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Spiel mit dem Mörder

Spiel mit dem Mörder

Titel: Spiel mit dem Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. D. Robb
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des Tages frei, um sich zu beruhigen.«
    »Sie werden von einem Kerl bedroht und mit einem schweren Gegenstand beworfen und sind deshalb nicht sauer?«
    »Der Kerl war Richard Draco«, erklärte Proctor in ehrfürchtigem Ton. »Er ist - er war - einer der besten Schauspieler dieses Jahrhunderts. Er hatte den Gipfel des Ruhms erreicht. Sein Temperament ist - war - Teil dessen, was ihn zu dem gemacht hat, der er war.«
    »Sie haben ihn bewundert.«
    »O ja. Ich habe mich, seit ich denken kann, mit seiner Arbeit befasst. Ich habe Disketten und Aufnahmen von jedem Stück, in dem er jemals aufgetreten ist. Als mir angeboten wurde, die Zweitbesetzung des Vole zu übernehmen, habe ich die Chance mit Begeisterung ergriffen. Ich glaube, dies ist der Wendepunkt in meiner Karriere.« Seine Augen fingen an zu glänzen. »Mein Leben lang habe ich davon geträumt, auf derselben Bühne zu stehen wie Richard Draco, und endlich ist es mir vergönnt.«
    »Aber damit Sie die Gelegenheit bekommen, tatsächlich auf der Bühne zu stehen, musste ihm erst was passieren.«
    »Auch so habe ich denselben Text wie er gelernt, dieselben Stichworte, genau dieselbe Rolle.« Vor lauter Begeisterung beugte sich Proctor so weit auf dem billigen Stuhl nach vorn, dass der bedrohlich knirschte. »Wissen Sie, es war fast, als wäre ich mit ihm verschmolzen.«
    »Und jetzt erhalten Sie die Chance, zudem vor Publikum in seine Fußstapfen zu treten, nicht wahr?«
    »Ja.« Proctor lächelte strahlend, was jedoch genauso schnell wieder vorbei war. »Ich weiß, wie egoistisch und kalt das für Sie klingen muss. So meine ich es nicht.«
    »Sie haben finanzielle Schwierigkeiten, Mr Proctor.«
    Er errötete und betrachtete sie mit seinem scheuen Lächeln. »Tja, nun … man geht nicht des Geldes wegen zum Theater, sondern, weil man es liebt.«
    »Aber Geld ist äußerst praktisch, wenn es darum geht, Essen zu kaufen und eine Wohnung zu bezahlen. Sie sind mit der Miete schon seit Monaten im Rückstand.«
    »Ein wenig.«
    »Der Job als zweite Besetzung wird doch wohl gut genug bezahlt, als dass man davon seine Miete zahlen kann. Spielen Sie, Mr Proctor?«
    »Oh, nein. Nein, das tue ich ganz sicher nicht.«
    »Dann gehen Sie vielleicht einfach schlecht mit dem Geld um, das Sie verdienen?«
    »Ich glaube nicht. Wissen Sie, ich investierte viel in Schauspiel- und Rhetorikunterricht, in den Erhalt meiner Gesundheit und die Verschönerung meines Aussehens. Das ist, vor allem in New York, nicht gerade billig. Ich nehme an, das wirkt auf Sie ziemlich frivol, Lieutenant, aber das ist alles Teil meiner Kunst. Mein Werkzeug, wenn Sie so wollen. Ich hatte sogar bereits erwogen, mir einen Nebenjob zu suchen, damit ich all diese Dinge finanzieren kann.«
    »Das ist nun, da Draco nicht mehr da ist, wahrscheinlich nicht mehr nötig.«
    »Ich schätze, nicht.« Er machte eine nachdenkliche Pause. »Ich war mir nicht sicher, wie ich das zeitlich hätte hinbekommen sollen. Jetzt ist es deutlich einfacher …« Er brach ab und atmete erschrocken ein. »Ich meine es nicht so, wie es in Ihren Ohren vielleicht klingt. Aber, um Ihren Gedankengang weiterzuverfolgen, natürlich nimmt mir das einen Teil von meinem Stress. Ich bin es gewohnt, ohne Geld zurechtzukommen, Lieutenant. Und vor allem hat die Theaterwelt einen ihrer ganz Großen verloren und ich eins von meinen persönlichen Idolen. Trotzdem will ich so ehrlich sein und offen eingestehen, dass ein Teil von mir begeistert davon ist, dass ich, wenn auch möglicherweise nur vorübergehend, Dracos Rolle übernehmen kann.«
    Er stieß einen langen, abgrundtiefen Seufzer aus und schloss die Augen. »Ja, ja, jetzt fühle ich mich besser. Auch wenn ich mir wünschen würde, dass er wirklich nur eines banalen Schnupfens wegen nicht mehr auf der Bühne steht.«
    Gequält von leichtem Kopfweh lief Eve zurück zu ihrem Wagen. »Niemand ist derart naiv«, murmelte sie wütend. »Niemand ist so arglos, wie der Typ uns das eben vorgegaukelt hat.«
    »Er stammt aus Nebraska«, stellte Peabody nach einem Blick auf ihren Taschencomputer fest.
    »Woher?«
    »Aus Nebraska.« Peabody machte eine vage Handbewegung Richtung Westen. »Er kommt von einem Bauernhof. Hat am Regionaltheater und in ein paar Videos gespielt, Werbung gemacht und war ab und zu als Statist im Fernsehen. Er ist erst seit drei Jahren in New York.« Sie stieg in den Wagen. »In Nebraska sind alle Menschen arglos. Ich glaube, das liegt an all dem Soja und dem Mais, den es dort

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