Spiel mit mir!: Roman (German Edition)
nicht im Traum gelassen hätte. Heruntergekommene Einrichtungen, geführt von Leuten, die offensichtlich nicht gut genug entlohnt wurden, um sich gebührend um ihre greisen Insassen zu kümmern. Die Zustände dort – und der Geruch – hatten Amber die Tränen in die Augen getrieben. Ihr war klar geworden, dass sie schleunigst eine Menge Geld auftreiben musste, um ihren Vater in einem ordentlichen privaten Heim unterzubringen.
Noch in derselben Nacht hatte sie sich auf die Suche nach Marshall gemacht. Dieser hatte innerhalb weniger Tage einen Coup arrangiert, nach dem sie mit genügend Bargeld und der Gewissheit nach Hause gegangen war, dass für die Zukunft ihres Vaters gesorgt war.
Sie schüttelte die Erinnerung daran ab und konzentrierte sich wieder auf Mike und seine Freunde. Mike hatte bei der Vorstellungsrunde den Arm um ihre Schultern gelegt, was für die anderen bedeutete, sie herzlich und ohne Fragen zu stellen in der Gruppe willkommen zu heißen.
Ehe sie zum nächsten Hotel aufbrachen, versorgten sie sich noch mit Drinks. Jemand reichte Amber eine Bloody Mary, die sie unauffällig gegen ihren Lieblingsdrink austauschte: Grey Goose Orange, Club Soda und eine Orangenscheibe. Wenn sie sich schon etwas gönnte, dann wollte sie es auch genießen.
Mike nahm ihre Hand, und sie traten aus dem Casino in die schwüle Hitze von Las Vegas, ihrem Las Vegas, ihrer geliebten Heimatstadt. Die blinkenden Lichter, der Trubel, die allenthalben spürbare Lebenslust … Sie fühlte sich regelrecht high, wie sie so durch die Straßen dieser aufregenden Stadt spazierte, an der Seite eines nicht minder aufregenden Mannes.
Sie war gerade solo, und ihre letzte Beziehung war schon eine ganze Weile her. Fast hatte sie das Gefühl, als hätte sie bewusst gewartet. Auf ihn. Und sie ertappte sich bei dem Wunsch, dass ihre gemeinsame Zeit nie enden würde.
Sie würde sich dieses unerwartete Glück nicht verderben lassen.
Nicht einmal von der dumpfen Ahnung, die ihr sagte, dass Marshall und sein Kumpel J. R. ihr dicht auf den Fersen waren.
Den ganzen Tag lang becherten sie hemmungslos, und genauso hemmungslos lachte Amber immer wieder und berührte Mike spontan am Arm oder legte ihm die Hand auf den Rücken. Sie fühlte sich sichtlich wohl damit, ihm ihre Zuneigung offen zu zeigen, und versetzte ihn damit in einen permanenten Erregungszustand, der auch den ganzen feuchtfröhlichen Abend über anhielt. Sie schien es zu genießen, Zeit mit ihm zu verbringen, und er amüsierte sich so blendend, dass er nicht darüber nachdenken, geschweige denn sich danach erkundigen wollte, wie sie diesen Tag verbracht hätte, wenn sie sich nicht über den Weg gelaufen wären.
Seine Freunde hatten keine festen Pläne; sie wollten lediglich feiern, und Amber bereitete es das größte Vergnügen, ihnen sämtliche Luxushotels aus der Sicht einer Einheimischen zu zeigen. Unterwegs machten sie in jedem Lokal und Casino am Strip halt, unter anderem in einer Bar, die einem Bekannten von Amber gehörte, und in der sie, wie sie sagte, stundenweise jobbte.
Mike hatte aufgehört, mitzuzählen, wie viel Bier er schon konsumiert hatte; er wusste nur, dass er schon ordentlich einen sitzen hatte. Amber hatte fleißig mit den anderen Frauen mitgehalten und einen Wodka Orange nach dem anderen gekippt. Sie verbrachten Stunden in Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett im Venetian Resort Hotel und schossen Erinnerungsfotos mit einer Digitalkamera, die irgendjemand mitgebracht hatte. Dann aßen sie im Grande Lux Café zu Abend, verdrückten zum Nachtisch Käsekuchen und kehrten dann zum Casino zurück. Dort löste sich die Gruppe auf, nachdem man sich lose für den nächsten Morgen verabredet hatte.
»Sieht so aus, als wären wir allein«, bemerkte Amber.
Er nickte. »Stört es dich?«
»Um ehrlich zu sein, bin ich erleichtert. Wie soll ich dich sonst besser kennenlernen?« Sie schlang ihm den Arm um die Taille und umhüllte ihn mit ihrer verlockenden Wärme. »Komm mit.«
»Wo gehen wir hin?« Nicht, dass er sich groß Gedanken machte. Er wäre ihr überallhin gefolgt.
Ihre Augen funkelten, als sie mit ihm die Eingangshalle durchquerte und die Ladenzeile passierte. »Wir machen eine Tour mit der Gondel.« Fröhlich lachend bugsierte sie ihn durch das Hotel, bis sie sich am Ende einer kurzen Warteschlange wiederfanden.
Er warf einen Blick über das Geländer und sah, dass ein Kanal quer durchs Hotel
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