Spiel mit dem Tod (German Edition)
Ferrari!»
Maurer begleitete ihn bis zum Ausgang. Unsere Bank irrt sich nie, echote es in Ferrari. Und wenn doch, dann darf es nicht an die Öffentlichkeit dringen. Vielleicht ist das auch gut so. Oder zumindest für den eigenen Seelenfrieden besser. Auch einfacher, bequemer. Die Schweiz ist reich, reich an Möglichkeiten, bequem zugrunde zu gehen. Dieser Satz hatte sich in sein Gedächtnis gebrannt und drang immer dann in sein Bewusstsein, wenn er Gefahr lief, sich für den einfacheren Weg zu entscheiden. Der Versuchungen waren viele. Sich selbst treu zu bleiben, oftmals schwierig. Treue, Ehrlichkeit, Vertrauen, Transparenz. Alles grosse Worte. Zu gross. Wie steht es um unsere Finanzwelt? Wer weiss, was sich hinter den verschlossenen Türen abspielt? Wer welche unsauberen Geschäfte tätigt? Selbstverständlich fein säuberlich in Krawatte und Nadelstreifenanzug gekleidet. Und wenn jemand versucht, ein bisschen am Bankgeheimnis zu kratzen, wird er abserviert. Ein Nestbeschmutzer. Unvorstellbar, sollte das Bankgeheimnis in der Schweiz je fallen. Interessant war, dass sogar die Europäische Union bei den bilateralen Verhandlungen darauf verzichtet hatte, das Bankgeheimnis in der Schweiz zu kippen. Es wurde zwar ein Anlauf genommen, im Grunde genommen eher ein harmloser Vorstoss der EU, um sich gegenüber den Mitgliedern rechtfertigen zu können, fand Ferrari. Niemand scheint ernsthaftes Interesse zu haben, unser Finanzgefüge ins Wanken zu bringen. Zu viele profitieren davon. Im In- und Ausland. So einfach war das. Unglaublich, aber wahr.
Der Kommissär verliess schmunzelnd die Bank, nachdem er Ernst Maurer nochmals zugesichert hatte, das Gespräch als streng vertraulich zu betrachten. Ganz streng vertraulich. In welchem Wespennest stochere ich da eigentlich rum? Womöglich stellte sich am Ende heraus, dass Rost mit dem Leben nicht mehr fertig geworden war, weil er sich in dubiose Geschäfte verstrickt hatte. Durch meine Ermittlungen ziehe ich das Ansehen eines ehrbaren Mannes in den Dreck und erreiche genau das Gegenteil von dem, was ich eigentlich will. Ferrari versuchte seine Gedanken zu ordnen. Wo war der rote Faden? Zuerst springt ein Biedermann vom Dach des Zollgebäudes. Ein offensichtlicher Selbstmord. Nach seinem Tod entpuppt er sich als Mann mit zwei Gesichtern. Der brave, psychisch angeknackste Ehemann und Vater, der sich um seine Familie sorgt, und der Millionär, der grosszügig mit Geldern um sich wirft. Verworren das Ganze. Widersprüchlich und seltsam. Ferraris Blick verlor sich in der Weite. Die Geschichte war soeben zum Fall geworden.
Die Sonne kämpfte sich durch dicke Wolken und lockte mit angenehmen Temperaturen die Menschen ins Freie. Der Kommissär schlenderte über die Wettsteinbrücke und genoss den schönen Blick auf die Altstadt. Die alten Häuser, die engen Gassen und der Rhein. Er liebte diese Stadt, ewiglich. Am Rheinbord setzte sich Ferrari auf eine Bank und schaute einem Fischer zu, der bedächtig seine Angel einzog, um sie erneut auszuwerfen. Mit elegantem Schwung. Der Fischer schüttelte den Kopf und zog die Leine wieder ein.
«Kein Erfolg?,» rief der Kommissär ihm zu.
«Nein, heute beissen sie nicht. Dabei habe ich einen ganz speziellen Köder genommen», antwortete der Mann und hielt zum Beweis den Köder in die Luft.
Ferrari ging zu ihm hinunter. Etwas Ablenkung tat ihm gut.
«Der Köder ist das A und O!»
«Vielleicht durchschauen die Fische Ihr Vorhaben?»
«Es ist manchmal zum Verzweifeln. Gestern konnte ich mich vor Fischen nicht retten. Ich hätte einen Laden aufmachen können. Und heute ist überhaupt nichts los.»
«Dann liegt es an der Stelle», vermutete der Kommissär.
«Das hier ist der beste Platz. Ich komme seit Jahren hierher. Nirgendwo beissen sie besser an.»
«Sind die Fische überhaupt geniessbar?»
Ferrari traute der Sache nicht ganz.
«Na klar. Seit diesem dummen Chemieunfall glauben alle, der Rhein sei eine einzige Kloake. Falsch, ganz falsch. Die Wasserqualität ist gut. Das beweist allein der wachsende Fischbestand. Wollen Sie mal versuchen?»
Ferrari holte vorsichtig mit der Angel aus und schwang sie unbeholfen über dem Kopf.
«Doch nicht so. Warten Sie, ich helfe Ihnen.»
Der Köder verschwand in zehn Meter Entfernung im Rhein.
«Und jetzt?»
«Jetzt müssen wir warten. Bis einer anbeisst oder eben nicht. Wollen Sie ein Bier?»
«Ja, gern.»
Ferrari blickte rheinabwärts und lauschte der Lebensgeschichte des Fischers. Fünf
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