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Spiel des Lebens 1

Spiel des Lebens 1

Titel: Spiel des Lebens 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Etzold Veit
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zu den Obdachlosen, die am Freitagabend aus den U-Bahn-Schächten gekommen waren.
    »Das klingt nach drakonischer Strafe«, meinte Emily. »Und was ist mit diesen ›Neun Mal die Zeit‹ gemeint?«
    Ryans Finger zog über die Kommentare am unteren Ende der Seite. »Hier steht, dass die von Gott verstoßenen Engel und Satan neun Tage lang fielen, bis sie vom Himmel in der Hölle gelandet waren.«
    »Neun Tage gefallen?« Emily pustete in den heißen Kaffee. »Wow! Wie hoch muss das denn gewesen sein?«
    »Mal schauen … « Ryan klickte zu Wikipedia, zog dann sein Handy hervor und schaltete die Taschenrechnerfunktion ein. »Hier steht, dass die Erdanziehungskraft, also ›G‹ 9,81 Meter pro Sekunde beträgt. Sagen wir mal der Einfachheit halber zehn Meter. Das sind dann sechshundert Meter pro Minute und sechsunddreißigtausend Meter pro Stunde, also sechsunddreißig Kilometer. Bei vierundzwanzig Stunden pro Tag sind das dann achthundertvierundsechzig Kilometer am Tag und bei neun Tagen … «, er tippte auf dem Taschenrechner herum, »sind das 7776 Kilometer. Wow!«
    Emily schüttelte sich. »Stelle ich mir nicht so angenehm vor, fast achttausend Kilometer zu fallen.«
    »Tja, Strafe muss sein, hat sich Gott wohl gedacht.« Er stand auf und streckte die Arme zur Decke. Irgendwo in einiger Entfernung schlug eine Kirchturmuhr. Dann setzte er sich wieder hin und stellte die zwei leeren Kaffeebecher nebeneinander, als wollte er damit Hütchen spielen wie einer dieser Gauner, die immer an der Westminster Bridge herumlungerten. Dann blickte er wieder in das Buch.
    »›Zwischen Himmel und Hölle ist der bodenlose Abgrund des Chaos‹«, las er vor. »Und die Hölle gilt als der Ort, der am weitesten von Gott entfernt ist. Und das waren nach damaliger Schätzung offenbar fast achttausend Kilometer.«
    Emily legte den Kopf schief. »Und jetzt ist Satan da unten? Und was macht er da? Schau mal weiter!«
    Ryan schob die Becher beiseite und blätterte durchs Buch. »Also, hier sitzt Satan jetzt mit seinen Jungs in der Hölle und grübelt herum, was alles so schiefgelaufen ist.
    Zu größter Qual
    War er verdammt, nun martert der Gedanke
    Verlorenen Glückes ihn und ewige Pein;
    Die düsteren Augen wirft er rund umher,
    Die Angst und tiefe Traurigkeit verraten.
    Nur endlos grimme Pein
    Mischt sich der Feuerglut, genährt von Schwefel,
    Der ewig brennt und nimmer sich verzehrt.«
    Emily schaute angestrengt in die Tiefen des Lesesaals, während sie Ryans Worten zuhörte.
    »Klingt alles ziemlich ausweglos«, sagte Ryan.
    Das fand Emily auch. Genauso ausweglos schien es auch zu sein, daraus mal irgendetwas über die Motivation dieses Irren zu finden, warum er nun gerade John Milton und Paradise Lost für seine Hetzjagd ausgesucht hatte. War dieser Wahnsinnige selbst verstoßen worden? Aber wohin? Und von wem? Und, was zum Teufel, hatte Emily damit zu tun?
    »Hier steht was Interessantes«, sagte Ryan und las weiter. »›Milton hat sich bei der Beschreibung des Satans von den mittelalterlichen Bildern des Teufels entfernt. Miltons Satan ist eher ein schöner, erhabener und tragischer Held, deswegen haben wohl die Zeitgenossen auch gesagt, Milton wäre Satanist. Im Mittelalter war die Beschreibung des Teufels noch ganz anders. Bei Dantes Göttlicher Komödie zum Beispiel ragt der Teufel fünfhundert Meter aus dem Eis heraus und überwacht von dort aus die neun Stufen der Hölle mit seinen sechs Augen, wie eine Spinne in einem riesigen Netz. Gleichzeitig kaut er mit seinen drei Mündern auf den drei größten Erzsündern der Menschheit herum.‹«
    »Igitt«, sagte Emily. »Und wer waren diese Erzsünder?«
    Ryan lächelte. »Die Story hat mir auch mein Großvater mal erzählt. Es waren die Cäsarmörder, Brutus und Cassius, und natürlich der Verräter an Jesus Christus, Judas Ischariot.«
    »Spannend«, murmelte sie. »Aber wir wissen immer noch nicht so recht, was das mit unserem Irren zu tun hat.«
    Sie blickte noch einmal auf den Text. »Da hinten ist doch so eine Art Zusammenfassung, oder? Diese Verse sind ja schön, aber doch ein wenig mühsam. Blätter mal weiter.«
    Ryan blätterte, wie ihm befohlen, nach vorn, und seine Augen flogen angestrengt über den Text. Sie schaute ihn an, während er auf die Seiten starrte. Sie mochte ihn noch mehr, wenn er so angestrengt nachdachte, irgendwie machte ihn das noch attraktiver.
    »Hier steht es«, sagte er. »Satan und die gefallenen Engel sind an einem Ort absoluter Finsternis ohne

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