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Spiel des Lebens 1

Spiel des Lebens 1

Titel: Spiel des Lebens 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Etzold Veit
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abgeblieben ist«, hatte er erklärt.
    Vor Emilys Augen waren die gigantischen Wolkenkratzer Dubais aufgetaucht, die ihr Vater ihr einmal auf einem Foto gezeigt hatte.
    Und Mary Lawrence hielt sich irgendwo dazwischen versteckt.
    »Wir klappern die Hotels dort ab, das kann aber dauern«, sagte Carter. »Und falls sie bei irgendwelchen Freunden untergekommen ist, wird es noch schwieriger.«
    Mary Lawrence nach Dubai geflohen . Aus Angst?
    Das bedeute nicht nur, dass eine weitere Zeugin, die ihr etwas über ihre Vergangenheit hätte erzählen können, verschwunden war. Es bedeutete auch, dass dieser Irre offenbar wirklich gefährlich war, wenn Leute bis nach Dubai oder noch weiter vor ihm flüchteten.
    Aber viel wichtiger war, welche Rolle diese Frau in ihrer Vergangenheit spielte. Wo war der Zusammenhang? Emily hatte noch keine Entscheidung darüber getroffen, wann sie ihre Eltern zur Rede stellen würde. Oder ob sie das überhaupt wollte. Im Moment herrschte Funkstille zwischen ihnen. Vermutlich wäre es das Klügste, einfach mit ihnen zu sprechen – ihren Vater nach seiner früheren Sekretärin zu fragen. Aber aus irgendeinem Grund konnte sich Emily nicht dazu überwinden. Zu tief saß die Verletzung, dass ihre Eltern ihr etwas verheimlichten. Was hatten sie da so geheimnistuerisch besprochen, als sie ihre Mutter über das Mikrofon der Alarmanlage belauscht hatte? Und zu groß war die Angst davor, dass sie sie wieder anlogen.
    Also musste Emily sich selbst helfen.
    Musste das zutage fördern, was tief in ihr verborgen war, um das Rätsel zu lösen.
    Deswegen war sie hier.
    Bei Dr. Johnson.
    Aus diesem Grund hatte sie überhaupt erst der Sache mit der Hypnose zugestimmt.
    Die Praxis von Dr. Johnson lag an der South Bank, nahe der London Bridge, und aus dem großen Fenster seines Büros hatte man einen grandiosen Blick auf die Themse, das Nordufer, die Wolkenkratzer des Bankendistrikts und auf St. Paul’s Cathedral, deren Kuppel sich aus dem Häusermeer erhob und bei Emily nicht nur schöne Erinnerungen weckte.
    »Irgendetwas ist da in Ihnen«, wiederholte Dr. Johnson und blickte Emily unverwandt an. Emilys Vater hatte gesagt, dass jeder Psychiater selbst eins an der Klatsche haben musste, da er ansonsten seine Patienten nicht verstehen würde. So ähnlich wie ein guter Feuerwehrmann, dem auch schon mal die Bude abgebrannt sein musste. Wahrscheinlich hatte ihr Vater recht gehabt.
    Dr. Johnson, etwa Anfang sechzig, hatte wirre, schulterlange Haare und einen etwas struppigen grauen Kinnbart, der ihm das Aussehen eines Ziegenbocks verlieh. Der teure, marineblaue Nadelstreifenanzug und die glänzenden Manschettenknöpfe seines Hemdes wirkten zu seinem restlichen Erscheinungsbild völlig fehl am Platz. Riesige Bücherregale erhoben sich bis zur Decke, auf denen Bücher jeder Größe und jedes Alters standen.
    Er hatte Emily und Ryan mit einer dezenten Höflichkeit begrüßt, bei Emily sogar eine leichte Verbeugung vollführt und dann Ryan vor die Tür geschickt.
    Das, was hier besprochen werde, sagte er, ginge nur ihn und Emily etwas an. Beziehungsweise eigentlich nur Emily.
    Der Geruch von Räucherstäbchen hing in der Luft, was überhaupt nicht zu seinem Nadelstreifenanzug passen wollte, genauso wenig wie die merkwürdige Krawatte, die nicht dezent gemustert war, wie sie erst angenommen hatte, sondern lauter kleine Tim-und-Struppi-Figuren zeigte.
    Tim und Struppi als Krawattenmuster. Merkwürdigerweise war es dieses Detail, das ihr plötzlich Vertrauen einflößte und ihre Bedenken in den Hintergrund drängte. Und obwohl sie es vorher nie für möglich gehalten hätte, fiel es ihr nach anfänglichem Stocken sogar leicht, diesem Fremden ihre Geschichte zu erzählen. Sie merkte, dass es ihr half, wenn sie sich öffnete, dass es vielleicht alles erleichtern konnte, wenn Dr. Johnson so viel wusste, wie er wissen musste.
    Sie hatte kein Detail ausgelassen, weder die versuchte Vergewaltigung in der U-Bahn noch Jack Barnville oder die Nacht im Keller. Und sie hatte ihm von den Bildern erzählt, die sie immer sah, die Luftballons und die Sternennacht von van Gogh, nicht zu vergessen die Übereinstimmung in Jack Barnvilles Apartment. Johnson hatte die ganze Zeit aufmerksam zugehört und sich dann und wann ein paar Notizen in ein abgewetztes Lederbuch gemacht. Als sie fertig war, hatte er etwa zwei Minuten regungslos an die Stuckdecke gestarrt. Emily dachte schon, er wäre mit offenen Augen eingeschlafen oder hätte sich selbst

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