Spiel mit mir!: Roman (German Edition)
Begleitschutz. «
»Also, geben Sie sich einen Ruck.« Er stupste sie leicht mit dem Ellbogen an, um sie endgültig zum Mitkommen zu bewegen. »Gönnen Sie sich mal eine kurze Pause von Ihrem Leben.«
Amber lächelte. Er wusste gar nicht, wie verführerisch dieses Angebot für sie klang. Sie spähte über seine Schulter hinweg zur Bar, wo Marshalls schmieriger bester Freund J. R. herumlungerte.
Er beobachtete sie.
Sie hatte geahnt, dass Marshall sie nicht kampflos ziehen lassen würde. Er hatte J. R. auf sie angesetzt, damit er sicher sein konnte, dass er sie später finden würde, um sie doch noch umzustimmen. Die Aussicht, aus dem Casino des Bellagio zu verschwinden, kam ihr daher mehr als verlockend vor; zumal sie im Begriff war, mit einer ganzen Horde Polizisten loszuziehen. Und wenn sie obendrein noch etwas mehr Zeit mit ihrem sexy Retter in der Not verbringen konnte, war das quasi das Sahnehäubchen auf der Schokoladentorte.
»Außerdem, wie soll ich Sie denn weiterhin anbaggern, wenn Sie nicht mitkommen?«, fragte er und ließ seinen Atem sanft über ihre Wange streichen. Sein nach Moschus duftendes Rasierwasser ließ ihr die Knie weich werden.
Er übte eine unbeschreiblich starke Wirkung auf sie aus, und sie konnte weder seinen Argumenten noch seinem Charme widerstehen. Eigentlich war ein neuer Verehrer das Letzte, was sie jetzt brauchte, aber die Erregung, die von ihr Besitz ergriffen hatte, sagte ihr unmissverständlich: Es konnte auch nicht schaden.
»Dann mal los.« Sie hakte sich bei ihm unter.
Mit überraschter, aber erfreuter Miene führte Mike sie zu seinen Freunden. »Darf ich vorstellen: Mein Partner Dan Sullivan und seine Gattin Natalie. Die beiden haben gestern Abend geheiratet, und das feiern wir jetzt gebührend.« Dann ratterte Mike noch ein halbes Dutzend weiterer Namen herunter, und Amber prägte sich die dazugehörigen Gesichter ein.
Personen, Orte, Namen und Zahlen waren ihre Spezialität, was sie nicht nur zu einer guten Concierge, sondern zu einer der besten in der Branche gemacht hatte. Diesbezüglich kannte sie keine falsche Bescheidenheit. Ein fotografisches Gedächtnis war im Dienstleistungsgewerbe unbezahlbar. Genau wie ein freundliches Wesen, und das hatte sie von ihrem Vater geerbt.
Wie erwartet versetzte es ihr einen Stich in die Brust, als sie an den vor Lebensfreude sprühenden Charmeur dachte, der er einst gewesen war. Es war nicht mehr viel übrig von Sam Brenner; die fortschreitende Erkrankung hatte ihn richtiggehend ausgehöhlt. Um sie vor seinem Leben als Schwindler zu beschützen, hatte er ihr nicht seinen eigenen Nachnamen gegeben, sondern den Mädchennamen seiner verstorbenen Frau. Und Amber fühlte sich geehrt, ihn zu tragen, denn auf diese Weise lebte die Erinnerung an ihre Mutter, die sie nie kennengelernt hatte, weiter. Und es hatte ihren Vater glücklich gemacht, jedenfalls so lange, bis die Krankheit die Oberhand gewonnen hatte.
Amber und ihr Vater waren sich immer nahegestanden, weshalb sie irgendwann beschlossen hatte, ihre Großeltern zu verlassen und ihn auf seinen Touren zu begleiten. Mit achtzehn hatte sie eine dem herkömmlichen Schulabschluss gleichgestellte Prüfung abgelegt und dann den Chef-Concierge im Crown Chandler Hotel in Vegas überredet, sie als seine Assistentin einzustellen. Er hatte sie in die Branche eingeführt, und anschließend war Amber quer durchs Land gereist, um sämtliche Hotels der Kette kennenzulernen und schließlich im Alter von gerade einmal einundzwanzig Jahren in Beverly Hills als leitende Angestellte anzufangen.
Dort war sie dann drei Jahre geblieben, bis sie vor einem halben Jahr wieder zu ihrem Vater nach Las Vegas gezogen war, um sich um ihn zu kümmern. Sie hatte eine Stelle als Bedienung in der Bar eines alten Freundes angetreten, der ihr versicherte, sie könne sich jederzeit freinehmen, falls ihr Vater dringend Hilfe brauche. Derlei wäre völlig undenkbar gewesen, wenn sie in einem Hotel in Vegas gearbeitet hätte. Doch es war keine drei Monate gutgegangen. Als sie eines schönen Tages nach Hause gekommen war und festgestellt hatte, dass ihr Vater ziellos durch die Straßen von Las Vegas wanderte, hatte sie der Wahrheit ins Auge sehen und ihm ein Pflegeheim suchen müssen.
Die ersten Heime, die sie sich angesehen hatte – Heime, die sie sich mit dem Gehalt einer Concierge hätte leisten können – waren schäbige Bruchbuden, in denen sie ihren Vater
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