Spiel ohne Regeln (German Edition)
sein müssen, um die Chance nicht zu ergreifen.
Das Problem war, dass sie sich alarmierend stark wie ein feiger Waschlappen fühlte. War es wirklich ihr Instinkt gewesen, der sie dazu verleitet hatte, Diana den Flur hinab zu folgen? Oder nur ein willkürlicher elektrischer Impuls aus den Tiefen ihres erschöpften Hirns? Überkreuzte Drähte, defekte Sicherungen – woher sollte sie das wissen?
Sie versuchte, sich Mut zuzusprechen. Immerhin verfolgte sie eine Frau, die nicht viel Rückgrat zu haben schien, so wie Mathes mit ihr umgesprungen war. Becca hätte nicht die Courage, einem von Zhoglos bewaffneten Gangstern zu folgen, aber Diana war ein anderes Kaliber. Dem belauschten Gespräch nach zu urteilen, war die Frau vermutlich auch Medizinerin und keine Berufsverbrecherin. Nicht bewaffnet und ähnlich ahnungslos wie sie selbst, was diese Situation betraf, so hoffte Becca.
Sollte es am Ende zu einer körperlichen Auseinandersetzung kommen – Gott bewahre! – , wäre Becca vielleicht sogar in der Lage, sie in Schach zu halten, falls die Waffen schwingende Handtaschen, falsche Fingernägel, Beleidigungen und Ohrfeigen waren.
Allerdings standen die Chancen gut, dass Diana unterwegs war, um Leute zu treffen, die mit Zhoglo in Verbindung standen. Und selbst wenn Diana kriminell gesehen nicht kompetent war, traf auf Zhoglos Leute definitiv das Gegenteil zu.
Zu welch unbekanntem Ziel Diana auch immer unterwegs sein mochte, es versetzte Becca in Angst und Schrecken. Blut . Gewebetypisierung .
Eine neue Welle der Furcht erfasste sie. Gott, wie sehr sie sich wünschte, Nick wäre bei ihr! Sie wollte ihn anrufen, ihm sagen, was sie an neuen Informationen hatte: Mathes’ Namen, Dianas Autokennzeichen, die kryptische Konversation, die sie in Marlas Büro belauscht hatte. Aber als sie endlich daran dachte, ihn anzurufen, war sie außerhalb des Funkbereichs ihres Anbieters.
Ihr war übel vor Unbehagen. Er brauchte diese Informationen, aber sie konnte schlecht an einer Telefonzelle halten und sie ihm geben, ohne Diana zu verlieren. Außerdem war sie sich todsicher, dass Nick nicht einverstanden sein würde mit dem, was sie gerade tat. Ha! Ihm würde vor Wut der Kopf explodieren.
Wenigstens ahnte er nicht, wo sie gerade war. Seines Wissens nach war sie noch immer bei dem Bankett im Club. Sie hatte bis Mitternacht Zeit, bevor er anfangen würde, sich zu sorgen und zu grübeln. Zweieinhalb Stunden. Sie würde noch ein bisschen dranbleiben, und mit etwas Glück würde Diana die unbekannte schreckliche Tat, die Mathes ihr aufgetragen hatte, schnell genug vollbringen, damit Becca sie dabei beobachten und es rechtzeitig zurück nach Seattle und zu ihrer Verabredung mit Nick schaffen würde. Ja, genau. Das klang wirklich realistisch.
Sie hatten fast schon einen unscheinbaren ländlichen Bezirk namens Kimble erreicht, als Dianas schwarzer PT Cruiser blinkte. Sie bog in eine lange Einkaufsstraße ab und folgte ihr über mehrere Kilometer, bevor sie direkt vor einem Days Inn erneut den Blinker setzte.
Becca erstes großes Dilemma. Ihre Gedanken rasten, während sie um einen großen Gebäudekomplex kurvte. Scheiße, was nun? Sie konnte der Frau ja schlecht in das Hotel folgen.
Sie überdachte die Situation. Davor befand sich ein Kurzzeitparkplatz. Die Gäste parkten auf dem weitläufigeren Areal dahinter. Also würde Diana ihren Wagen um das Gebäude herum fahren müssen, unabhängig davon, wo ihr Zimmer lag.
Becca steuerte ihren Wagen auf den rückwärtigen Parkplatz, dann überlegte sie weiter hin und her, wobei sie nervös an ihren Nägeln kaute. Jetzt könnte sie Diana dabei zusehen, wie sie von ihrem Auto zum Hotel ging. Große Sache. Sie stieg spontan aus und schlich sich durch die Hintertür hinein. Der Hausmeister hatte einen Mopp in den Türspalt geklemmt, um sie offen zu halten. Danke, Kumpel! Dadurch brauchte sie keinen Kartenschlüssel.
Im Inneren zweigten zwei Flügel zu den Gästezimmern ab, einer nach rechts, der andere nach links. Vorbei an Snack- und Getränkeautomaten, Eismaschinen und Toiletten konnte sie durch den Lobbykorridor bis vor zur Rezeption sehen. Diana stand noch am Tresen und checkte ein. Sie wurde von einer Frau mit voluminös auftoupiertem rotem Haar bedient.
Diana nahm ihren Kartenschlüssel entgegen, dann ging sie nach draußen, um ihr Auto hinter das Gebäude zu fahren. Becca zog währenddessen eine Show mit ihrem Handy ab, indem sie auf das Display starrte und eine fingierte SMS
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