Spiel mit dem Mörder
gibt.«
»Er bleibt trotzdem auf der Liste der Verdächtigen. Das, was er verdient, wenn er den Vole spielt, ist schließlich deutlich mehr als das, was er bekommt, wenn er einem anderen aus den Kulissen heraus zusieht. Er lebt so, als ob er in der Bruchbude, in der er haust, nur auf Durchgangsstation ist. Neben Geld ist Ehrgeiz ebenfalls ein mögliches Motiv. Er wollte Draco sein, und wie wäre das besser möglich als dadurch, dass er Draco selbst eliminiert?«
»Ich habe da eine Idee.«
Eve sah auf ihre Uhr und fädelte sich mit dem Wagen in den fließenden Verkehr. Die gottverdammte Pressekonferenz saß ihr im Nacken. »Und die wäre?«
»Okay, es ist eher eine vage Theorie.«
»Spucken Sie sie aus.«
»Wenn sie gut ist, kann ich mir dann ein Soja-Würstchen besorgen?«
»Himmel. Nun schießen Sie schon los.«
»Sie sind alle Schauspieler in einem Stück. Ein guter Schauspieler schlüpft während der Aufführung in die Haut dessen, den er spielt, während gleichzeitig ein Teil von ihm Distanz zu allem wahrt und versucht zu beurteilen, wie die Aufführung läuft, versucht sich einzuprägen, wie das Publikum auf die verschiedenen Szenen reagiert und so weiter und so fort. Meine Theorie ist die, dass, wer auch immer die Messer vertauscht hat, eine Rolle gespielt hat.« »Nur war der Mord nachgewiesenermaßen real.«
»Sicher, aber das spielt sich auf einer anderen Ebene ab. Vielleicht hat der Täter in dem Stück mitgespielt und den Mord mit angesehen, ohne das Verbrechen selbst zu begehen. Er hat sein Ziel erreicht, und trotzdem ist das alles für ihn nichts anderes als ein Spiel. Selbst wenn einer der Angestellten die Tat vorbereitet hat, gehört das alles zu dem Stück. Vole ist tot. Das soll er auch sein. Die Tatsache, dass dazu Draco nicht mehr lebt, macht das alles noch befriedigender für ihn.«
Eve dachte kurz darüber nach und brachte den Wagen am Straßenrand neben einem qualmenden Schwebegrill zum Stehen.
»Dann gefällt Ihnen die Theorie also?«
»Sie ist zumindest nicht schlecht. Also los, holen Sie sich ihr Soja-Würstchen.«
»Wollen Sie eventuell auch was?«
»Kaffee, aber nicht von diesem total verdreckten Stand.«
Peabody stieß einen Seufzer aus. »Wow, ein solcher Satz macht echten Appetit.« Trotzdem stieg sie aus, schob sich zwischen den Fußgängern hindurch und bestellte zu ihrem doppelt großen Soja-Dog eine große Diät-Cola, denn schließlich achtete sie stets auf ihr Gewicht.
»Und, sind Sie jetzt zufrieden?«, fragte Eve, als Peabody sich wieder auf den Beifahrersitz warf und herzhaft in ihr Würstchen biss.
»Hmmm. Gut. Wollen Sie mal beißen?«
Eine angeekelte Antwort blieb Peabody nur deswegen erspart, weil in dieser Sekunde das Gesicht von Nadine Furst, Reporterin vom Channel 75, auf dem Monitor des Auto-Link erschien. »Dallas. Ich muss mit Ihnen reden, und zwar so bald wie möglich.«
»Das glaube ich gern.« Ohne den Anruf entgegenzunehmen, fuhr Eve weiter in Richtung des Reviers. »Aber mir ist völlig schleierhaft, weshalb sie sich einbildet, dass sie schon vor der Pressekonferenz ein Interview von mir bekommt.«
»Vielleicht, weil sie eine Freundin von Ihnen ist?«, fragte Peabody mit vollem Mund.
»So gut bin ich mit niemandem befreundet.«
»Dallas.« Nadines hübsches, telegenes Gesicht wirkte ungewöhnlich angespannt, bemerkte Eve leicht überrascht, und ihre Stimme hatte einen etwas schrillen Klang. »Es ist wirklich wichtig. Es geht um eine … persönliche Angelegenheit. Bitte. Falls Sie mich hören, kommen Sie bitte an den Apparat. Ich treffe Sie, wo und wann Sie wollen.«
Fluchend drückte Eve den Annahmeknopf des Links. »Im Blue Squirrel. Jetzt, sofort.«
»Dallas …«
»Ich gebe Ihnen zehn Minuten. Also beeilen Sie sich.«
Es war eine ganze Weile her, seit sie zum letzten Mal im Blue Squirrel gewesen war. Es gab schlimmere Etablissements, doch Eve hatte ein geradezu sentimentales Verhältnis zu der schmuddeligen Bar. Es hatte eine Zeit gegeben, in der ihre Freundin Mavis hier grölend, sich in den Hüften wiegend und in unbeschreiblichen Kostümen aufgetreten war.
Und einmal, während eines besonders schwierigen, verwirrenden Falls, war Eve einzig mit dem Ziel hierher gekommen, sich so heftig zu betrinken, dass sie alles um sich herum vergaß.
Nur, dass sie, bevor sie dieses Ziel hatte erreichen können, von Roarke aufgespürt, hinausgezerrt und dann zum ersten Mal mit ihm intim geworden war.
Sex mit Roarke lenkte sie weitaus besser von
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