Spiel der Wölfe - Briggs, P: Spiel der Wölfe - Hunting Ground (Alpha & Omega 2)
sagte Charles nachdenklich. » Vielleicht war es doch nicht nur Show. Die Vampire wussten es vielleicht nicht– aber sie stehen unter Befehl.« Er schaute zu Anna. » Ich glaube trotzdem, dass du Recht hast. Aber ich denke, es war auch symbolisch gemeint. Ein blutiges Ende für die Bestie. Nicht aus Wut– denn dann hätte der, der hinter all dem hier steckt, es selbst getan. Aber es gibt eine Verbindung zwischen Chastel und dem Mann, der das hier angeordnet hat.«
Anna erinnerte sich an das, was der Marrok gesagt hatte. » Vielleicht will der Killer nicht Chastels Platz in der europäischen Hierarchie einnehmen. Das würden sie erwarten, oder? Dass der Werwolf, der Chastel tötet, an seine Stelle tritt und seinen Platz einnimmt– dass er der Marrok von Europa werden muss? Selbst wenn es keine richtige Herausforderung war.«
Charles lächelte ein wenig– was nicht angemessen war, nicht in diesem Raum–, aber er war schon sehr lange ein Werwolf und hatte wahrscheinlich nicht mehr ihre noch menschliche Reaktion auf Blut. » Du hast mich vor einem schlimmeren Schicksal bewahrt, als du wusstest, als du mich heute Abend davon abgehalten hast, ihn zu töten. Ich habe keinerlei Bedürfnis, den Job meines Vaters zu machen.«
» Ich habe noch eine Frage«, sagte Anna und sah sich ein letztes Mal im Zimmer um. Sie musste hier raus. Vielleicht würde es ihr nicht so viel ausmachen, wenn sie in Wolfsgestalt wäre, aber ihre Augen wanderten immer wieder zu Chastels Kopf– und seine toten Augen starrten direkt zurück.
» Ja?«
» Warum haben sie Michel am Leben gelassen?«
» Ich glaube nicht, dass sie das vorhatten«, sagte Angus. » Ich glaube, sie haben ihn für tot gehalten. Er ist in ziemlich schlechter Verfassung– aber er ist klug und daran gewöhnt, vorzugeben, schlimmer verletzt zu sein, als es tatsächlich der Fall ist.«
Was das anging, wusste Anna Bescheid. Wenn sie dachten, sie hätten einem schon beim ersten Mal die Knochen gebrochen, schlugen sie vielleicht kein zweites Mal zu.
» Das war alles«, sagte sie und verließ schnell den Raum. » Das ist alles, was ich tun kann.« Und sie rannte zum Bad, an dem sie auf ihrem Weg ins Haus vorbeigekommen waren. Der Kaffee war nicht lang genug in ihrem Magen gewesen, um beim zweiten Mal schlecht zu schmecken. Wenigstens hatte sie nichts gegessen.
Sie griff sich ein sauberes Handtuch und durchnässte es mit kaltem Wasser. Als sie fertig war, hob sie einen Fuß nach dem anderen und säuberte ihre Schuhsohlen. Sie waren aus Leder und erst ein paar Wochen alt, und das Blut hatte nicht lange daran geklebt. Überwiegend ließen sie sich säubern.
11
M ichel ging es schlecht. Schlecht im Sinne von fast tot. Und er würde in absehbarer Zeit niemandem irgendwas erzählen. Alan hatte ihn in einem Krankenhausbett– einem Käfig im Keller seines Hauses– untergebracht. Der Käfig war notwendig, weil ernsthaft verletzte Werwölfe, wenn sie nicht von dominanteren Wölfen betreut wurden, zur Aggressivität neigten.
Es war wahrscheinlich sinnlos, mit ihm zu reden, bevor er einen Tag oder mehr gehabt hatte, um zu heilen, entschied Charles. Also würde er morgen einen der anderen französischen Werwölfe mitnehmen, um mit Michel zu sprechen.
Anna wirkte müde und krank– angewidert, korrigierte er sich selbst. Sie hatte Recht gehabt. Der Horror des Szenarios war an ihn verschenkt und wahrscheinlich auch an Angus. Wenn das Ausnehmen stattgefunden hätte, als Chastel noch am Leben war… vielleicht hätte es ihm dann mehr ausgemacht. Wenn es jemand gewesen wäre, der ihm etwas bedeutete oder den er hätte beschützen müssen– dann wäre es etwas anderes gewesen.
Aber Anna war jung und trotz ihrer schweren ersten Jahre als Werwolf gab es eine Menge, das sie noch nicht gesehen hatte– oder vielleicht lag es auch einfach daran, dass sie den Tatort eines Mordes betrachten konnte und nicht an Frühstück dachte.
» Angus, wir fahren zurück zum Hotel, um noch ein paar Stunden Schlaf zu bekommen. Würdest du mich anrufen, wenn die Putzaktion beendet ist?«
Angus– der wieder am Telefon war– winkte seine Zustimmung, und Charles berührte Anna an der Schulter, um sie in Bewegung zu setzen.
» Ich dachte, wir wollen noch mit Michel reden?«, fragte Anna.
» Nicht heute Nacht. Ich will ihm etwas Zeit geben, sich zu erholen. Ich bin davon überzeugt, dass es die Vampire waren. Ich war es nicht. Ich sehe nicht, wie Michel es hätte tun können. Selbst wenn er einen
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