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Spiel des Todes (German Edition)

Spiel des Todes (German Edition)

Titel: Spiel des Todes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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den Wendelstein mit der Zahnradbahn und die Hochsalwand. Ottakring besaß
noch Kinderfotos, wie er mit seinen Eltern Urlaub im Brannenburger
Posterholungsheim machte und neben einem Eimerchen im Sand saß und lachend eine
Schaufel in die Kamera hielt. Das frühere Posterholungsheim wurde heute von
einer Gewerkschaft betrieben und lag wenige Höhenmeter unter ihnen an der
abwärtsführenden Schrofenstraße.
    Ottakring legte sich im Bett zurück. Sein rechter Arm ragte schlaff
unter der Bettdecke hervor. Er nahm den Blick von Lola und starrte zur Decke.
    Die Fälle, die er bisher als Leiter K 1 gelöst hatte, waren
spektakulär gewesen. Den letzten hatte er gestern Abend mit dem Schriftsteller
begossen, der die Romane aus seinen Fällen machte und darüber geschrieben
hatte. Er war froh gewesen, als er – sehr spät allerdings – den Typ mit der
schiefen Nase und den Tränensäcken wieder los war.
    Nun überlegte er, wohin er mit Lola in den Urlaub fahren würde. Sie
stand auf Kurztrips und Städtereisen – Berlin vielleicht, London oder New York.
    Das Festnetztelefon rappelte.
    »Herr Ottakring, Herr Ottakring, san Sie z’Haus?«
    »Huawa, geh. Wo soll ich denn sonst sein, wenn ich hier den Hörer
abheb? Was gibt’s denn? Sie wissen, dass ich Urlaub hab?«
    »Ja, scho. Aber ich soll alle z’sammtrommeln, die an der Besprechung
teilnehma soin.«
    Ottakring schwante nichts Gutes. »Was für eine Besprechung denn?
Gibt’s einen neuen Fall?«
    »Na, koan neia Fall net. Aber der Herr Präsident mecht, dass Sie
dabeisan.«
    Als Ottakring aus der Dusche kam, sah er aus wie ein Krebs. Zu lange
zu heiß geduscht. Er hatte gerade den Rasierer angesetzt und sich gewundert,
dass Lola nicht aufwachte, als er den Einsatzwagen kommen hörte.
    Lola stand auf einmal hinter ihm. Sie schmiegte sich nackt an ihn.
»Was ist denn?«, fragte sie verschlafen.
    »Keine Ahnung. Ich soll ins Präsidium. Scheint wichtig zu sein.«
    Lola trat vor ihn hin. Sie sah ihn ängstlich und unglücklich an.
    Ottakring legte die Hände an ihre Hüften. »Was ist, Liebstes? Was hast
du?«
    »Joe«, sagte sie. »Ich habe Angst.«
    Er schüttelte den Kopf. »Blödsinn«, sagte er leise. »Warum solltest
du Angst haben?« Er sah im Zimmer umher. »Alles ist sicher hier. Ich bin bei
dir. Wir haben Urlaub. Wir werden verreisen. Du bist’s bloß nicht gewohnt,
nicht zu arbeiten. An einem Werktag spät aufzustehen. Rumzuhängen.« Dann küsste
er sie auf den Mund.
    Doch der Eindruck blieb. Lola machte eine Miene, als ahne sie eine
drohende Katastrophe voraus.
    »Meinst du wegen der Gschicht mit der Russenmafia?«, fragte er. »Das
ist doch endgültig vorbei, und Chili ist wieder auf dem Damm. Die
Schussverletzung ist verheilt. Vergiss es, Lola.«
    »Aber warum …«
    »Ich fahr jetzt ins Präsidium, Liebes. Keine Ahnung, was da los ist.
Gegen Mittag bin ich bestimmt zurück.«
    Er gab ihr einen letzten Kuss und stieg die Treppe nach unten.
    Huawa rief über den Zaun. Huawa, der eigentlich Huber hieß, Pförtner
im Präsidium war, sich aber gelegentlich als Libero für alles anbot. Der
Streifenwagen stand hinter ihm in Fahrtrichtung. »Der Präsident hat gsagt, ich
soll Sie abholen.«
    »Na toll«, sagte Ottakring finster.
    »Soll ich das Einsatzhorn einschalten?«, fragte Huawa, als sie
losfuhren.
    »Absolut. Das fehlt grad noch«, sagte Ottakring. Dann lehnte er sich
zurück, schloss die Augen und dachte über seinen Urlaub mit Lola nach. Dass sie
nervös gewesen war, als er sie verließ, hatte er schon vergessen.
    Auf der Treppe im Präsidium stieß Ottakring fast mit Chili Toledo
zusammen, die ausgerüstet war, als habe sie einen Einsatz vor sich. Chili war
um die dreißig, Kollegin im K 1 und die Tochter seines verstorbenen
Freundes Karsten Toledo. Das terrakottabraune Haar trug sie lang und offen.
Hohe Wangenknochen und geschwungene Nasenlöcher rundeten das Bild ab. Dunkle
Mandelaugen ruhten fragend auf ihm.
    »Was ist los?«, fragte Ottakring. »Warum ruft er uns zusammen?«
    Chili verzog das Gesicht und zuckte die Schultern. »Keine Ahnung.
Hat man dich alarmiert?«
    Ottakring nahm sie flüchtig in den Arm und strich ihr leicht über
die Wange. Dann nahm er zwei Stufen auf einmal nach oben.
    Schließlich klopfte er.
    »Nehmen Sie Platz, Herr Ottakring!«, sagte der Präsident.
    Der Kriminalrat hatte ein allgemeines Meeting im Sitzungszimmer
erwartet. So hatte er den Huawa verstanden. Nun saß er dem Präsidenten allein
gegenüber, umgeben von

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