Spiel mit der Liebe
niemanden, an den ich mich wenden konnte.«
»Sei doch nicht dumm, du überfällst mich doch nicht.« Ariel kam zu ihr und nahm sie in den Arm. »Du bist meine beste Freundin, und ich freue mich immer, dich zu sehen.« Für eine Frau war sie sehr groß, schlank und rank, mit dem wundervollsten, silberblonden Haar, das Kitt je gesehen hatte. Ariel griff nach ihrer Hand. »Komm schon. Wir werden ein ruhiges Plätzchen finden, an dem wir uns unterhalten können.«
Sie gingen durch die Halle in einen kleineren Salon, der ganz in roten und goldenen Farben eingerichtet war. Ariel setzte sich auf ein Brokatsofa, von dem aus man hinaussehen konnte auf den Rasen. Sie klopfte auf den Platz neben sich und bedeutete Kitt so, sich neben sie zu setzen.
»Also gut, und jetzt erzählst du mir, was los ist - und warum du so gekleidet bist.«
Kitt seufzte und schüttelte den Kopf, sie fragte sich, warum die Dinge ihr nur immer wieder aus den Händen glitten. »Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Ich nehme an, bei der
Soiree von Winston. Mein Vater und ich haben uns deswegen gestritten, und er hat mich in mein Zimmer gesperrt. Es war schrecklich, Ariel. Er sagte, ich müsse volle zwei Wochen dort bleiben. Ich dachte, ich würde vollkommen verrückt werden.«
»Du konntest noch nie gut für eine längere Zeit im Haus bleiben.«
»Ich habe es volle acht Tage geschafft.«
»Acht ganze Tage«, wiederholte Ariel belustigt.
»Du kannst ruhig lachen, wenn du willst, aber mir ist es vorgekommen wie eine Ewigkeit, und ich konnte es einfach keinen Augenblick länger ertragen. Mein einziger Fluchtweg war, durch das Fenster zu klettern. Und da ich das nicht gut in einem rosa Musselinkleid tun konnte, hatte ich keine andere Wahl, als mich so anzuziehen.« Sie blickte an der zerknitterten Männerkleidung hinunter. »Ich habe diese vor einigen Jahren von meinem jüngeren Cousin Charlie geborgt, um sie an dem Abend des Boxkampfes zu tragen.«
Ariel nickte. »Daran erinnere ich mich noch zu gut.«
»Nicht nur, dass ich damit besser aus dem Haus kam, es war auch sicherer, so zu reisen.«
Ariel runzelte die Augenbrauen. »Nun, ich denke, es war ein wenig sicherer. Ich nehme an, dein Vater war wütend, weil du an dem Abend damals gespielt hast.«
»Unter anderem, ja.«
»Er drängt dich doch nicht etwa immer noch, zu heiraten? Sicher hat er mittlerweile seine Bemühungen aufgegeben, dich verkuppeln zu wollen.«
Kitt stand von dem Sofa auf. Von einer Ehe zu sprechen, war ihr unangenehm, und sie war nicht sicher, wie sie das erklären sollte. Ariel und Justin waren glücklich miteinander ... aber für sie konnte es ganz einfach nicht so sein. Sie ging ruhelos hinüber zum Fenster. Ein Frühlingsgewitter war an diesem Morgen niedergegangen, dicke Tropfen schlugen gegen das Fenster und auf die Blätter der Bäume. Die Spitzen ihrer Stiefel glänzten noch immer feucht.
»Vater hat noch nicht aufgegeben. In Wirklichkeit ist er entschlossener denn je. Noch bevor die Saison begann, haben bereits ein halbes Dutzend mittelloser Aristokraten an meine Tür geklopft, die es gar nicht erwarten konnten, ihr Vermögen aufzubessern. Du hast sie doch gesehen, Ariel, nicht ein Einziger von ihnen will mich um meiner selbst willen haben. Sie sind nur an meiner Mitgift interessiert - die lächerlich groß ist - und natürlich auch an meinem Erbe. Aber das scheint meinen Vater nicht zu stören. Er denkt, ich sollte einen von ihn nehmen und es hinter mich bringen. Es ist ihm ganz gleich, wer von ihnen das ist. Er will mich ganz einfach nur verheiraten, damit ich ihm aus dem Weg bin.«
»Ich denke, er macht sich Gedanken über deine Zukunft. In den vergangenen Jahren bist du sehr wagemutig gewesen, und dein Ruf hat darunter gelitten. Es scheint nicht fair zu sein, aber es ist nun einmal so.«
Kitt blickte an sich hinunter und kämpfte gegen die Verlegenheit an. »Also gut, ich habe mich eben ein oder zwei Mal als Mann gekleidet. Es tut doch niemandem weh, und niemand hat darunter gelitten.«
»Es geht hier nicht nur um die Kleidung, und das weißt du auch. Wenn ich mich recht erinnere, hat dein Vater das letzte Mal, als du dich als Mann verkleidet hast, auf dich gewartet, als Harcourt dich nach Hause gebracht hat.«
Kitt erstarrte. »Wenn der Mann mir erlaubt hätte, wieder durch das Fenster in mein Zimmer zu klettern, so, wie ich es wollte, hätte mein Vater niemals etwas davon erfahren. Und außerdem hat Glynis Marston sich auch als Mann verkleidet,
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