Spiel der Teufel
ein.
MITTWOCH, 8.45 UHR
»Moin«, sagte Henning, als er ins Büro kam, wo Harms und
Santos ein Gespräch führten und in seine Richtung blickten.
»Was Neues?«
»Hi«, wurde er von Santos begrüßt, »gut geschlafen?«
»Geht so«, entgegnete er wortkarg.
»Nein, nichts Neues«, sagte Harms, der an die Schreibtischkante
gelehnt dastand. »Lisa hat mir schon einen ausführlichen
Bericht über euren Einsatz letzte Nacht gegeben. Lassen wir
uns überraschen, was bei der Obduktion unserer unbekannten
Toten herauskommt.«
Henning hörte den Unterton in Harms Stimme. »Du meinst,
ob Jürgens etwas findet, das beide Morde in Zusammenhang
bringen könnte. Ich hoffe nicht, fürchte es aber. Und falls sich
meine Befürchtungen bewahrheiten, haben wir die Arschkarte
gezogen. Wissen wir schon irgendwas über die Identität der
Toten?«
»Null. Ich werde aber nachher mit dem Staatsanwalt sprechen
und fragen, ob wir ein Foto veröffentlichen ...«
»Hätte ich auch vorgeschlagen«, meinte Henning und holte
sich einen Kaffee, den Santos wie jeden Morgen frisch aufgebrüht
hatte, und setzte sich. »Allerdings sollten wir das Foto so
retuschieren, dass der Einschuss in der Stirn nicht sichtbar ist.
Wir werden auch keinem einzigen Reporter mitteilen, wie sie
gestorben ist. Sie ist einfach eine unbekannte Tote, die am Hafen
gefunden wurde.« Er nippte an dem noch heißen Kaffee
und stellte die Tasse auf den Tisch.
»Einverstanden. Glaubst du denn an einen Zusammenhang
zwischen den Morden?«, wollte Harms wissen und nahm hinter
seinem Schreibtisch Platz, während Santos am Fenster stand
und sich noch zurückhielt.
Henning ließ einen Moment verstreichen, bevor er antwortete:
»Ich dachte, ich hätte mich eben schon ziemlich deutlich ausgedrückt.
Ja, ich glaube an einen Zusammenhang. Aber bevor
wir hier leere Phrasen dreschen, ich habe eine Liste mit zweiundzwanzig
Punkten mitgebracht, die ich gerne mit euch
durchgehen würde. Das heißt, erst mal nur mit euch, bevor wir
die Kollegen einweihen. Ich will jetzt aber nicht alle Punkte im
Detail besprechen, sondern nur die wesentlichen. Okay?«
»Schieß los«, sagte Harms, der gespannt war, was Henning
vorbereitet hatte.
»Also, wir wissen, dass Gerds Suizid kein solcher war. Ich hab
mir natürlich Gedanken gemacht, und seit gestern Abend haben
sich mir immer neue Fragen aufgetan. Vor allem, als Konrad
sagte, dass er Gerd so gegen Viertel nach elf an der Ostseehalle
abgesetzt hat, fingen bei mir die Alarmglocken an zu läuten.
Und dann kam eins zum andern. Fakt ist, dass er Nina
angelogen hat, als sie um Mitternacht telefonierten. Er sagte
ihr, er sei noch im Dienst und könne nicht lange sprechen. Aber
er war nicht mehr im Dienst, zumindest offiziell nicht. Was
also hat er an der Ostseehalle gewollt, und was passierte in der
Zeit zwischen Mitternacht und seinem Tod? Nina behauptet,
er habe am Telefon ganz normal geklungen ...«
»Sie hat ihn angerufen?«, fragte Harms.
»So ist es.«
»Das heißt, auf seinem Handy. Wir können doch ganz leicht
überprüfen, wo in etwa er sich zu dem Zeitpunkt aufgehalten
hat. Ich werde das gleich veranlassen. Fahr fort.«
»Sollte er zu Hause gewesen sein, dann war vielleicht sein Mörder
oder seine Mörderin bei ihm. Ich weiß, ich weiß, ich spekuliere
im Augenblick noch, aber was, wenn er sich an der Ostseehalle
mit jemandem getroffen hat und mit dem- oder derjenigen
zu sich nach Hause gefahren ist? Lisa und ich waren
letzte Nacht bei Nina, um ihr noch ein paar Fragen zu stellen,
und ich kann dir sagen, wo Gerd wohnt, da sind nachts alle
Fenster verrammelt und die Rollläden runtergelassen. Das ist
eine Geisterstadt. Sollte Gerd jemanden mitgebracht haben,
dann hat das garantiert kein Mensch gesehen. Dennoch sollten
wir, wie ich bereits gestern vorschlug, sämtliche Nachbarn befragen,
vielleicht ist ja doch einem etwas aufgefallen, oder jemand
hat was gehört. Außerdem möchte ich wissen, was die
Nachbarn über Gerd und seine Familie zu sagen haben. Letzteres
sollte jedoch so diskret wie möglich geschehen. Ich
möchte Nina so weit es geht da raushalten, obwohl sie's wahrscheinlich
sowieso erfahren wird. Ist auch egal«, winkte er ab
und holte die drei Seiten, die er vom Block abgerissen hatte, aus
seiner Jackentasche.
»Es gibt im Prinzip drei Punkte, die für mich wesentlich sind.
Wenn euch noch weitere einfallen, okay. Punkt eins: Gerd hatte
mehr Geld als für
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