Spiel ohne Regeln (German Edition)
Ukrainisch. Ihre stark geschminkten dunklen Augen durchbohrten ihn wie Pfeile auf dem überdimensionierten Videomonitor in Davys und Seths großem, unterirdischem Arbeitsraum, und ihr blutroter Mund bewegte sich hektisch. »Ich will nichts mehr mit dir und deinen idiotischen Plänen, deiner Todessehnsucht, zu tun haben. Sag deinen dämlichen Speichelleckern, dass sie abhauen und mich in Ruhe lassen sollen! Sag ihnen, sie müssen verschwinden! Ich will nicht sterben.«
Nach Tams Anschiss und Beccas wütender Abschiedsrede war Nick dagegen abgehärtet, dass Frauen ihm Beleidigungen entgegenschleuderten. Das kam ihm jetzt zugute, denn Milla war in dieser Hinsicht unschlagbar. Sie war eine Olympionikin in der Disziplin wüster ukrainischer Beschimpfungen und auf Englisch auch nicht viel schlechter.
»Deine größte Überlebenschance besteht jetzt darin, dich mit uns zusammenzutun, Milla«, wiederholte Nick geduldig und mindestens zum zehnten Mal. »Sobald ich Zhoglo im Visier habe, werde ich angreifen und ihn eliminieren, und dann bist du aus der Schusslinie.«
»Ha! Das hast du schon mal behauptet, du Narr, aber es ist dir nicht gelungen. Jetzt lässt du mich schutzlos im Wind baumeln und verlangst noch mehr von mir? Vergiss es!«
»Du wirst aus der Schusslinie sein«, wiederholte er stur. »Und Aleksei wird gerächt werden.«
Dieser Kommentar war riskant. Nick wusste, dass Aleksei, Millas erster Ehemann, vor mehr als zwanzig Jahren auf Vadim Zhoglos Befehl hin abgeschlachtet worden war, jedoch wusste er nicht, ob sie ihn wirklich geliebt hatte. Aleksei war ebenfalls ein Zuhälter und Ludmilla damals eins der Mädchen in seinem Stall gewesen, bevor er sie geheiratet und in die Grundlagen des Geschäfts eingeführt hatte.
An ihren herabgezogenen Mundwinkeln, die sie plötzlich alt erscheinen ließen, erkannte Nick, dass er ihr wirklich etwas bedeutet hatte.
»Seit wann interessiert dich Aleksei?«, giftete sie.
»Tut er nicht«, bekannte Nick vollkommen aufrichtig. »Ich kannte den Mann nicht – aber du. Das ist es, was zählt. Würdest du diesen aufgeblasenen, madenbefallenen Drecksack von Zhoglo nicht gern sterben sehen für das, was er dir angetan hat?«
Ludmillas Mund schien vor unterdrücktem Abscheu zu zittern. »Du bist ein unfähiger Schwanzlutscher. Du benutzt mich wie ein Stück Klopapier, um deine Scheiße wegzuwischen«, zischte sie.
Donnerwetter! Und das von einer Frau, die enorme Profite einstrich, indem sie Frauenkörper an jeden verscherbelte, der Lust hatte, einen zu kaufen.
»Wirst du nachts nicht besser schlafen können, wenn er tot ist?«, versuchte er, sie zu überzeugen. »Jetzt komm, Milla! Schluck die Pille, und zieh die Sache mit uns durch! Lass sie die Wanzen installieren! Sie sind schnell, sie sind Profis. Die Apparaturen werden nicht sichtbar sein und die Signale nur schwach, weil sich die Empfänger auf der anderen Seite der Wand befinden werden. Die Detektoren werden keinen Alarm schlagen. Und meine Leute sind in direkter Nähe, um dich zu beschützen, sollte Zhoglo … «
»Pah! Lüg mich nicht wieder an! Ich bin keine Närrin. Deine Leute interessieren sich einen Dreck für mich«, ereiferte sie sich. »Es würde sie nicht jucken, wenn Zhoglo mich in Stücke hackt und in den Kochtopf steckt. Sie würden zusehen und lachen.«
»Sie werden gleich nebenan sein. Ihr Befehl lautet, dich zu beschützen«, wiederholte er. »Dafür werden sie bezahlt. Du hast mein Wort.«
»Dein Wort. Ha! Darauf spucke ich«, fauchte Ludmilla wie eine Katze und stolzierte aufgebracht von der Kamera weg.
Ein paar stumme Minuten verstrichen, bevor Nick beschloss, das als Einwilligung aufzufassen. Er hatte keine weiteren frustrierten Anrufe von Marcus und Riley erhalten, den beiden Männern, die Davy und Seth geschickt hatten, um Ludmillas Luxusapartment, von wo aus sie ihr Geschäft führte, zu verwanzen.
Er legte seinen pochenden Kopf in die Hände. Am liebsten hätte er es selbst getan, aber sein Gesicht war zu bekannt, als dass er sich in Ludmillas Nähe wagen könnte. Er würde niemals als Handwerker oder Telefontechniker durchgehen. Ihm blieb nichts anderes übrig, als sie aus der Ferne per Videokamera zu überwachen.
Trotzdem gab er sein Bestes, tat alles, was ihm einfiel. Nur wünschte er sich verzweifelt, präziser und klarer denken zu können. Schneller. Er wünschte, er könnte schlafen. Er wünschte, er müsste nicht ständig an Becca denken.
Er konnte ihren Gesichtsausdruck nicht
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