Spiel des Lebens 1
andere Möglichkeit? Und irgendwie spürte sie, dass Ryan es ernst meinte. Und dass sie ihm vertrauen konnte.
»Und?«, fragte sie. »Kommst du an diesen Dr. Johnson ran?«
»Ich frag morgen den Prof«, versprach er. »Der kann sicher den Kontakt herstellen. Und dann kannst du ja immer noch überlegen, ob du das machen willst. Okay?«
Sie nickte. »Okay.«
Sie drückte seine Hand noch mal fest. Sie saßen schweigend auf dem Bett, und die Wärme tat gut, die, die seine Hand ausströmte, ebenso wie die Wärme der Tasse mit dem Tee, den er für sie gekocht hatte. Und beides ließ sie die Schrecken und das Dunkel der vergangenen Tage und der Nacht ein wenig vergessen.
23
TAG 5: 5. September 2011
Er lehnte sich gegen den riesigen Holztisch und ließ seinen Blick über die glänzenden Oberflächen der Designerküche gleiten. Hier hatte Emily gestern mit ihren Eltern gefrühstückt. Wenn sie wüssten, wer hier in ihrer Wohnung stand, im Allerheiligsten, das so gut abgesichert war, wie man es bei reichen Leuten in Notting Hill nur erwarten konnte, dann würden sie künftig nicht mehr so tief und fest schlafen.
Wenn die Kriminellen und die Einbrecher aufrüsteten, das wusste er, dann rüsteten die Reichen nach. Hinter jedem großen Vermögen steckt ein Verbrechen, hatte mal irgendwer gesagt, und wer sollte besser wissen, wie Verbrechen funktioniert, als die, die ein riesiges Vermögen hatten?
Die Villa hatte alles. Sie war wie eine Festung, die jeden Einbrecher immer tiefer in sich hineinlockte und irgendwann die steinernen Kiefer krachend zuschnappen ließ. Jede Sicherheitsvorkehrung gab es hier, darauf hatte Thomas Waters geachtet, wahrscheinlich unterstützt von seiner etwas hysterischen Frau Patricia, die schon immer paranoid gewesen war. Es gab einen Panikraum, in dem man sich einschließen konnte, bis die Polizei da war, mit Nahrungsvorräten, Satelliten-Telefon und kugelsicherer Tür. Es gab überall Bewegungsmelder, die auch noch so eingestellt waren, dass sie erst bei einer gewissen Größe und bei Lebewesen, die auf zwei Beinen liefen, aktiv wurden, schließlich sollte nicht wegen jedes im Garten herumhoppelnden Kaninchens oder Eichhörnchens Alarm geschlagen werden. Es gab eine Kamera, die, wenn niemand da war, alle Räume des Hauses vierundzwanzig Stunden am Tag filmte und die Aufnahmen einen Monat lang auf einem externen Server speicherte. Es gab eine dreieinhalb Meter hohe Schwarzdornhecke vor der Backsteinmauer, die noch ein wenig höher als die Hecke war und auch höher als die meisten anderen Mauern und Hecken in diesem Viertel. Mr und Mrs Waters wussten offenbar: Den letzten beißen die Hunde, und die mit der niedrigsten Mauer werden als Erste überfallen.
Er schaute auf den Flurplan des Hauses und des Gartens, während er darauf wartete, dass der Kaffee aus der großen silbernen Espressomaschine fertig war. Er studierte die Stellen, an denen die Farbspritzen in die Mauer eingebaut waren, Farbspritzen, die jeden Einbrecher sofort mit Signalfarbe bekleckerten, sodass er sich nicht mehr unter Leute trauen konnte. Unten im Wohnzimmer und im Vorraum waren dazu noch mehrere kleine Fallen eingebaut, eine Maschine, die Rauch und Nebel spuckte, und ein Stroboskop, das den Raum bei Nacht in eine rauchgehüllte Hölle aus Blitzen verwandelte, während ein furchtbarer, lauter Piepton ertönte, der jeden Einbrecher hustend, halb blind und taub und ohne Orientierung dastehen ließ, sodass er sich nur noch wünschte, endlich dieses Haus verlassen zu können, wenn auch in Handschellen der Polizei.
In vielen Ländern der Welt, von Brasilien bis Asien, gab es sogenannte »Gated Communities«, Viertel der Reichen, die von Mauern umschlossen und von privaten Sicherheitsleuten bewacht waren. Doch die Technik war immer der bessere Verbündete. Die Wächter, die fast immer selbst aus den ärmeren Schichten kamen, verschworen sich nur zu gern gegen ihre reichen Herren und gaben denen gegen Provision Einlass, die eigentlich nicht hereingelassen werden sollten. Die Technik dagegen war unbestechlich. Sie hielt ihr Wort. Sie hatte nur einen Nachteil: Derjenige, dem zufällig die Firma gehörte, die diese Technik herstellte, konnte überall jederzeit einsteigen.
So wie er.
Er pfiff durch die Zähne, und der Yorkshire Terrier kam angelaufen. Drake. Er mochte den kleinen Hund, der einen GPS -Chip implantiert hatte, damit die Besitzer immer wussten, wo er sich aufhielt. Nachdem Kidnapping, das Entführen von Kindern reicher
Weitere Kostenlose Bücher