Spiel mir das Lied vom Glück
Putzmittel ausgekippt hatte.
Er war sauer, weil seine Geliebte eine gebrochene Nase hatte, aber ich schätze, er war auch wütend, weil Katie als Verdienerin die Sache herausgefunden hatte, weil die Leute in der Stadt ihn verachteten und Stash persönlich J. D. mit ruhiger Stimme erklärt hatte, er hätte noch keinen Mann getroffen, der eine größere Schande für ihr Geschlecht gewesen sei.
»Das heißt, er ist nicht tot?«, fragte Katie den Polizisten und drückte ihre zweitälteste Tochter Haley an sich, die vor Stunden zu ihr ins Bett gekrochen war.
»Nein, Ma’am«, sagte der Polizist mit fröhlicher Stimme. Er kannte J. D. ja nicht. »Er lebt. Er ist verletzt, aber das wird schon wieder!«
Katie dankte dem Polizisten und sagte, sie würde bald im Krankenhaus sein. Dann, so erzählte sie mir später, zog sie die Decke über den Kopf und weinte.
9
Mit vierunddreißig Jahren Zeitungen auszutragen ist gar nicht so peinlich, wie man meinen könnte.
Wenn etwas peinlich ist, fragt man sich normalerweise: Hat mich jemand gesehen? Man schämt sich dafür, bei einer Sache beobachtet zu werden.
Aber wenn ich mich nach meinen üblichen vier Stunden unruhigen Schlafs aus dem Bett wälzte, um Zeitungen auszutragen, war ich viel zu müde, um mir darüber Gedanken zu machen, was andere dachten. Wenn sie überhaupt so früh auf den Beinen waren, dass sie mich sahen. Außerdem kannte mich hier ja kaum jemand.
Und so war ich froh, einen Job zu haben, als ich mit meiner Route in der Hand das Büro verließ. Ich wollte nämlich die Hälfte von Lydias Kosten übernehmen.
Lydia war dagegen. Mehrmals schlug sie die Pfannen gegeneinander. »Du bist meine Familie! Du zahlst nichts! Das ist eine Beleidigung für mich! Das verletzt mich! Ich bin deine Tante, und ich sorge für dich … Hier, nimm einen Brownie! Ich sehe an deiner Gesichtsfarbe, dass deine fraulichen Kräfte nachlassen. Noch besser, wir üben zusammen schießen! Wir üben totschießen und nehmen Melissa Lynn mit. Sie mag es gerne, wenn geschossen wird.«
Ich widersprach nicht. Ich kannte Melissa Lynn. Niemand freute sich mehr über das Geräusch von Gewehren als dieses Schwein, das fröhlich grunzte, sobald Lydia ihm eine Leine um den Hals band und es mit zum Schießstand nahm.
»Egal, was du sagst, ich gebe dir auf jeden Fall Geld, Tante Lydia«, lachte ich. »Stell dir vor, dann kannst du dir sogar eine zweite Cannabispflanze kaufen.«
Das fand sie gar nicht komisch. Wütend funkelte sie mich an und stieß die Hände tief in den Teig, den sie gerade knetete. Stash brauchte Brot, und Lydia war davon überzeugt, dass Milch und selbstgebackenes Brot die Libido stärkten. »Junge Dame, ich verbiete dir, mir irgendetwas zu zahlen.«
Ich wechselte das Thema, half ihr kneten, reparierte einen Zaun im Garten, schnitt Büsche, dann strichen wir gemeinsam die Tür schwarz. Man wusste ja nie, wann ein böser Mann vorbeikommen würde und uns betrügen wollte, oder?
Und so ging ich am Abend zu Bett und stand noch vor Morgengrauen auf, holte die Zeitungen aus der Druckerei und lief meine Runde ab, auch wenn mein Körper heftig protestierte, zu dieser Uhrzeit auf den Beinen sein zu müssen. Beim ersten Mal dauerte die Runde viel länger als erwartet, weil ich mich ständig verirrte. Am nächsten Tag lief es besser. Und als die Woche herum war, doch, da musste ich mir selbst auf die Schulter klopfen, so ein guter Zeitungsausträger geworden zu sein.
Und wessen Haus war das letzte auf meiner Runde?
Genau: Kein Geringeres als das von Dean Garrett höchstpersönlich.
Dean Garretts wohnte in einem großzügigen einstöckigen Haus im Craftsman-Stil mit zimmerhohen Fenstern. Stash hatte mir erzählt, Dean besitze fünfzig Hektar Land und habe einen Vorarbeiter, der die Verantwortung trage, solange Dean in seinem Büro in Portland arbeite. Stash hatte sich mit dem Vorbesitzer, Mr.Rekkum, gestritten, weil der nicht so auf seine Hunde aufpasste, wie Stash sich das vorstellte.
Die Hunde waren bei jedem Wetter draußen, egal ob es so heiß war, dass man ein Spiegelei auf dem Bürgersteig braten
konnte, oder so kalt, dass einem die Nasenhaare gefroren. Mr.Rekkum besaß nur eine winzig kleine, grobgezimmerte Hundehütte, in der lediglich Platz für zwei Tiere war. Die Hunde wurden nur unregelmäßig gefüttert und hatten nicht immer Wasser zur Verfügung. Stash hatte Mr.Rektum, wie er ihn nannte, gemahnt, er solle seine Hunde besser behandeln, aber Mr.Rektum hatte nur gelacht
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