Spiel mir das Lied vom Glück
Tante Lydia und wackelte mit den Fingern. »Diese Kultur, diese rasante, dumme Kultur, die die Menschen nicht nach ihrem Charakter, sondern nach ihrem Wert beurteilt, die hat es euch ausgetrieben.«
»Was sollen meine weiblichen Säfte mir denn sagen?«, fragte Lara.
»Sie sagen dir Folgendes:« Tante Lydia nahm Laras Hände. »Halt die Liebe fest!«
»Ich soll die Liebe festhalten?«
»Klar, mein Schatz!« Tante Lydias Miene wurde weicher. »Halt die Liebe fest. Lass sie nicht mehr los! Halte sie in Ehren! Stelle die Liebe zu deinem Mann an erste Stelle, und gruppiere
alles andere darum, dann funktioniert es ganz von selbst! Liebe will gehegt und gepflegt, genossen und gefeiert werden. Vergiss niemals die Liebe! Sie ist unser Lebenssinn.«
Lara nickte. Fünf Minuten später fuhr sie los.
Epilog
Ein halbes Jahr später
Manchmal klappt es einfach im Leben, irgendwie. Es kann so schön sein, wenn auch nur für einige Augenblicke, Tage, Wochen, Monate.
So jedenfalls wurde es für mich.
Es hatte den Anschein, als habe Tante Lydia Pipi-Bestrahlung, Scheiß-Chemo und den Krebs besiegt. Stash wollte keine lange Verlobungszeit, sodass die beiden in seiner Scheune getraut wurden. Die Frauen des Psycho-Abends waren Brautjungfern, alle Bewohner der Stadt wurden eingeladen. Lydia trug ein violettes Kleid und einen roten Hut, Stash einen Smoking. Shawn brachte den Ring, und Carrie Lynn war das Blumenmädchen.
Als Jerry fertig war, weinte Stash, hob Tante Lydia hoch und drehte sich mit ihr. Er küsste sie, küsste sie immer wieder und wollte gar nicht mehr aufhören. Jerry musste die beiden voneinander trennen, sonst wäre noch der Zensor eingesprungen.
Lara und Jerry waren wieder zusammen. Drei Monate zuvor hatte Lara eine Ausstellung in der Kirche gehabt. Sie war ein großer Erfolg gewesen. Da Lara sich in New York einen Namen gemacht hatte, gab es in der Zeitung von Oregon einen Artikel über die Ausstellung. Das zog viele Leute aus Portland an. Lara verkaufte jedes Bild. Jerry war der stolzeste Ehemann, den ich je gesehen hatte. Zehn Prozent des Erlöses gingen an die Kirche.
Lara hatte noch mehr in ihrem Leben geändert, womit Jerry völlig einverstanden zu sein schien. Tagsüber malte sie. Sie trug die Kleidung, die ihr gefiel, und verschenkte all die artigen Pullis. An einem Abend in der Woche leitete sie die Chorprobe. Doch auch dort wurde einiges geändert: Keine langweiligen, deprimierenden Kirchenlieder mehr – der Chor rockte. Lara wählte populäre Musik und holte Leute hinzu, die E-Gitarre, Trommel, Geige und Flöte spielen konnten. Die Chormitglieder mit hervorragenden Stimmen bekamen Soli. Jeden Sonntag war die Kirche rappelvoll. Es musste ein zusätzlicher Gottesdienst angesetzt werden.
Unzufrieden war nur eine: Linda Miller. Sie beschwerte sich bei einer Frauengruppe nach der anderen, aber niemand schenkte ihr Gehör. Irgendwann erfuhr Jerry davon und sagte Linda, er glaube nicht, dass seine Kirche gut zu ihr passen würde, es wäre besser, sie ginge in eine andere.
Linda war perplex. Sie beschwerte sich bei anderen über das, was der junge Schnösel von Pastor zu ihr gesagt hatte, und war noch perplexer, als die ihr antworteten, sie fänden auch, sie solle gehen.
Und so verließ Linda Miller die Gemeinde. Bald hörte Lara von den Leuten aus der Nachbargemeinde, was für eine Nervensäge diese Linda sei, ob sie sie nicht zurücknehmen wollten.
Lara hatte ihren Frieden gefunden und war endlich glücklich.
Katie hatte rund zwanzig Kilo abgenommen und sich noch nie besser gefühlt. Sie war in Scrambler verliebt, und er in sie. Zwar hatte sie einmal gesagt, sie wolle keine Liebesschwüre mehr von einem Mann hören, doch irgendwann verriet sie mir, dass es herrlich war, wenn Scrambler ihr seine Liebe gestand. »Das ist wie Sex mit Worten, Julia.«
Fast genauso aufregend war, dass Katies Buch einen großen Verlag fand. Eine der Hauptfiguren ist ein brutaler Alkoholiker,
der zufällig genau so redet und handelt wie J. D. und zufälligerweise zum Ende des Buches einen Schuss in den Unterleib bekommt und beide Eier verliert.
Oje! Was für ein Zufall!
Als die Presseleute Golden verließen und der Ort langsam zur Normalität zurückkehrte, kam Caroline von der Insel ihrer Familie zurück. Sie berichtete mir, dass sie seit unserer letzten Sitzung, noch bevor Robert versucht hatte, mein Gesicht zu bearbeiten, viel Zeit im Yoga-Sitz inmitten von brennenden Kerzen verbracht und auf meinen Hilferuf
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