Spiel Satz Tod - Kriminalroman
Erinnerungen hätten mich eigentlich tief verstören müssen, tatsächlich aber hatten sie für mich etwas Beruhigendes.
Roland folgte mir in den Raum und stand nun verlegenneben dem Schreibtisch, als wäre er noch nie hier gewesen, was sogar zutreffen konnte.
»Ich muss mit Ihnen reden«, sagte er.
Ich fiel ihm ins Wort. »Warten Sie bitte einen Augenblick. Ich muss mich erst um die Mannschaft kümmern.«
Ich lief hinaus, holte die Mannschaft zusammen und verteilte sie für das Training auf die verschiedenen Plätze. »Wechselt bitte alle zehn Minuten den Platz«, ordnete ich an. »Brittany, Sie achten bitte darauf, wenn die Zeit abgelaufen ist.«
Ich kehrte zu Roland zurück, der wieder draußen stand. Dabei überlegte ich, ob ich mich mit ihm in den Schatten stellen sollte, was angenehmer war, oder ob ich in der Sonne bleiben sollte, wodurch sich das Gespräch vielleicht verkürzte. Ich wählte die Sonne.
»Was kann ich für Sie tun?«, fragte ich, bemüht, hilfreich, freundlich und nicht misstrauisch zu klingen.
Er setzte ein strahlendes Lächeln auf und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Ich wollte mit Ihnen über die Film-Arrangements sprechen.« Er wies in Richtung des riesigen Lastzuges auf dem Parkplatz.
Ich folgte seinem Blick. Soweit ich sah, machte die Filmcrew gerade eine Pause. Mehrere Techniker saßen rauchend unter einem Baum, aber die meisten hatten sich in den klimatisierten Lastzug zurückgezogen. Die Typen aus Kalifornien konnten unserem texanischen Sommer nichts abgewinnen.
Dieses Thema hatte ich überhaupt nicht erwartet. »Reden Sie von dem Film, der da drüben gedreht wird?«, fragte ich.
»Genau. Von dem Film, über den ich gestern mit Michael Dupré gesprochen habe.« Ich hörte sofort, wie respektvoll er den Namen aussprach. »Michael Dupré. Er sagte mir, dasser bereits alle Schauspieler hat, die er braucht. Und dass er mit Ihnen einen Auftritt des Tennisteams in seinem Film vereinbart hat.«
Das hatte ich nicht gerade vergessen, aber mich bewegten im Moment ganz andere Dinge. »Ach, ja. Toll, was? Das müsste meinen Spielern eigentlich Spaß machen.«
»Eigentlich?« Er kniff die Lippen zusammen wie eine übellaunige alte Jungfer, die in eine Zitrone gebissen hat.
»Bestimmt«, korrigierte ich. »Das macht ihnen bestimmt Spaß. Ich habe die Zustimmungserklärungen schon ausgeteilt. Am besten, ich sammle sie nachher gleich ein und bringe sie zum Set.« Ich kritzelte etwas auf mein Clipboard.
»Wissen Sie überhaupt, wer Michael Dupré ist?«, fragte Roland jetzt.
Ich hatte im Internet nachschauen wollen, es aber vergessen. »Natürlich«, bluffte ich. »Er ist ein Regisseur, sehr im Kommen.«
»Und ein Autor. Nennen Sie mir einen Film von ihm.«
»Ach, Sie wissen schon, der mit den berühmten Stars. Der Titel fällt mir gerade nicht ein.«
Eines seiner blauen Augen zuckte, und er rieb sich die Schläfe. »Bestimmt haben Sie von Midnight Moves gehört.« Jetzt wurde mir das Bluffen zu anstrengend. »Ehrlich gesagt, nein.«
»Der hat auf dem Sundance-Filmfestival den Großen Preis für Spielfilme gewonnen«, erklärte er, um meinem Gedächtnis nachzuhelfen.
»Ich bin beeindruckt.«
»Und in Cannes den Preis für das beste Drehbuch.« Jetzt flehte er fast.
»Bei mir klingelt immer noch nichts, Roland. Ich bin sicher, es ist ein wunderbarer Film.«
»Michael Dupré ist ein Genie, der berühmteste junge Regisseur dieses Jahrzehnts.«
»Den Film, den Sie gerade genannt haben, leihe ich mir beim nächsten Mal bestimmt aus. Danke für den Tipp. War es das, was Sie wollten?«
»Nein!«, rief er fast. Dann, in ruhigerem Ton: »Nein. Ich wollte mit Ihnen über die Rollen reden, die Ihre Tennisspieler in dem Film übernehmen sollen.«
»Was ist damit?«
»Meinen Sie nicht, es wäre besser, wenn Schüler der Theatergruppe sie spielen? Solche, die daran wirklich Interesse haben?«
Ich überlegte einen Augenblick. Da war natürlich etwas dran. Die Wahl wäre sicher auf Mitglieder des Schultheaters gefallen, wenn es ein echtes Casting gegeben hätte. Aber Mitwirkende in einem Film mussten nicht unbedingt talentierte Schauspieler sein. Und einmal in einem Film mitzuspielen macht schließlich jedem Spaß.
»Meine Schüler möchten das gern und sind schon ganz aufgeregt.«
»Ich bin sicher, jeder würde es verstehen, wenn Sie diese Rollen dem Schultheater überlassen.«
»Also, der Einzige, der das ›verstehen‹ würde, wären Sie, Roland. Wir sagen auf keinen Fall ab.
Weitere Kostenlose Bücher