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Spiel ohne Regeln (German Edition)

Spiel ohne Regeln (German Edition)

Titel: Spiel ohne Regeln (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon McKenna
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einer kleinen Düse und gab einen Strahl in das Gesicht der Frau ab.
    Sie sackte seitlich gegen die Wand, ihre Augen rollten nach hinten, dann glitt sie zu Boden. Gut. Wieder einer unschädlich gemacht und bereit für die Untersuchungshaft.
    Nick atmete scharf aus und stieß die Tür auf.
    Auf den ersten Blick dachte er, er stünde einem einzigen unförmigen Organismus mit unzähligen starrenden Augen und unendlich vielen ineinander verschlungenen Gliedmaßen gegenüber. Dann löste sich der Mutant auf in eine Gruppe schmutziger, furchtsam dreinblickender Kinder, die sich eng zusammendrängten. Sie waren stumm vor Angst, bis auf das jüngste, ein kleines Mädchen, das in den Armen eines groß gewachsenen jungen Mannes brüllte wie am Spieß. Er hatte nur Boxershorts an, sein Gesicht war zerschlagen und blutig.
    Der intensive Gestank nach Pisse, Kotze, ungewaschenen Körpern und verdorbenem Essen erschwerte das Atmen. Nick ließ die Waffe sinken.
    »Wir werden euch nicht wehtun«, versicherte er leise auf Ukrainisch.
    Ein schmächtiger, zarter, etwa zehnjähriger Junge versuchte zu sprechen und musste husten. Er versuchte es noch mal. Seine Stimme war heiser und kratzig. »Wo sind Marina und Yuri?«, erkundigte er sich in derselben Sprache.
    »Draußen«, erklang Tams Stimme hinter Nick. »Die Polizei wird sie mitnehmen und bestrafen. Sie können euch nichts mehr tun.«
    Die Kinder tauschten verwirrte Blicke, sie befanden sich in einer Schockstarre. Die erbärmlichen Zustände in dem Zimmer machten Nick sprachlos vor Entsetzen.
    Das Kleinkind strampelte in den Armen des jungen Mannes. Er setzte das Mädchen behutsam ab, woraufhin es auf schmutzigen kurzen Beinen und mit riesigen Augen auf Tam zutapste, die in dem Neonlicht übernatürlich hell erstrahlte.
    »Hübsch«, lispelte die Kleine auf Ukrainisch. »Mama.«
    Tam wich erschrocken zurück. »Oh nein!«, antwortete sie. »Ich bin nicht deine Mama, meine Kleine.«
    Das Mädchen streckte ihr die winzigen Ärmchen entgegen. »Mama? Mama?«
    Tam trat noch einen Schritt zurück. Nick hatte sie, seit er sie kannte, noch nie eingeschüchtert oder auch nur kleinlaut erlebt, aber diese Zweijährige schien ihr eine Höllenangst einzujagen.
    »Nein«, wiederholte sie und wackelte mit dem Zeigefinger. »Ich bin nicht deine Mama.«
    Das kleine Mädchen verzog kummervoll das Gesicht und fing an zu weinen.
    Tam stieß eine Verwünschung in einer schwerfälligen, obskuren Sprache aus, die Nick nicht auf Anhieb identifizieren konnte.
    »Verdammt«, murmelte sie schließlich. »Na, dann komm schon her!« Sie nahm das Kind hoch.
    Nick trat näher und inspizierte die Kinder der Reihe nach. Alle waren halb verhungert und blass, aber sie konnten noch stehen – abgesehen von einem älteren Mädchen, das nur mit seiner Unterwäsche bekleidet an der Wand kauerte und sehr schwach und krank wirkte. Der Rest war kleiner als der etwa zehnjährige Junge.
    »Geht es Sveti gut?«, fragte er.
    »Wir konnten sie gerade noch rechtzeitig retten«, antwortete Nick. »Sie kommt wieder in Ordnung.«
    Der Junge schlug die Hände vor die Augen. Seine Schultern begannen zu beben. Hinter sich hörte Nick Fetzen von Tams Gespräch mit dem kleinen Mädchen. »Lass das! Um Himmels willen, fass das nicht an, es ist mit Schwefelsäure gefüllt!«
    »Hübsch«, quiekte das Kind. »Hübsch.«
    Er musterte die fleckigen Matratzen und die Müllsäcke voll verrottender Essensreste vor den Wänden, die niemand weggeschafft hatte.
    »Heilige Scheiße«, entfuhr es ihm. »Diese abartigen Arschlöcher!«
    Der groß gewachsene junge Mann machte ein paar Schritte auf ihn zu. »He! Sie sprechen Englisch?«
    Überrascht drehte Nick sich zu ihm um. »Sie sind Amerikaner?«
    »Verdammt, ja! Ich und meine Schwester Carrie. Die Kinder hier kommen aus der Ukraine, glaube ich. Und dann war da noch dieses andere Mädchen, Sveti. Sie haben sie vor ein paar Stunden weggebracht. Hören Sie, haben Sie meine Schwester Becca irgendwo gesehen?«
    Nicks Brust erstarrte zu Eis. Die Welt löste sich auf, alles schwankte und drehte sich nur noch um diesen einen Satz, der alles veränderte.
    »Wer bist du?«, fragte Nick schließlich.
    »Josh Cattrell«, sagte der Junge. »Dieser fette Typ, dieser Gangster, ich glaube, dass er meine ältere Schwester Becca irgendwo gefangen hält. Vielleicht ist sie hier? Haben Sie sie irgendwo gesehen?«
    Nick studierte die weit auseinanderstehenden grünen Augen des jungen Mannes. Es waren die gleichen wie

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