Spiel Satz Tod - Kriminalroman
…«
Er fiel mir ins Wort. »Wir können auch hier draußen reden.«
Ich fasste ihn scharf ins Auge. Einen Raum nicht betreten zu wollen, wo jemand gestorben war, musste nicht unbedingt von mehr zeugen als einer gewissen Zimperlichkeit oder gar Aberglauben. Dafür waren große Männer genauso empfänglich wie andere Menschen. Es konnte aber auch auf ein schlechtes Gewissen hindeuten. Die Frage war nur, ob es davon kam, dass er den Toten so rücksichtslos behandelt und bedroht hatte. Oder steckte mehr dahinter?
Ich führte ihn zu einer verwitterten Holzbank auf demStreifen vertrockneten Rasens, der die Tennisplätze umgab und an dieser Stelle im Schatten des Containers lag. Ganz in der Nähe markierte ein Erdhügel die Heimstatt von Feuerameisen, in Texas überall im Freien eine Plage. Aus dieser Entfernung und bei der Hitze wirkte der Hügel völlig leblos. Aber ohne Zweifel saßen Tausende Insekten darin bereit, jederzeit auszuschwärmen und ihr unglückliches Opfer mit brennenden, juckenden Blasen zu überziehen. Ich nahm mir vor, Larry auf jeden Fall darauf anzusprechen.
Schwitzend setzte ich mich auf die Seite der Bank, die dem Ameisenhaufen am nächsten lag, und wollte die andere Gary Richards überlassen. Da hatte ich mich aber verrechnet. Der riesige Kerl baute sich direkt vor mir auf, nutzte seine Größe und Körpermasse, um über mir zu schweben wie ein Bussard über einer verlockenden Beute. Ich lehnte meinen Rücken gegen die Wand des Containers, streckte die Beine aus und schlug sie übereinander, als sei ich völlig entspannt. Ich genoss es sogar, dass ich schon wieder Wut in seinem Blick aufsteigen sah. Eric auf Platz 6 stand wie angewurzelt und schaute zu uns herüber, gespannt wie eine Bogensehne.
»Eric macht sich in der Mannschaft sehr gut«, sagte ich. »Er zeigt echte Führungsqualitäten, von seinen spielerischen Leistungen gar nicht zu sprechen, die, wie Sie sicher wissen, ausgezeichnet sind.«
Der Bulle schnaufte. »Ich gebe einen Scheiß auf seine Führungsqualitäten. Er ist nicht hier, um zu führen, schon gar nicht so einen Haufen Anfänger und Stümper.« Mit ausladender Geste wies er auf mein Team. »Er ist hier, um sein eigenes Tennisspiel zu verbessern, ein Stipendium zu kriegen und einmal für ein College zu spielen.«
Darüber musste ich erst einmal nachdenken. Dabei verschob ich meine ausgestreckten Beine ein wenig, so dass Mr. Richards entweder zurücktreten und seine drohende Pose aufgeben oder sich etwas mehr nach links in Richtung des Ameisenhügels bewegen musste. Er entschied sich für Letzteres.
»Wenn das Erics Ziel ist« – den Namen des Jungen betonte ich ausdrücklich –, »dann wäre ihm mit privaten Tennisstunden und dem Ziel, in die National Junior Tennis League zu gelangen, besser gedient.«
»Sie geben also zu, dass Ihr Programm nicht ausreicht.« Er schaute mich triumphierend an, als hätte er gegen mich gepunktet. Wieder fragte ich mich, was er wohl beruflich trieb. Er führte sich in der Tat auf wie ein Anwalt. Ich musste es wissen, denn ich war schließlich eine kurze, schmerzhafte Zeit mit einem verheiratet gewesen. Aber vielleicht war er in diesem Metier auf besonders aggressive Aktionen spezialisiert, zum Beispiel auf feindliche Übernahmen.
Ich beugte mich nach links, als wollte ich an ihm vorbeischauen. Prompt rückte er noch ein wenig nach dieser Seite, um mir die Sicht zu nehmen.
Ich tat, als bemerke ich das nicht, und gab zurück: »Überhaupt nicht. Dieses Programm ist eines der besten im ganzen Staate Texas. Es soll Schülern die Gelegenheit geben, eine Sportart zu erlernen, die ihnen ihr Leben lang körperliche Aktivität und auch Spaß bieten kann. Außerdem können sie dabei Eigenschaften wie Teamfähigkeit und Führungsqualitäten erwerben. Ein Trainingslager für künftige Profis sind wir allerdings nicht.«
»Große Worte für eine, die überhaupt nicht weiß, wovon sie redet.«
Ich rückte noch ein wenig weiter auf meiner Bank. Wieder trat er etwas mehr nach links, statt mir endlich von derPelle zu gehen. Bei einem kurzen Blick nach unten entdeckte ich eine erste unternehmungslustige Feuerameise, die die blankgeputzte Spitze seines Schuhs erklomm. Rasch schaute ich wieder nach oben.
»Worauf stützen Sie diese Behauptung, Mr. Richards?«, fragte ich, so freundlich ich konnte, als wollte ich es wirklich wissen.
Darauf fiel ihm offenbar keine plausible Antwort ein. Ich nahm an, er war es gewohnt, sein Gegenüber mit derartig
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