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Spiel mir das Lied vom Glück

Spiel mir das Lied vom Glück

Titel: Spiel mir das Lied vom Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Lamb
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Lydia«, begann ich, vor Wut bebend, »ist ein wunderbarer Mensch.« Ich war kurz davor, dieser Frau den Kopf abzureißen. »Wie können Sie es wagen, so etwas über sie zu sagen?«
    »Weil es stimmt. Ich werde auch für Sie beten, junge Dame. Ich kann sehen, ob jemand erlöst ist oder ob er Vergebung und Gebete braucht. Ich werde Gott bitten, sich um Sie ganz besonders zu kümmern.«
    Die Frau neben mir legte mir beruhigend die Hand auf den Arm. Ihre Fingernägel waren in einem schönen Rosa lackiert. »Das tut mir leid«, sagte sie. »Ich bin anderer Meinung, und ich bin froh, dass Sie hier sind. Ich mag Ihre Tante Lydia, und mein Mann, Gavin, ist der Buchhalter von Stash.«
    Eine andere Frau gegenüber sagte: »Ich bitte dich, Linda, sei bitte leise –«
    Eine dritte Frau beugte sich über den Tisch zu mir herüber. Ihr brauner Zopf fiel ihr über die Schulter. »Sie müssen sie ignorieren, das tun wir alle. Ich tausche ständig mit Ihrer Tante Lydia Pflanzen aus.«
    »Ich denke, wir werden jetzt in der Bibel Weisheit und Geduld finden«, schaltete sich Lara ein. »Bitte schlagt die Psalmen auf, erstes Kapitel, erster Vers.«
    Doch ich war nicht in der Lage, Linda Miller, diese scheinheilige Zicke, zu ignorieren.
    »Mrs.Miller«, begann ich und beugte mich über den Tisch. »Ich bin heute zum ersten Mal in der Bibelstunde. Ich bin gekommen, weil meine wunderbare Freundin Lara mich darum
gebeten hat, aus keinem anderen Grund. Meinetwegen können Sie auf mir herumhacken. Gott weiß, dass ich so manche Sünde begangen habe und in meinem Leben so viele Dummheiten gemacht habe, dass ich heulen könnte, wenn ich nur darüber nachdenke, aber wagen Sie es ja nicht, noch einmal etwas gegen meine Tante Lydia zu sagen! Sie ist die beste, ehrlichste, engagierteste Frau, die ich kenne, und sie führt ein sehr viel gottgefälligeres Leben als viele andere.«
    »Ach, ja? Und was ist mit den Drogen?«, gab Linda Miller zurück und zog das letzte Wort in die Länge. Ich stellte mir vor, wie ihr Rauch aus der Nase quoll.
    »Ich glaube, dass sich Gott sehr viel weniger Gedanken um ein bisschen Marihuana macht als über Menschen, die in seinem Namen reden, aber sich nicht entsprechend verhalten. Es ist immer einfacher, zu verurteilen und zu rechten, viel einfacher, als ein gottgefälliges Leben zu führen. Keiner von uns sollte über jemand anderen urteilen. Soweit ich weiß, ist das Gottes Aufgabe. Deshalb noch einmal, Mrs.Miller, sagen Sie nie wieder irgendetwas Gemeines oder Unwahres über meine Tante!«
    Das nun folgende Schweigen war beredt. Die Frau mit den rosa Fingernägeln drückte meinen Arm. Die mit dem Zopf nickte und lächelte. Die Frau mir gegenüber sagte: »Wahre Worte.«
    Deidre bewegte sich nicht. Unter Katies unentwegter Beobachtung schien sie zur Salzsäule erstarrt zu sein.
    Die Zwillinge schalteten sich wieder ins Gespräch ein. »Ich habe noch nie etwas Gemeines über Ihre Tante gesagt, meine Liebe!«, meinte Rosita. »Niemals. Sie bringt mir immer Eier, und als ich letztes Jahr krank war, hat sie für mich gekocht. Einmal hat mich diese Frau so zum Lachen gebracht, dass eine Warze verschwunden ist. Weißt du noch, Jacqueline?«
    »›Warze, schwarze‹, rief ihre Schwester und bewegte die Finger. ›Fort mit dir!‹ Weg war sie!«
    »Fort war die Warze. Puff!«, sagte Jacqueline und fuchtelte mit den Fingern vor ihrer Schwester herum.
    »Ich denke, damit ist alles gesagt«, bemerkte Lara. »Schlagen wir jetzt die Bibel auf. Ich lese aus den Psalmen.«
    Lara las. Und las. Und las. Ich wusste, dass sie sich zu beruhigen versuchte, uns ablenken wollte. Als sie die Bibel schließlich zur Seite legte, hätte ich fast den Kopf auf den Tisch gelegt und wäre eingeschlafen.
    »Nun wollen wir mit unseren eigenen Gebeten schließen. Würde eine von Ihnen bitte beginnen, Miss Jacqueline oder Miss Rosita?«
    »Ich fange an«, verkündete Rosita. »Ich glaube, Jacqueline ist noch nicht wieder ganz von dieser langen, sehr langen, sehr, sehr langen Bibellesung erwacht, Lara, meine Liebe, obwohl Sie eine wunderschön melodiöse Stimme haben.« Sie räusperte sich mit einem summenden Geräusch. »Ich möchte euch bitten, für meinen Garten zu beten. Ich habe wieder diese vermaledeiten Würmer und diese verflixten Käfer, und wenn ich die nicht loswerde, kann ich nicht mit meinen Kürbissen zum Stadtfest, und das wäre wirklich jammerschade.«
    »Und ich möchte gerne, dass ihr für meinen Darm betet«, rief Jacqueline. »Ich

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