Spiel ohne Regeln (German Edition)
tonlos.
Hinter ihm bemerkte er plötzlich eine hektische Bewegung, dann erklang verängstigtes Gemurmel. Ein Schrei. Nick fuhr herum. Mathes bedrohte ihn mit einer Pistole.
Dann fiel ein Schuss, und Mathes jaulte auf vor Schmerz. Seine Pistole segelte in einem trägen Bogen über den OP -Tisch. Sie landete polternd auf dem Boden und schlitterte in eine Ecke. Mathes fiel auf die Knie und hielt sich seine rechte Hand. Sofern man dies noch als Hand bezeichnen konnte. Es war mehr eine zerfleischte Masse aus Blut, Knochen und Sehnen.
Keiner der anwesenden Ärzte machte Anstalten, Erste Hilfe zu leisten.
Seth guckte zu Nick und zuckte entschuldigend mit den Schultern. »Ich hätte ihn wahrscheinlich einfach abknallen sollen, aber ich wollte die Hand ruinieren, mit der er seine schmutzigen Taten ausführt. Außerdem gefällt mir die Vorstellung, wie viel Spaß er im Knast haben wird, sobald seine Mitinsassen herausfinden, dass er darauf steht, kleine Kinder auszuweiden.«
»Kein Problem«, meinte Nick. »Danke!« Er wandte sich wieder der Anästhesistin zu. »Wo sind die restlichen Kinder?«
»Welche Kinder?« Die mürrische Kuh versuchte, ihn hinzuhalten.
Er gestikulierte mit der Waffe zu dem stöhnenden Mathes, dessen Blut auf den Boden tropfte. »Sehen Sie dieses Arschgesicht? Sehen Sie seine Hand?«
»Ja«, bestätigte sie zögerlich.
»Wollen Sie die Nächste sein?«, fragte er. Sie schüttelte den Kopf. »Gut. Dann lassen Sie es uns noch mal versuchen. Wo sind die Kinder?«
Sie starrte blinzelnd auf die Waffe. »Irgendwo im Untergeschoss. Ich war selbst nie dort. Keiner von uns. Sie haben sie mit dem Fahrstuhl hochgebracht.«
»Sie? Wer sind sie?«
»Die Leute, die sich um die Kinder kümmern.«
Sich kümmern, alle Achtung! Er dachte daran, wie dünn Sveti war, an die Blutergüsse in ihrem Gesicht. »Wie viele sind es?«
»Ich habe nur zwei gesehen. Einen Mann und eine Frau.«
Nick schaute zu Seth. »Ich gehe runter.«
Seth wirkte besorgt. »Allein?«
»Du bleibst bei Sveti.« Niemals würde Nick sie allein in einem Raum voller Menschen lassen, die ihr gerade noch das Herz rausschneiden wollten.
»Das Problem ist gelöst«, ertönte Tams kühle Stimme aus Richtung Tür.
Sämtliche Augen wandten sich ihr zu. Es ließ sich kaum vermeiden. Glitzernd und funkelnd, blonder als blond stolzierte sie auf ihren zehn Zentimeter hohen silbernen Absätzen ins Zimmer, in ihrer Hand eine elegante Walther PPK .
»Ich werde mit dir kommen«, verkündete sie. »Die Bullen sind schon auf dem Weg, um den Rest von diesem Abschaum einzusammeln.« Mit schmalen Augen musterte sie die Ärzteschar.
»Gut«, erwiderte Seth. »Geht ihr beide nach unten. Ich bleibe hier und stelle sicher, dass keiner der Anwesenden vor dem Eintreffen der Polizei zu verschwinden beschließt.«
Der Aufzug funktionierte ohne Schlüssel. Offenbar gab es keine Sicherheitsbedenken mehr, sobald man es erst mal so tief in die Eingeweide dieser Tötungsfabrik geschafft hatte. Fünf Untergeschosse. Er sah Tam fragend an, die das mit einem Deine-Entscheidung-Schulterzucken quittierte.
Er entschied sich für die unterste Etage. Das schien ihm symbolisch angemessen.
Die Tür öffnete sich in einen weiteren Korridor im Rohbau, mit schlangenartigen Rohren entlang der Decke und einem grauen Betonboden. Zur Linken mündete der Gang nach etwa zwanzig Metern in eine Sackgasse. Zur Rechten beschrieb er nach fünfzig Metern eine L-förmige Kurve.
Sie wandten sich nach rechts.
Das Geräusch hastiger Schritte veranlasste sie, wie angewurzelt stehen zu bleiben. Rasselnde, panische Atemzüge waren zu hören, bevor ein hektischer Mann mit wildem Blick und einer Schusswaffe in der Hand um die Biegung gerannt kam. Er sah aus wie ein wahnsinniger Kobold, mit fettigen blonden Strähnen, die aus seinem öligen Schädel sprossen.
Als er sie sah, entfuhr ihm ein schriller Schrei. Er torkelte zurück und verschwand in die Richtung, aus der er gekommen war.
Nick und Tam nahmen die Verfolgung auf. Eine Tür knallte zu. Sie spähten um die Ecke. Eine schwere Doppeltür, in die ein kleines Fenster aus verstärktem Glas eingelassen war, versperrte ihnen den Weg. Sie sprinteten darauf zu. Verschlossen und verriegelt.
Hinter dem Fenster schien nichts zu sein als ein weiterer beschissener endloser Gang. Nick zertrümmerte die Scheibe mit dem Griff seiner Pistole. Ganz am Ende des Korridors hörten sie weinende Kinder.
Nick schlug mit den Fäusten gegen die Tür. »Wir
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