Spiel des Lebens 1
an diesen netten Polizisten, der nach dem Bombenanschlag noch einmal dein Handy haben wollte, um den, sagen wir mal, Anrufer, also mich, zu enttarnen?« Er verzog höhnisch das Gesicht. »Den Irren? «
Da war die Erinnerung plötzlich da, und die Szene von heute Nachmittag blitzte vor Emilys innerem Auge auf, als würde sie gerade wieder vor dem College stehen, inmitten der Studenten, der Rauchwolken und der Anweisungen brüllenden Feuerwehrmänner.
»Kann ich noch einmal Ihr Handy haben, Ms Waters?« Ein Polizist in Zivil war aufgetaucht, ein wenig ungepflegt, aber das war Emily in dem Moment gar nicht aufgefallen. »Haben Sie das Handy von dem Irren lokalisieren können?«, hatte sie gefragt.
Sie hatte nicht eine Sekunde nachgedacht, sondern es ihm gegeben. Wie naiv sie gewesen war.
Und welch selten dumme Frage an gerade diesen Typen, der mit dem Irren zusammenarbeitete. Aber das hatte sie da natürlich noch nicht gewusst.
»Leider nicht«, hatte der Beamte gesagt, der gar keiner gewesen war. »Wir müssen noch einen zweiten Weg versuchen und dafür müssen wir kurz in die CPU ihres Handys.«
»Wenn es hilft«, hatte sie erwidert und dem Mann das Gerät gegeben.
»Danke, bekommen Sie gleich zurück!« Das war Jonathan, der sie grinsend anblickte. »Das waren die Worte des … nicht ganz echten Polizisten. Simon«, sagte Jonathan dann in den Raum hinein. »Simon, komm doch mal her.«
Einer der Squatter betrat den Raum, und Emily erkannte sofort sein Gesicht. Das war der Kerl, dem sie das Handy gegeben hatte. Er grinste schief und machte eine ungelenke Verbeugung, bevor er wieder in der Dunkelheit des Nebenraums verschwand.
»Ihr, ihr«, stotterte Emily, »ihr habt – «
»Die SIM -Karte ausgetauscht?«, fragte Jonathan. »Ganz genau.« Er legte einen Fuß auf den Tisch. Unwillkürlich fiel Emily ein, dass ihre Mum ausrasten würde. Niemand durfte in der Villa die Füße auf den Tisch legen. Wirklich niemand. Aber Emilys Mum war leider nicht hier, um das zu verhindern. Und auch sonst niemand.
»Du«, sagte Jonathan und zeigte auf Emily, »hattest noch all deine Kontakte in deinem iPhone und konntest jeden anrufen. Allerdings nicht mit deiner Nummer. Damit das nicht auffällt, haben wir das Anrufsignal in deinem Handy unwiderruflich anonymisiert.«
Der Anruf bei ihrer Mutter, dachte Emily. Vorhin im Wohnheim.
»Emily, wieso rufst du mich mit unterdrückter Nummer an?«
Seine Mundwinkel hoben sich weiter zu einem selbstgefälligen Lächeln.
Das war unglaublich. Und da Jonathan die SIM -Karte von Emilys Handy hatte, konnte er …
Sie sprach den Gedanken laut weiter.
»Und da du die SIM -Karte meines Handys hattest, konntest du per SMS meine Eltern verständigen und die Nummer, die angezeigt wurde … «
Er beendete den Satz. »War die von … « Er streckte den Zeigefinger nach ihr aus, wobei er den Daumen nach oben hob, als wollte er eine Pistole imitieren.
»… dir!«
Dieser verdammte, verfluchte, raffinierte Mistkerl. Er hatte die ganze Zeit SMS mit Emilys Mutter ausgetauscht und hatte sie wahrscheinlich irgendwo hingelotst, wo er sie hinhaben wollte.
Könnt ihr nicht ins Wohnheim kommen?
Aber Em, du wolltest doch nach Hause kommen.
Nein, wir treffen uns hier im Wohnheim.
Warum erreichen wir dich nicht?
Telefoniere gerade mit der Polizei, ist wichtig, kann jetzt nicht die Leitung wechseln.
Okay, Kleines, wir sind schon unterwegs.
So oder so ähnlich war es wohl gelaufen.
»Bevor du fragst«, sagte Jonathan und nippte wieder selbstzufrieden an seinem Whisky. Emily hatte von ihrem erst einmal getrunken und saß auf dem vordersten Zehntel der Sitzfläche des Sessels. »Wir haben deine neue SIM -Karte so eingestellt, dass wir Anrufe von dir unterbinden konnten. Nicht nett, oder?«
Emily schüttelte ausdruckslos den Kopf. Darum hatte sie auf dem Weg in die Villa ihre Mutter nicht erreicht. Und sie war natürlich wieder zu stolz, nein, zu feige gewesen, einen Passanten zu fragen, ob sie sein Handy benutzen durfte. Und Jonathan, durchtrieben wie er war, hatte mit Sicherheit damit gerechnet.
Nicht nett, oder?
»Wer schlau ist, ist nicht immer nett«, sagte Jonathan.
»Was ist mit Julia?«, platzte es plötzlich aus Emily heraus.
»Was soll mit der sein?«
»Was hast du mit ihr gemacht?«
Jonathan stellte das Whiskyglas auf den Tisch und legte die Fingerspitzen aneinander. »Aber was denkst du denn von mir? Was soll ich mit ihr gemacht haben?« Er lachte. »Sagen wir mal so: Sie war meinem
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