Spiel ohne Regeln (German Edition)
ich dachte, Sie wollen, dass Ihre Feinde mir folgen … «
»Dem ist auch so. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun«, seufzte Zhoglo. »Hierbei geht es um eine völlig andere Sache. Sie ist nicht für die Ohren unserer Feinde bestimmt. Finde ein Mädchen für mich! Extrem hübsch muss sie sein. Blond, wenn möglich. Frisches, unschuldiges Aussehen. Unter zwanzig. Intelligent genug, um eine amüsante Scharade für uns zu spielen.«
Pavel räusperte sich und nickte. »Ja, Vor. Ich kenne genau das richtige Mädchen.«
Zhoglo lächelte ihm anerkennend zu. »Das dachte ich mir. Bring sie sofort zu mir!« Ein Ausdruck gespielten Kummers breitete sich auf seinem Gesicht aus. »Die arme Marya. Weiß sie von der Schwäche ihres wertlosen Ehemanns?«
Pavel schluckte. »Äh, nein, Vor.«
»Nicht, dass ich irgendetwas gegen Huren einzuwenden hätte. Gewiss nicht. Meine eigene Mutter war eine Hure, hat man mir gesagt. Ach ja, das erinnert mich an etwas. Da wir gerade über Huren und Mütter sprechen – Mikhail, könntest du diese Videokonferenzschaltung wieder herstellen? Da ist etwas, das ich dir zeigen möchte. War dir bewusst, dass deine Frau versucht hat, dich zu verlassen, Pavel? Zusammen mit Misha? Sie hatte es fast bis nach Krakau geschafft, bevor meine Männer sie einfingen und zurückbrachten.«
Pavels ohnedies schon bleiches Gesicht nahm eine kränkliche graue Farbe an. Zhoglo lächelte in sich hinein. Dieser Idiot. Nach den teuren Fehlern, die er gemacht, dem vielen Geld, das er gekostet hatte, noch zu glauben, er könnte sich durch Speichelleckerei seiner Strafe entziehen. Er hatte tatsächlich geglaubt, er könnte seine Frau und seinen verbliebenen Sohn aus der Gefahrenzone schaffen.
Es gab keinen Ort auf der Welt, der vor Vadims Zugriff sicher war.
»Ich habe Marya und Misha zu mir nach Hause bringen lassen, damit meine Männer sie für dich beschützen können«, säuselte Zhoglo. »Sei ganz beruhigt! Sie werden als meine Gäste verwöhnt. Ich habe Mikhail beauftragt, eine Videokonferenzschaltung einzurichten, da ich mir sicher war, du würdest dem feigen Miststück eine Rüge erteilen wollen. Dich in der Zeit der Not einfach im Stich zu lassen! Die Niedertracht der Frauen. Mikhail? Steht die Leitung?«
»Ja, Vor. Einen Moment noch, bis Aleksei die Frau vor den Computer geholt hat«, erwiderte Mikhail.
Das digitale Bild verschwamm, bevor ganz allmählich Marya Cherchenko erkennbar wurde, mit ihrem kleinen Sohn auf dem Schoß. Ihre Augen lagen tief in den Höhlen, ihr Mund wirkte flach und blutleer in ihrem schmalen Gesicht.
Schon seltsam, wie sehr sich die Wahrnehmung verändern kann, sinnierte Zhoglo. Er hatte Marya als schöne Frau in Erinnerung, aber jetzt sah sie abgezehrt, fast alt aus. Die Haut spannte sich über ihr knochiges Gesicht, ihr Haar war stumpf und strähnig. Der Weg allen Fleisches, überlegte er mit einem Anflug von Melancholie.
Der kleine Junge sah genauso erbarmungswürdig aus. Seine Augen wirkten riesig in seinem ausgezehrten Gesicht.
Pavel starrte sie an. Sie starrten zurück.
»Papa?«, wimmerte der kleine Junge.
Zhoglo wirkte zutiefst mit sich zufrieden, wackelte mit den Fingern in den Taschen seiner maßgeschneiderten Leinenhose. Die anderen Männer im Raum trugen allesamt die einstudierte Gleichgültigkeit zur Schau, die von ihnen erwartet wurde, wenn sie die Bestrafung eines Kollegen verfolgten. Aber er konnte das Ausmaß an Anspannung im Raum fühlen. Sie war extrem hoch. Ein und derselbe Gedanke schwirrte durch die Köpfe der Männer – Zhoglo konnte es sehen, als wäre er ihnen in Neonschrift auf die Stirn geschrieben: Dies könnte ich sein .
Er sorgte immer dafür, dass diese Momente öffentlich zelebriert wurden. Seine Untergebenen mussten wissen, was ihnen blühte, wenn sie versagten. Wenn sie in seinen Diensten nicht das Beste, ja, mehr als das Beste gaben. Jeder dieser Männer war verzweifelt dankbar dafür, in seiner Gunst zu stehen, und eifrig darauf bedacht, ihm zu gefallen, sich bei ihm einzuschmeicheln. Ein jeder würde ihm jeglichen Verdacht auf einen Verrat sofort mitteilen, ihn ihm vor die Füße legen wie eine Katze, die ihrem Besitzer eine tote Maus präsentiert.
Genau, wie es sein sollte. Jeder war an seinem Platz. Die Barrieren, die er schuf, beschützten diese Männer, versorgten ihre Familien, verliehen ihrer Welt Struktur.
Immerhin trug er einen beträchtlichen Teil zum Erhalt einer gigantischen Schattenwirtschaft bei. Ohne ihn würden
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