Spiel mit dem Tod (German Edition)
zu kommen. Mit einem kleinen Trick. Er wartete nämlich, bis seine Nummer vorbei war, liess eine weitere aus und, wenn dann mein Schalter frei war, stand er mit trauriger Miene vor mir, erklärte, dass er leider seinen Einsatz verpasst hätte. Ein Sonderling, aber ein liebenswerter.»
Sachen gibt es, dachte der Kommissär. Zum Glück gehöre ich nicht zu diesen sonderbaren Menschen, deren Eigenheiten beinahe zur Karikatur verkommen.
«Ist Ihnen im Laufe der Zeit etwas Besonderes an ihm aufgefallen?»
«Er strahlte immer über das ganze Gesicht, wenn er einzahlte. Die meisten Leute fluchen ja, wenn sie Geld einbezahlen müssen. Er nicht, er freute sich.»
«Hob er das Geld von einem anderen Konto bei Ihnen ab?»
«Nein. Er bezahlte das Geld immer bar ein. Das Geld holte er bei der BRS.»
Ferrari blickte sie erstaunt an.
«Was bitte ist die BRS?»
«Banquiers Rohner & Söhne, eine Privatbank. Mein Ex-Mann hat dort gearbeitet», ergänzte sie leicht errötend. «Der Mann trug immer einen Umschlag von dieser Bank mit sich. Daraus zählte er fein säuberlich den Betrag ab.»
Ferrari bedankte sich für die Auskünfte. Dieses Gespräch war aufschlussreich gewesen. Sehr sogar.
Der Staatsanwalt schien den Streit von letzter Woche vergessen oder verdrängt zu haben. Aber die Begeisterung, seine Beziehungen zur BRS spielen zu lassen, um einem allfälligen Konto von Rost auf die Spur zu kommen, hielt sich in Grenzen.
«Ihre Anhaltspunkte, von Beweisen kann ja keine Rede sein, reichen nie und nimmer aus, um offiziell anklopfen zu können. Das Bankgeheimnis lässt grüssen. Und ich auch!»
«Bestimmt haben Sie dort einen Parteifreund in leitender Position», säuselte Ferrari.
«Hm … Ernst Maurer vielleicht. Er schuldet mir noch was. Aber was sage ich da eigentlich?! Worauf lasse ich mich nur wieder ein? Sie bringen mich ständig an den Rand des Abgrunds. Irgendwann stürze ich ab, meine schöne Karriere gleich mit. Aus, futsch. Kommt überhaupt nicht in Frage, Ferrari. Haben wir nicht abgemacht, dass …»
«Ihre Karriere beginnt doch erst», unterbrach ihn der Kommissär. «Sie sind talentiert, ambitioniert und erfolgreich. Denken Sie nur an die ungeahnten Möglichkeiten, die Sie haben. Was Sie in dieser Stadt alles bewegen können, woran sich vielleicht noch Generationen erinnern werden. Olivia hat schon oft erwähnt, dass Sie ihre Unterstützung haben, falls Sie gross in die Politik einsteigen möchten.»
Was man nicht alles tut, um ein Ziel zu erreichen.
«Das sagt Frau Vischer?»
Der Staatsanwalt sah in Gedanken seinen steilen Aufstieg vor sich. Einen Quantensprung in seiner Laufbahn. Die Unterstützung der Familie Vischer wäre bestimmt hilfreich. Das sollte man nicht ablehnen. Das durfte man gar nicht. Und eine politische Karriere, die stand beim Staatsanwalt ganz oben auf der Wunschliste.
«Was schuldet Ihnen Ernst Maurer?», setzte der Kommissär nach.
«Da war mal was mit Alkohol am Steuer … he, Ferrari, lassen Sie das! Kommt nicht in die Tüte. Sie kriegen mich nicht rum.»
«Ich bin auch gerne zu Gegenleistungen bereit. Aber bitte, wenn Sie nicht wollen?!»
Der Staatsanwalt dachte angestrengt nach. Fast schien es, als würde man die grauen Zellen arbeiten sehen.
«Olivia Vischer veranstaltet in Riehen einen Wohltätigkeitsball. Ich möchte ins Organisationskomitee», brummte Borer schliesslich.
«Sie kennen sie doch sehr gut. Sie haben zusammen studiert. Rufen Sie Olivia doch einfach an.»
«Das will ich nicht. Sie soll mich anfragen.»
«Ein reines Ehrenamt. Was steckt dahinter, Herr Staatsanwalt?»
«Das gibt eine grosse Sache. Ganz Riehen steht dahinter. Das kann meinen politischen Ambitionen nicht schaden. Prestige, Ferrari.»
«Ich soll Sie also ins Gespräch bringen.»
«Nicht ins Gespräch, ins Komitee.»
«Gut, einverstanden. Eine Hand wäscht die andere. Sie besorgen mir einen Termin bei Ernst Maurer. Und sagen Sie ihm gleich, was ich von ihm will. Ich spreche mit Olivia.»
Borer rieb sich genüsslich die Hände.
«Wir sind ein ausgezeichnetes Team, Ferrari! Ganz ausgezeichnet.»
Unvermittelt kniff der Staatsanwalt die Augen zusammen und seine Stimme verlor jegliche Freundlichkeit.
«Aber lassen Sie Nadine Kupfer aus dem Spiel. Sie soll sich um die Akten kümmern. Mehr nicht. Ist das klar?»
Nach längerem Suchen fand der Kommissär den Sitz der Banquiers Rohner & Söhne in einem erst vor kurzem restaurierten, alten Fachwerkhaus im St. Alban-Tal. Alles war sehr
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