Spiel Satz Tod - Kriminalroman
Zwischenfälle erreichte ich meinen Klassenraum, nahm Kylas Tasche und verließ, unter dem Gewicht ächzend, rasch das Gebäude. Auf dem Hof waren die Schatten inzwischen fast vollständiger Dunkelheit gewichen, was mich bewog, doch die Abkürzung zu nehmen. Aus den Fenstern von Haus A fiel schwaches Licht. Erinnerungen hin oder her, es zu durchqueren schien mir jetzt sicherer, als noch einmal über das ganze Gelände zu laufen. Außerdem musste ich mich beeilen, damit ich Colin nicht verpasste.
Vorsichtig öffnete ich die Tür und hielt sie fest, damit sie nicht hinter mir geräuschvoll ins Schloss fiel. Nach der Dunkelheit des Hofes kam mir die schwache Beleuchtung hier sicher und anheimelnd vor. Es war nicht hell, wie immer brannten nur die Sicherheitslampen. Selbst der Theatersaal schien im Dunkeln zu liegen.
Das war seltsam. Ich verlangsamte meinen Schritt, als mir die Stille bewusst wurde. Keine späte Generalprobe an diesem Abend, obwohl am nächsten Tag die Premiere sein sollte? Ich fragte mich, ob der Direktor oder Eltern Nancy endlich dazu gebracht hatten, den Schülern einen freien Abend zu gewähren. Ehrlich gesagt, kümmerte mich das nicht, zumindest nicht an diesem Abend. Rasch durchschritt ich das Vestibül, bemüht, nicht in Richtung Schülerinnentoilette zu schauen. Aber nichts deutete mehr darauf hin, was dort passiert war. Keine Polizeiabsperrung, keine Wasserpfütze, nicht der geringste Hinweis, dass dort erst vor einem Tag das Leben einer Frau sein Ende gefunden hatte. Ich erschauerte. Ich war schon fast an der Tür, die zum Parkplatz führt, als ein Schrei aus dem Theatersaal die Stille zerriss.
20. KAPITEL
PATT AUF DER BÜHNE
Ich fuhr zusammen, als hätte ich einen Schlag erhalten. Wie erstarrt stand ich da. Dann der gleiche Schrei noch einmal, gefolgt von einem gequälten Stöhnen. Mir schlug das Herz bis zum Hals. Ich lauschte angestrengt, hörte aber nichts weiter.
Eine Szene aus dem Stück, sagte ich mir. Offenbar probten sie doch noch. Ich befahl mir weiterzugehen, redete mir ein, es sei alles in Ordnung und ich brauchte mir keine Sorgen zu machen. Ich musste fort aus diesem Haus, den Bus zurückbringen und so schnell wie möglich nach Hause fahren, um noch duschen zu können, bevor Colin kam. Aber das brachte ich nicht fertig, das wusste ich. Nicht ohne festzustellen, was hier vor sich ging. Was, wenn jemand gestern Geräusche aus der Toilette gehört und sie ignoriert hatte, weil er glaubte, dort alberten ein paar Schülerinnen herum? Ich wollte nur rasch meinen Kopf in den Theatersaal stecken und mich versichern, dass alles in Ordnung war. 911 anzurufen schien mir noch zu früh. Wie würde ich dastehen, wenn hier eine Polizeistreife anrückte und es war nur eine dramatische Szene aus dem Stück gewesen?
Auf Zehenspitzen schlängelte ich mich durch die Tür und schaute um die Ecke. Im Zuschauerraum war es fast ganz dunkel, nur zwei schwache Scheinwerfer warfen ihr Licht auf den geschlossenen roten Vorhang und zauberten ein goldenes Glühen auf die schweren Falten. Ich zögerte. Es war nicht üblich, den Vorhang während der Proben zu schließen. Außerdem bewegte er sich ein wenig, als sei dahinteretwas im Gange. Leises Getrappel von Füßen klang deutlich bis in den leeren Saal. Geräuschlos schlich ich nach vorn, bis ich fast vor der Bühne stand. Das Trappeln hatte immer noch nicht aufgehört.
Ich atmete tief durch. »Hallo? Ist da jemand?«, rief ich, was sich als ziemlich dumm erweisen sollte.
Wie dumm, zeigte sich in Windeseile. Jemand fluchte leise, und dann schwang der schwere Vorhang, von einem surrenden Motor getrieben, auseinander und enthüllte die üppige Ausstattung von Moulin Rouge . Die großen beweglichen Podien waren jetzt mit glänzender Seide in Türkis, Violett, Himmelblau und Lavendel bezogen. Die Edelsteine an dem Elefanten blitzten und strahlten im Scheinwerferlicht, und von oben hing eine pinkfarbene Federboa von einem ebenfalls reichgeschmückten Trapez herab. Ein Bühnenbild, das einem ins Auge sprang. Aber der pompöse Kitsch interessierte mich kaum. Ich starrte mit angehaltenem Atem auf die Gestalt von Roland Wilding und auf das Messer, das er McKenzie Mills an die Kehle hielt.
Er wirkte wie von Sinnen, sein goldblondes Haar war zerwühlt, der Blick fuhr hin und her, und sein Gesicht war von Wut verzerrt. Ich sah zu McKenzie. Tränen liefen ihr übers Gesicht, aber sie schien unverletzt. Hinter dem Paar lag Nancy Wales’ Gestalt bewegungslos am
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