Spiel mit dem Mörder
sondern obendrein bei einer seiner Frauen.«
Seine zusammengepressten Lippen fingen an zu zittern. »Carly. So war es nicht. Ich will nicht, dass du denkst …«
»Natürlich ist es nicht so gewesen.« Sie nahm seine Hand. »Der Lieutenant hat einfach eine widerliche Fantasie.«
»Ms Landsdowne.«
Carly ignorierte Eve und küsste Michael zärtlich auf die Wangen. »Du hast deinen Kaffee verschüttet. Warum gehst du nicht schnell in die Küche und holst uns beiden frischen?«
»Ja. Sicher.« Er stand auf. »Meine Mutter ist eine wunderbare Frau.«
»Natürlich ist sie das«, antwortete Carly und wandte sich erst, als er zur Küche trottete, an Eve. »Es gefällt mir nicht, dass Sie Michaels Schwächen derart ausnutzen, Lieutenant. Die Starken sollen die Schwachen schützen, statt nach ihnen zu treten.«
»Eventuell trauen Sie ihm zu wenig zu.« Eve nahm auf der Lehne eines Sessels Platz. »Er hat seine Mutter vehement verteidigt. Für manche Menschen sind die familiären Bindungen die stärksten. Und wie sieht das bei Ihnen aus, Ms Landsdowne? Dass Sie adoptiert worden sind, haben Sie bisher mit keinem Wort erwähnt.«
»Was?« Carlys Blick verriet ehrliche Verwirrung. »Um Himmels willen, weshalb hätte ich das sollen? Meistens vergesse ich das sogar. Und was geht Sie meine Familiengeschichte überhaupt an?«
»Es war eine private Adoption, sofort nach Ihrer Geburt.«
»Ja. Das haben meine Eltern mir weder verschwiegen noch wurde bei uns zu Hause je ein sonderliches Aufhebens darum gemacht.«
»Haben sie Ihnen Einzelheiten von Ihren leiblichen Eltern erzählt?«
»Einzelheiten? Natürlich haben Sie mich über die medizinische Geschichte und den ethnischen Hintergrund dieser beiden Menschen aufgeklärt. Sie haben mir erklärt, dass meine leibliche Mutter mich zur Adoption freigegeben hat, weil sie mir eine gute Zukunft sichern wollte und so weiter und so fort. Ob das wahr ist oder nicht, hat mich niemals wirklich interessiert. Ich hatte nämlich stets eine Mutter, die für mich da gewesen ist.«
Sie machte eine kurze Pause, bevor sie gluckste: »Gehen Sie womöglich davon aus, dass auch meine Mutter einmal eine Beziehung zu Richard Draco hatte?« Sie fing schallend an zu lachen und warf die Wolke wild zerzauster rötlich brauner Haare schwungvoll über ihre Schultern zurück. »Ich kann Ihnen versichern, dass das nicht der Fall ist. Sie und mein Vater sind seit beinahe dreißig Jahren glücklich miteinander liiert. Und vor meiner Geburt hat sie ein Reisebüro geleitet, hatte mit der Schauspielerei also nicht das Mindeste zu tun.«
»Sie haben sich nie für die Frau, die Sie auf die Welt gebracht hat, interessiert?«
»Nicht besonders. Ich habe wunderbare Eltern, die ich liebe und die mich lieben. Weshalb sollte ich mir also Gedanken machen über eine Frau, die eine Fremde für mich ist?«
Wie die Mutter, so die Tochter, dachte Eve.
»Viele Adoptivkinder wollen Kontakt zu ihren leiblichen Eltern haben, wollen Antworten auf Fragen und manchmal sogar eine Beziehung.«
»Ich habe das niemals gewollt und werde es sicherlich nie wollen. Es gibt keine Leerstelle in meinem Leben, die ich ausfüllen muss. Ich bin sicher, dass meine Eltern mir geholfen hätten, sie zu finden, wenn ich sie darum gebeten hätte. Wenn es mir wichtig gewesen wäre. Doch das war es nicht. Außerdem hätte es sie verletzt, und ich würde ihnen niemals wehtun wollen«, fügte sie leise hinzu. »Aber weshalb interessiert Sie all das überhaupt?«
»Sagt Ihnen der Name Anja Carvell etwas?«
»Nein.« Sie straffte ihre Schultern. »Wollen Sie etwa behaupten, dass das der Name der Frau ist, die mich zur Adoption freigegeben hat? Ich habe nicht danach gefragt. Ich wollte keinen Namen wissen.«
»Sie kennen also keine Frau mit diesem Namen, haben nie Kontakt zu ihr gehabt?«
»Nein, und ich will auch keinen haben.« Sie sprang wütend auf. »Sie haben nicht das Recht, mir diese Dinge zu erzählen. Haben nicht das Recht, derart mit meinem Leben zu spielen.«
»Und nach Ihrem leiblichen Vater haben Sie ebenfalls niemals gefragt?«
»Gottverdammt, wenn schon sie mir nichts bedeutet, ist er noch viel unwichtiger für mich. Nichts weiter als ein Spermium, dem ein zufälliger Glückstreffer gelungen ist. Sie wollten mich aus der Fassung bringen, und das ist Ihnen gelungen. Ich hoffe, dass Sie jetzt zufrieden sind. Aber was hat das alles mit Richard Dracos Tod zu tu?«
Eve schwieg, und in der Stille, die sich über das Zimmer senkte,
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