Spiel mit mir!: Roman (German Edition)
Licht bringen. Wenn Edwards Verhalten nicht durch den Corwin-Fluch bedingt war, sondern Folge einer eindeutig nachweisbaren psychischen Krankheit, die womöglich auch noch vererbbar war … war dann womöglich auch Mikes geistige Gesundheit in Gefahr?
»Mike?«, fragte Amber sanft. »Wäre es nicht einen Versuch wert? Vielleicht könnte man etwas für deinen Vater tun.«
Er atmete laut aus. Seinen eigenen Ängsten zum Trotz wollte er natürlich nichts lieber, als seinem Vater helfen. Aber er schämte sich dafür, dass er selbst nie in Erwägung gezogen hatte, einen Psychiater zurate zu ziehen. Niemand hatte das getan.
Erst Amber war auf die Idee gekommen. »Ich werde mich darum kümmern«, murmelte er schließlich und tastete über sie hinweg nach der Nachttischlampe, um das Licht zu löschen. Dann rollte er sich zur Seite, drehte ihr den Rücken zu in dem Versuch, das Begehren und die emotionale Bindung, die sie so mühelos aufgebaut hatte, zu ignorieren.
Amber kuschelte sich unbeirrt an ihn, nahm ganz selbstverständlich ihren Platz an seiner Seite ein und legte ihm den Arm um die Hüfte. »Ich will dir und deiner Familie nur helfen«, ertönte ihre Stimme in der Dunkelheit.
Niemand hatte ihnen je zuvor helfen wollen. Die Kinder waren Schlange gestanden, um sich über sie lustig zu machen; und die Erwachsenen hatten nichts lieber getan, als über die Corwins zu tuscheln.
»Warum?«, wollte er wissen.
»Weil ich deine Frau bin.« Sie drückte ihn an sich. »Und weil mir deine Familie am Herzen liegt.«
Weil mir deine Familie am Herzen liegt.
Ambers Worte gingen Mike am nächsten Morgen gleich als Allererstes durch den Kopf. Auch unter der Dusche konnte er nur daran denken, was sie gesagt hatte. Gab es Hilfe für seinen Vater? Falls ja, wäre es lohnend, sich dafür seinen Ängsten in Bezug auf eine mögliche Erbkrankheit zu stellen, um es herauszufinden.
Amber hatte in der vergangenen Nacht sein Herz berührt wie noch nie ein Mensch zuvor. Sie war nicht nur wunderschön, sondern auch klug und hilfsbereit, und beide Eigenschaften kamen ihm und seiner Familie zugute. Dass er ihrem Sex-Appeal nicht widerstehen konnte, hatte er bereits gewusst. Doch jetzt hatte er auch noch Schwierigkeiten, der Anziehungskraft ihres liebenswerten, umsichtigen Wesens zu widerstehen – und der Einsamkeit, von der er nicht einmal gewusst hatte, dass er darunter gelitten hatte, bis Amber in sein Leben getreten war.
Er hatte keine andere Wahl. Er musste das Wissen um ihre betrügerische Seite vorerst verdrängen, um zulassen zu können, dass sie seinem Vater half. Was unweigerlich dazu führen würde, dass sie seiner Familie noch mehr ans Herz wachsen würde.
Und ihm ebenfalls.
Vor dem Frühstück hörte er seine Mailbox ab. Keine Anrufe von dem Privatdetektiv aus Texas. Allerdings war es dort zwei Stunden früher, also hinterließ er Elvin Rogers eine weitere Nachricht auf dem Anrufbeantworter im Büro.
Er schuldete Amber einen Gefallen. Schließlich gab sie sich größte Mühe, um Edward zu helfen. Er musste sich dringend um King Bobby kümmern, und zwar bevor sich King Bobby um Amber kümmerte.
Während Amber für die Corwin-Männer Frühstück machte – einfache Pfannkuchen aus einem Fertigteig und dazu Orangensaft –, dachte sie über Mikes gestrige Reaktion nach. Er hatte nicht allzu viel erwidert auf ihren Vorschlag, Edward zum Arzt zu bringen, aber immerhin hatte er ihr zugestimmt.
Sie hatte offenbar einen empfindlichen Punkt bei ihm getroffen. Ärgerte es Mike womöglich, dass sich seine »zukünftige Ex« in Familienangelegenheiten einmischte, oder steckte noch mehr hinter seiner Wortkargheit? Und falls ja, was?
Nun, sie würde es schon noch herausfinden.
Sie stapelte die Pfannkuchen auf einem Teller, den sie in die Mitte des Tischs stellte.
»Mike! Edward! Frühstück ist fertig!«, rief sie, doch ehe einer der beiden erschien, klingelte es an der Haustür.
Mikes Schritte hallten durch den Flur, dann ertönte seine Stimme. »Gabrielle! Was machst du denn schon hier?«
»Ich wollte bloß mal vorbeischauen, nachdem ich gehört habe, dass es gestern bei euch reichlich Aufregung gegeben hat«, sagte Gabrielle. »Du siehst gut aus, Mike. Das Eheleben scheint dir ja bestens zu bekommen.«
Amber zuckte zusammen und eilte zur Haustür, um weitere Aussagen dieser Art im Keim zu ersticken.
»Wenn du mich aushorchen willst,
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