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Spiel ohne Regeln (German Edition)

Spiel ohne Regeln (German Edition)

Titel: Spiel ohne Regeln (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon McKenna
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können – , aber wozu dann all diese koketten, sinnlichen Kurznachrichten? Zur Tarnung? Um ihn in die Irre zu führen? Himmel, war es denkbar, dass sie vor ihm davonlief?
    Eine unwillkommene Erinnerung nahm in seinem Kopf Gestalt an, und ihm wurde augenblicklich übel. Seine Mutter. Ihre vielen Versuche, seinem Vater zu entkommen. Anfangs war sie mit Nick weggelaufen, aber später, als die Dinge immer noch schlimmer wurden, hatte sie versucht, ohne ihn wegzulaufen.
    Sie war nie weit gekommen. Sein Vater hatte sie von allem isoliert, weit draußen in der endlosen Steppenlandschaft Wyomings, wo sie keine Freunde finden konnte. Sie fuhr nicht Auto, ihr Englisch war praktisch nicht existent gewesen, und sie besaß kein eigenes Geld. Sie hatte jedes Mal furchtbar vernichtet ausgesehen, wann immer sein Vater sie zurückgebracht hatte. Nick empfand Schuldgefühle, weil er so unendlich dankbar dafür gewesen war, dass sein Vater sie erwischt hatte.
    Bis schließlich der Krebs sie für immer dem Zugriff seines Vaters entzogen hatte, als Nick zwölf Jahre war.
    Er erinnerte sich noch heute daran, wie er ihre Hand gehalten hatte, auf ihrem Gesicht ein Ausdruck sprachloser Erleichterung, als sie schließlich den unbarmherzigen Schmerzen ihrer Krankheit entglitten war – und damit dem Elend, Anton Warbitsky ertragen zu müssen. Ein Zustand, den man als chronische Krankheit per se klassifizieren konnte. Er musste es wissen.
    Sie war gestorben mit Nicks Kosenamen auf den Lippen. Kolya. Kolyuchka.
    Sein Magen schmerzte. Es war ein stumpfes, unerträgliches Ziehen. Er hatte sein ganzes Leben versucht, vor diesem Gefühl wegzulaufen, und hier war es wieder – überwältigend und grausam wie eh und je.
    Ach, scheiß drauf! Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, um alte, quälende Erinnerungen hervorzukramen. Er hatte im Hier und Jetzt schon genug Sorgen.
    Er programmierte sein Handy darauf, unverzüglich benachrichtigt zu werden, sobald Becca ihres wieder einschaltete. Musste sie diese Scheiße ausgerechnet jetzt abziehen, während er hier festsaß und Milla und Pavel observieren musste? Er konnte ihr noch nicht mal hinterherfahren.
    Er war aufgewühlt, besorgt. Und verletzt. Dass er verletzt war, machte ihn rasend. Es interessierte ihn brennend, den Grund zu erfahren, warum Becca ihn angelogen hatte. Tatsächlich konnte er ihre verfluchte Erklärung kaum erwarten.
    Becca raste in einigem Abstand Dianas Heckleuchten auf der Autobahn Richtung Norden hinterher, während sie nervös überlegte, als wie gefährlich sich dieser bescheuerte Einfall, Mathes’ Geliebter zu folgen, letzten Endes entpuppen würde.
    Allerdings fand sie das Gefühl tröstlich, dass Diana, ihrem Gewimmer und Geschniefe in Marlas Büro nach zu urteilen, bei dieser Sache mindestens so unerfahren war wie Becca selbst. Die Chancen standen gut, dass sie nicht darauf achten würde, ob jemand ihr folgte. Zumindest hoffte Becca das.
    Der Asphalt jagte unter ihren Reifen dahin. Ihre Augen tränten vor Anstrengung, Dianas Rücklichter ständig im Fokus zu behalten. Jedes Mal, wenn sie um eine Kurve verschwanden, erfasste sie Panik, bis sie sie wieder entdeckte. Sie trat aufs Gas, um Marke, Farbe und Kennzeichen des Wagens zu erkennen, dann ließ sie sich wieder zurückfallen, konnte jetzt etwas ruhiger atmen – und fahren.
    Sie musste den Verstand verloren haben. Sie sollte diese Informationen Nick übermitteln. Er kannte sich mit so etwas aus. Sie dagegen kannte sich damit aus, unvergessliche Menüs zu planen. Sie kannte allein sechs fantastische Rezepte für gefüllte Pilze und war die Königin des Artischockendips. Sie konnte Wein einschenken, ohne einen einzigen Tropfen zu verschütten. Sie wusste, wo man satte Rabatte auf Tischdecken bekam. Was machte sie hier auf der Autobahn, auf der Spur einer Kriminellen?
    Vielleicht lag es daran, dass sie gefeuert worden war. Ihr Vollzeitjob bestand nun darin, alles Erdenkliche zu unternehmen, um sich aus dieser albtraumhaften Falle, in der sie saß, zu befreien, denn so lange gab es für sie keine Hoffnung, auch nur ein annähernd normales Leben zu führen. Abgesehen davon glaubte sie an Vorsehung. Die Gelegenheit, der Frau zu folgen, war aufgetaucht wie ein blinkender Neonpfeil. Es war ja nicht so, als hätte sie die Pausetaste drücken, Nick anrufen und die Sache an jemanden delegieren können, der qualifizierter war als sie. Hier war nur sie selbst oder niemand, jetzt oder nie. Sie hätte schon ein feiger Waschlappen

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