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Spiel mir das Lied vom Glück

Spiel mir das Lied vom Glück

Titel: Spiel mir das Lied vom Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Lamb
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Tür hereinkam, hatte sie mir mitgeteilt, sie sei eine »fromme Christin … eine sehr fromme Christin«. Sie trug einen weißen Pulli und ein großes Kreuz um den Hals, das zwischen ihren schweren Brüsten baumelte. Ihr Busen war so gewaltig, dass man sich zuzsammenreißen musste, ihr ins Gesicht zu sehen. Lindas Oberkörper bestand praktisch nur aus Brust, der Rest von ihr war ein gewaltiger Hintern, mit dem nicht zu spaßen war.
    Neben ihr kam ich mir fast schon flachbrüstig vor. Ich konnte mich gerade noch davon abhalten, mich aufrechter hinzusetzen und die Schultern nach hinten zu drücken.
    Über ihre Brillengläser schaute Linda uns alle an. Allein ihr Blick verursachte mir Schuldgefühle.
    Lara hatte mich schon vor dieser Bibel- beziehungsweise Betstunde gewarnt. Die ungefähr fünfzigjährige Linda riss immer die Leitung an sich und legte besonders viel Wert darauf, für die Mitmenschen zu beten, die ihrer Meinung nach auf direktem Weg in die Hölle waren. Außerdem betete sie für die Gemeindemitglieder, von denen sie sich beleidigt fühlte. Gerne auch gab sie Klatsch und Tratsch wieder, um für die betreffenden Personen zu beten.
    »Sie benutzt Gott wie eine Waffe«, hatte Lara mir erklärt. »Wenn Linda sagt, sie will für dich beten, dann will sie nicht Gottes Liebe mit dir teilen oder dir beweisen, dass sie sich um dich sorgt, sondern sie will dir zeigen, dass du gesündigt hast und ein schlechter Mensch bist. Auf diese Weise versucht sie, Gott auf ihre Seite zu ziehen, fort von den anderen. Ich kann mir vorstellen, dass das Gott bitterböse macht.«
    Lara hatte behauptet, sie sei kurz davor, die Frau zu erdrosseln, nur unsere Gegenwart könne sie noch davon abhalten.
    »Wer hat in der Bibel gelesen?«, fragte Linda wieder, griff zu
einem kleinen Kreuz neben ihrer Bibel und klopfte damit auf den Tisch. »Wer hat seine Pflicht erfüllt? Eine gute Christin sucht in der Bibel nach Inspiration, nach Antworten auf ihre Probleme. Ihr seid doch bestimmt alle gute Christinnen, nicht wahr?«
    Ich sah mich um. Lara wirkte angespannt und erschöpft. Sie war viel zu dünn, ihre Wangen waren eingefallen.
    Zwei Frauen, ein Zwillingspaar von rund siebzig Jahren, saßen auf der einen Seite von Lara. Sie waren seltsam erfreut über mein Erscheinen gewesen, als ich zur Tür hereinkam. Als sei ich ein Riesendoughnut, an dem sie monatelang ihren Spaß haben würden.
    »Ein neues Gesicht!«, rief die eine und schaute mir in die Augen.
    »Ein neues Gesicht!«, echote die zweite.
    Dann lachten sie gemeinsam. Ich verstand nicht, was daran lustig war, aber es war in Ordnung. Die Damen hatten weißes Haar und trugen rote Kleider und identische Brillen mit rotem Rahmen. Lara hatte mir erzählt, sie hätten einen roten Sportwagen. Den sie rasant fuhren. Die beiden hießen Jacqueline und Rosita. »Die Mutter kam aus Frankreich, der Vater aus Südamerika. Jeder durfte sich einen Namen aussuchen«, hatte Lara erklärt.
    Drei weitere Frauen saßen am Tisch. Als Katie und ich hereingekommen waren, hatten sie uns angelächelt. Sie schienen freundlich zu sein. Zumindest sagten sie nicht sofort etwas Unhöfliches zu mir wie zum Beispiel: Wir haben das Gefühl, dass du eine Menge beten musst.
    Die letzte Frau am Tisch sah aus, als bekäme sie einen Schlag, als Katie und ich eintraten. Sie war ungefähr in unserem Alter, hatte kurzes braunes Haar und war stark geschminkt. Sie hatte die störende Angewohnheit, beim Sprechen leicht durch die Zähne zu pfeifen. Später sollte ich erfahren, dass sie ebenfalls dazu neigte, sich die falschen Männer auszusuchen
oder sogar zu heiraten, anscheinend aber nichts daran ändern konnte.
    Die Frau hieß Deidre Marshall. Ihr fiel buchstäblich das Punschglas aus der Hand, als wir hereinkamen. Es zerschellte auf dem Boden, wie im Film. Darauf folgte ein großes Trara.
    Katie ging sofort zu Deidre und half ihr, die Scherben aufzusammeln. Mit einem Lachen sagte sie, das sei ihr selbst schon so oft passiert, sie heiße Katie, und wer sei die Frau? Katie reichte ihr die Hand. Die Frau lachte nervös und begrüßte Katie dann.
    Katie holte der Frau ein neues Glas und saß Deidre schließlich am Tisch gegenüber. Jede von uns hatte ein Punschglas vor sich. In der Mitte standen kleine, säuberlich in Streifen geschnittene Brote. Ich fragte mich, ob Lara sich etwas in ihren Punsch getan hatte.
    »Nun gut, wir werden gleich herausfinden, wer die Worte des Herrn gelesen hat und wem etwas anderes wichtiger war als

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