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Spiel mir das Lied vom Wind

Spiel mir das Lied vom Wind

Titel: Spiel mir das Lied vom Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Clasen
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sind Sie ja endlich!« Nie vergaß er Sonja zu siezen, wenn sie nicht allein waren. Seine Nase war gerötet und seine Augen waren geschwollen. Er befahl, die Fenster zu schließen und zückte ein weißes Stofftaschentuch. Er setzte sich auf Neugebauers Platz, der sich einen Besucherstuhl heranzog und in gebührendem Abstand zum Oberstaatsanwalt darauf niederließ. Sonja befürchtete eine Standpauke im Beisein der Kollegen, aber es kam anders.
    »Wie war die Fahrt?«, fragte Wesseling leutselig. Seine Stimme klang verschnupft.
    »In Ordnung«, antwortete Sonja. »Aber ich möchte daran erinnern, dass ich immer noch keinen Dienstwagen habe. Das wird langsam ein Problem.«
    Wesseling nickte und sah zur Zimmerdecke.
    »Es kann doch nicht angehen«, fuhr sie fort, »dass ich wertvolle Arbeitszeit im ÖPNV zubringe oder immer einen Kollegen als Chauffeur in Anspruch nehmen muss. Das ist Verschwendung von Steuergeld.«
    »Nein, nein«, bestätigte er und suchte weiter an der Zimmerdecke nach einer Lösung.
    »Das ist doch kein Zustand«, beharrte Sonja.
    »Nein, nein«, wiederholte er. Endlich blitzte in seinen verquollenen Augen der Schalk auf. »Ich denke, Sie sollten einfach vorerst den Bus weiter nutzen.«
    »Kruxens Bus?«
    »Warum nicht?« Wesseling sah zu Brummer und Neugebauer. Man feixte.
    »Genau wie im Fernsehen«, amüsierte sich Neugebauer. »Im Tatort aus Köln fährt der Kommissar auch immer mit beschlagnahmten Autos in der Gegend herum.«
    Brummer nickte und sagte nur: »Stimmt.«
    »Eben.« Wesseling nieste in sein Taschentuch und ging – wie er es gerne tat –
in medias res
. »Sie haben den Bericht von Roland Kohl gelesen«, stellte er fest.
    »Ja«, sagte Sonja in Gedanken. Vor ihren Augen sah sie sich mit dem Bus durch die Gegend reisen. Was für eine Provokation! Welche Folgen konnte es haben, wenn man sie für Krux hielt?
    »Und?«, hörte sie ihn fragen. »Was sagen Sie dazu?«
    »Zu den ersten zwei Worten? Ich habe nichts dagegen einzuwenden.«
    Wesseling stöhnte, lehnte sich zurück und forderte Brummer mit einem Handzeichen auf, Sonja aufzuklären.
    »Gerne«, meinte Brummer beflissen. »Herrmann Krux«, begann er und faltete die Hände, die auf seinem Schreibtisch lagen, »Herrmann Krux war ein Betrüger.«
    »Ach nee«, entfuhr es ihr.
    Strafender Blick seitens des Oberstaatsanwaltes.
    »Herrmann Krux ...«, begann Brummer von Neuem. Er machte eine andächtige Pause. Stille herrschte im Büro, bis auf den kleinen Wecker auf Sonjas Schreibtisch, der leise tickte. Schritte kamen und entfernten sich draußen auf dem Flur. Irgendwo schlug eine Tür zu. Eine Männerstimme lachte. Ein Telefon bimmelte in der Ferne.
    »Was hat er denn verbrochen?«, fragte Sonja ungeduldig.
    »Wer Wind sät, wird Sturm ernten!«, prophezeite Wesseling.
    Brummer übersetzte: »Herrmann Krux hat Kleinwindräder verkauft.«
    »Das ist ja noch kein Verbrechen«, sagte Sonja. Die Information kam nicht überraschend. Eines dieser Exemplare hatte schließlich im Bus gelegen.
    Brummer schüttelte den Kopf. »Das ist es nicht, keineswegs. Kleinwindräder sind ernstzunehmende, technische Anlagen, die Windenergie in Strom umwandeln und ins Netz einspeisen. Sie werden besonders dort eingesetzt, wo große Windparks nicht genehmigt werden oder sich nicht lohnen.«
    »Gute Sache«, fand Sonja. »Unabhängig von den großen Stromkonzernen und ihrem Preisdiktat zu sein und saubere, erneuerbare Energie zu verbrauchen, anstatt …«
    »Wenn das eine gute Sache wäre, wäre Krux jetzt nicht tot«, unterbrach Brummer sie. »Er nannte sich übrigens als Windradverkäufer nicht mehr Herrmann Krux, sondern Dr. Dipl.-Ing. Hans Kistermann, spezialisiert auf Erneuerbare Energien, Hamburg. Er ist irgendwie an falsche Papiere gekommen.«
    »Dr. Dipl.-Ing. Hans Kistermann aus Hamburg?«, fragte Sonja fassungslos nach. »Dass ich nicht lache!«
    »Doch. Er hat ein Geschäftskonto auf diesen Namen eingerichtet, aus gutem Grund, denn als Herrmann Krux bekam er nirgendwo mehr Geld. Es ist aber nichts drauf. Auch kein Minus. Jedenfalls hat Dr. Dipl.-Ing. Hans Kistermann eine große Anzahl von Familien als Käufer für das Kleinwindrad der Marke
Lakota
gewinnen können. Er hat sich wirklich gut vorbereitet. In seinem Laptop waren jede Menge Informationen beisammen, aus dem Internet heruntergeladen. Respekt. Er muss wie ein Profi aufgetreten sein. Ich nehme an, er konnte gut reden?«
    Die Kollegen blickten Sonja abwartend an.
    »Weiß ich doch nicht«,

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