich er sie mit
einer Schlange, die nur darauf wartete, ihre Giftzähne in die
vor ihr sitzende Beute schlagen zu können. Er schluckte, wobei
sein Adamsapfel auf und ab hüpfte, und sagte: »Um was
bitten Sie mich?«
»Nun, eigentlich ist es keine Bitte, verzeihen Sie, wenn ich
mich eben falsch ausgedrückt habe. Sie sind ab sofort bei uns
angestellt. Oder um es klarer zu formulieren, Sie werden ab
sofort für uns arbeiten.«
Loose wollte aufspringen, doch mit einem Mal spürte er Elenas
Hand auf seiner Schulter.
»Bleiben Sie sitzen«, waren die ersten Worte aus ihrem Mund,
seit sie bei Loose war. Sie hatte eine etwas rauhe und dennoch
sanfte, schmeichelnde Stimme, der etwas Kaltes, fast Eisiges
beigemischt war, genau wie ihren Augen, die Loose musterten,
als würde sie versuchen in seinen Kopf zu dringen, um seine
Gedanken zu lesen.
»Für wen soll ich arbeiten?«, fragte Loose und bemühte sich
dabei so gelassen wie möglich zu klingen, auch wenn Unsicherheit
und vor allem Angst sich wie eine stählerne Faust in
seinen Magen drückte.
»Für die Firma. Wir sind ein global operierendes Unternehmen,
und wir würden uns sehr geehrt fühlen, Sie als einen unserer
Mitarbeiter begrüßen zu dürfen.«
»Sie sind also nicht wegen Ihrer Mutter gekommen«, stellte
Loose fest.
»Korrekt. Meine Mutter kenne ich überhaupt nicht, ich bin in
einem Waisenhaus aufgewachsen. Aber das tut nichts zur Sache.
Wir sind allein wegen Ihnen hier. Und natürlich haben wir
auch kein Herz, entschuldigen Sie, wir haben schon ein Herz,
aber keins, das transplantiert werden kann, wenn Sie verstehen
«, sagte Igor, wobei er kurz und laut auflachte.
Elena stand plötzlich neben Loose, ihr Gesicht dicht an seinem,
so dicht, dass er ihren Atem auf seiner Haut spürte und
ein paar Spitzen ihrer dunklen, fast schwarzen Haare. Sie roch
angenehm, auch wenn es nur ihr Eigenduft war, kein Parfüm,
nicht einmal der Geruch von Seife, nur ihre Haut. Zu jeder anderen
Zeit hätte er versucht mit ihr zu flirten, mehr aber auch
nicht, denn er war glücklich verheiratet und noch nie fremdgegangen,
auch wenn sich ihm schon oft die Gelegenheit geboten
hatte. Er liebte seine Frau und seine Kinder und würde um
nichts in der Welt dieses Glück aufs Spiel setzen. Es war alles
gut so, wie es war, doch hier und jetzt war nichts, aber auch
rein gar nichts gut.
»Haben Sie verstanden, was mein Partner gesagt hat?«, flüsterte
sie ihm mit unverkennbar russischem Akzent ins Ohr.
»Ja«, war alles, was er herausbrachte. Die aufkeimende Angst
schnürte ihm die Kehle zu und ließ sein Herz schneller schlagen.
Ihm wurde mit einem Mal bewusst, dass mit den unheimlichen
Besuchern nicht zu spaßen war, und allmählich gewann
er den Eindruck, dass Elena die Gefährlichere von beiden war.
Erst hatte sie eine ganze Weile geschwiegen, nun übernahm sie
die Wortführung.
»Sehr gut. Und jetzt gehen wir ein wenig mehr ins Detail. Sie
sind ein exzellenter Transplanteur, wie wir erfahren haben.
Und genau so jemanden suchen wir. In Schleswig-Holstein
sind wir noch unterbesetzt, was gute Chirurgen betrifft. Ihre
Klinik ist berühmt für ihre Herzspezialisten, von denen Sie der
mit Abstand beste sind. Sie beschäftigen aber auch ganz hervorragende
Augenärzte, Neurologen und Mikrochirurgen,
aber die interessieren uns weniger. Wir sind bemüht, die Lücken
in bestimmten Bereichen zu füllen. Ein paar Ihrer werten
Kollegen stehen bereits in unseren Diensten, aber es fehlen
trotzdem noch gute
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