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Spiel mir das Lied vom Glück

Spiel mir das Lied vom Glück

Titel: Spiel mir das Lied vom Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Lamb
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Tante Lydia. »Katie hat uns angerufen, schnell, mach an, Stash!«
    Stash gehorchte. Dean setzte sich auf. Ich seufzte. Was sollte denn da im Fernsehen kommen, das ich mir unbedingt ansehen musste?
    Es erschien die beliebteste Moderatorin Amerikas. Sie trug ein weißes Kostüm und sah umwerfend aus, aber das war nichts Neues. Neu war, dass sie eine Schachtel Pralinen vor sich hatte. Ich richtete mich auf. Die goldene Schachtel mit den kleinen goldenen Sternchen kam mir bekannt vor.
    Amelia Zaphyl hielt eine Schokoladenkatze in die Kamera.
Sie wurde in Nahaufnahme gezeigt. Lächelnd biss die Moderatorin davon ab. In ihrem Gesicht breitete sich pures Glück aus. »Das ist die beste Schokolade, die ich je gegessen habe. Ich habe ein schlechtes Gewissen, dass ich eine Katze esse, aber es lohnt sich absolut, meine Damen und Herren. Sehen Sie mal hier!«
    Sie holte eine kleine Schokoladenmaus hervor, dann einen Hund, dann ein Monster. Ich hatte es nur zum Spaß in die Schachtel mit den Tieren getan.
    »Leute, ich muss euch noch mehr zeigen«, lachte Amelia. »Solche Schokolade bekommt man nicht jeden Tag.« Sie hielt einen Schokopenis, die Schokobrüste und einen Schokohintern hoch. Alle drei wurden mit einem Weichzeichner zensiert, damit der Zuschauer nichts Genaues erkennen konnte, aber die Moderatorin erklärte kurz und prägnant, um was es sich handelte.
    »Lecker!«, sagte sie wieder. »Diese Schokolade ist die pure Ekstase, kein Witz. Nein, diese Schokolade ist besser als Ekstase. Sie heißt ›Julias Schokolade‹, denn die Frau, die sie herstellt, heißt Julia Bennett. Sie wohnt in einer kleinen Stadt namens Golden in Oregon. Sie liefert Zeitungen aus und hat eine Lesestunde in der Bücherei, und in ihrer Freizeit macht sie Schokolade, die einfach orgiastisch schmeckt. Das ist kein Witz, Leute.«
    Woher diese Frau das alles wusste, war mir ein Rätsel, aber ich dachte nicht lange darüber nach. Mit dem Internet konnte man innerhalb weniger Sekunden so gut wie alles herausfinden … Warum man etwas über mich und meine Zeitungsrunde im Internet finden sollte, überlegte ich allerdings nicht lange. Dieser Moment wäre perfekt gewesen, wenn Dean bloß meine Hand gehalten und mich angelächelt hätte.
    »Die müssen Sie unbedingt haben. Ich gebe zu, dass es komisch ist, Brüste aus Schokolade zu essen«, sagte die Moderatorin. »Aber sie sind umwerfend. Der reine Wahnsinn.«
    Dann kam Werbung. Im Zimmer herrschte Schweigen.
Ich saß mit offenem Mund da. Tante Lydia sah mich an und schüttelte ihren kahlen Kopf. Stash drehte sich zu mir um und grinste. In Deans Augen sah ich tiefe Freude und Stolz und etwas anderes, von dem ich gerne mehr gesehen hätte.
    »Super, Julia«, sagte Stash und klatschte vor Freude in die Hände. »Sieht aus, als wärst du im Geschäft!«
     
    Schon bald erstickte ich fast in Schokoladenbestellungen. Wenn ich nicht gerade die Folgen von Roberts Fäusten und Zähnen ausschlief, machte ich von morgens bis abends Schokolade. Tante Lydia bestand darauf, mir zu helfen. Ich bot ihr die Hälfte meiner Firma an. Sie lehnte ab. Ich bedrängte sie. Sie lehnte weiter ab. Ich bestand darauf. Sie weigerte sich schlicht.
    Blieb mir nur, sie zu meiner einzigen und bestbezahlten Angestellten zu machen.
    Wir boten einen interessanten Anblick: Tante Lydia kahl durch ihren Kampf gegen den Krebs und ich mit einer Narbe auf der Wange, einer Krücke unter dem Arm und einer Halskrause.
    Einerseits scheint es grausam, dass ich eine Frau beschäftigte, die mit jeder Faser ihres zerbrechlichen Körpers gegen den Brustkrebs kämpfte. Andererseits wurde Tante Lydia von ihrer Krankheit abgelenkt, wenn sie mir half, wenn sie am Telefon Bestellungen und Kreditkartennummern entgegennahm, Schokolade in die kleinen Formen goss und sie anschließend in Schachteln verpackte.
    Auch mich lenkte das ab, obgleich Tante Lydias kahler Kopf eine stete Mahnung war.
    Wir konnten uns kaum noch retten vor Bestellungen. Ich musste am Telefon einer breiten Palette von lokalen und überregionalen Zeitungen Interviews geben. Es kamen sogar zwei landesweite Fernsehsender, nachdem sie meine Schokolade bei Amelia gesehen hatten.
    Wegen der Verletzungen, die mir Robert zugefügt hatte, schob ich die Fernsehaufnahmen vor mir her, solange es ging, doch es dauerte keine Woche, da flimmerte ich über die Mattscheibe.
    Ich gab eine gute Story ab. Natürlich fand die Presse heraus, dass Robert Stanfield III mich fast totgeschlagen hatte. Dass seine

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