Spiel mit dem Mörder
Hintergrundinformationen suchen, wird es Wochen dauern, bis die Überprüfung sämtlicher Besucher des Theaters abgeschlossen ist.«
»So lange können wir aber nicht warten«, schnauzte Eve ihn an. »Wir müssen den Fall so schnell wie möglich lösen. Die Stadt steht ziemlich unter Druck und das heißt, dass der Bürgermeister auf uns den Druck ausüben wird. Sobald wir von Baxter die ersten Namen Verdächtiger kriegen, suchen wir die Leute auf. Bis dahin konzentrieren wir uns weiter auf die Schauspieler und das Theaterpersonal.«
Sie trat vor das schwarze Brett, an dem die Aufnahmen des Tatorts, der Leiche, die Ergebnisse der bisher angestellten Wahrscheinlichkeitsberechnungen und die gesammelten Hintergrundinformationen hingen.
»Das Opfer wurde nicht willkürlich ausgewählt und nicht aus einem Impuls heraus getötet. Es war eine sorgfältig geplante und inszenierte Tat. Es war eine regelrechte Performance. Und sie wurde aufgenommen. Ich habe Kopien der Disketten für alle machen lassen, und jeder von uns wird sich das Stück so oft ansehen, bis er den Text und sämtliche Bewegungen der Darsteller so gut kennt, dass wir selbst damit auf Tournee gehen können, wenn der Fall abgeschlossen ist.
Es geht um die Verdrehung des Rechts«, sagte sie nachdenklich. »Darum, dass jemand damit spielt. Darum, dass dem Täter am Ende, wenn schon nicht durch das Gericht, so doch durch einen anderen Menschen eine Art Gerechtigkeit widerfährt. Eventuell empfindet der Mörder Dracos Tod ja ebenfalls als irgendwie gerecht.«
Feeney tastete nach der Tüte mit gebrannten Mandeln, die er stets bei sich trug. »Niemand hat ihn geliebt.«
»Dann müssen wir herausfinden, wessen Hass auf diesen Mann am größten ist.«
Der Junge hieß Ralph, und er wirkte gleichermaßen ängstlich wie erregt. Über der langweiligen braunen Uniform des Reinigungspersonals trug er eine abgewetzte Yankee-Jacke, und er hatte entweder einen äußerst schlechten Haarschnitt oder war nach einem Roarke unbekannten, neuen Modetrend frisiert. Egal wie - er blies, strich oder schüttelte sich die dünnen Strähnen dunkler Haare ständig aus der Stirn.
»Ich hätte nicht gedacht, dass Sie selber kommen, Sir.« Ein Teil seiner Erregung rührte daher, dass er dem legendären Roarke persönlich gegenüberstand. Alle wussten, der Mann war megacool. »Wir haben Befehl, alles, was uns ungewöhnlich erscheint, umgehend zu melden. Und als der Bühneneingang offen stand, dachte ich, ich gebe am besten sofort jemandem Bescheid.«
»Das hast du richtig gemacht. Bist du reingegangen?«
»Tja, ich …« Ralph wollte nicht zugeben, dass seine rege Fantasie ihn daran gehindert hatte, auch nur zwei Schritte hinter die offene Tür zu gehen. »Wissen Sie, ich wollte reingehen. Aber dann habe ich gesehen, dass Lichter brannten, die nicht brennen sollten, und ich dachte, dass es doch besser wäre, wenn ich hier draußen stehen bleibe und … gucke, dass niemand durch die Tür kommt.«
»Gut gemacht.« Roarke ging in die Hocke, blickte auf das Türschloss und hob dann den Kopf in Richtung der Überwachungskamera. Das grüne Lämpchen blinkte nicht. »Arbeitest du immer allein?«
»O nein, Sir. Aber, wissen Sie, da das Gebäude wegen dieses toten Typen geschlossen ist, hat der Boss gesagt, es würde reichen, wenn einer von uns allein ein bisschen sauber macht. Wegen dem ganzen Durcheinander nach der Premiere hat bisher noch niemand die Toiletten und so geputzt. Der Boss meinte, die Bullen hätten gesagt, sie wären mit der Spurensuche fertig und wir könnten wieder rein.«
»Ja.« Roarke hatte ebenfalls am Vormittag die Mitteilung erhalten, dass der Großteil des Gebäudes wieder freigegeben worden war.
»Nur hinter die Polizeiabsperrung auf und hinter der Bühne sollen wir nicht gehen. Der Boss meinte, man kriegt einen fürchterlichen Stromschlag, wenn man es versucht.«
»Das stimmt.«
»Es sollte nur jemand die Toiletten putzen. Ich habe mich freiwillig gemeldet, weil ich die zusätzliche Kohle gut brauchen kann.«
Roarke richtete sich wieder auf und sah den Jungen lächelnd an. »Das kann ich gut verstehen. Tja, Ralph, nicht wahr? Dann gehen wir am besten rein und schauen, was da los ist.«
»Sicher.« Ralph schluckte hörbar, als er hinter Roarke durch den Bühneneingang trat. »Wissen Sie, es heißt, ein Mörder kehrt immer an den Ort seines Verbrechens zurück.«
»Ach ja?«, fragte Roarke mit ruhiger Stimme, während er sich umsah. »Du wirst bestimmt noch
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